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Cevdet und seine Soehne

Cevdet und seine Soehne

Titel: Cevdet und seine Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orhan Pamuk
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nicht gratuliert! Ja, ich komme zu spät! Ich ziehe mich
wenigstens schon mal um!«
    »Aber Papa, wenn du dich dann
vollkleckerst beim Essen?« sagte Nazli. »Zieh den Frack lieber nachher an!«
    »Was ist denn heute los mit euch?«
protestierte Muhtar. »Tu dies nicht, tu das nicht … Jetzt läute ich erst
recht beim Nachbarn!« Er musste lachen.
    Refet stimmte in sein Lachen sein.
»Ach lass doch, Muhtar! Wir leben nicht mehr zu Sultans Zeiten! Soll der Mann
doch anziehen, was er will! Wir sind frei heute!«
    Nun lachte auch Nazli mit, und
selbst die Katze setzte sich auf die Hinterbeine.
    »Ich werfe mich jetzt in Frack und
Zylinder, und dann sollt ihr mich mal sehen! Und unser Reformer wird erst Augen
machen! Wir sind immer noch auf Zack, oder?«
    Von dem Radau angelockt, war auch
das Dienstmädchen herbeigeeilt und schloss sich der allgemeinen Heiterkeit an,
einfach im Vertrauen darauf, dass sie schon noch begreifen werde. Allein beim
Anblick der leeren Weinflasche auf dem Tisch ging ein kurzes Zucken über ihr
Gesicht.
    Refet fasste Muhtar unter dem Arm.
»Na komm schon, jetzt bringst du mir mal bei, wie man einen Frack anzieht!«
Nicht einmal er selbst schien diesen Scherz lustig zu finden.
    Beim Hinausgehen lachte Muhtar laut
auf. Da fiel ihm etwas ein und er kehrte noch einmal um. Als hätte er auf
seinem Anzug einen Fleck entdeckt, sah er mit gerunzelter Stirn Ömer an. Dann
ging er hinaus.
    Das Dienstmädchen sah den beiden
Herren hinterher und sagte dann zu Nazli und Ömer: »Heute ist er aber
beschwingt, der gnädige Herr!«
    »Ja«, erwiderte Nazli.
    »Wenn das mal nur so bleibt!« Sie
trollte sich in die Küche.
    Ömer und Nazli blieben allein zurück.
Ömer spürte Nazlıs Blicke auf sich. Er stand auf, zündete sich eine
Zigarette an, stellte das Radio ab und setzte sich dann wieder in seinen
Sessel. Er wünschte sich weg aus dieser ganzen Heim- und Herd- und
Feiertagsatmosphäre, aber was sollte er tun? »Nun gut, ich bin ‘reich und sitze
mit meiner Verlobten zusammen!« dachte er. »Ich lebe. Und ich werde noch vieles
sehen und erleben.«
    »Wie findest du meinen Vater heute?«
brach Nazli das Schweigen.
    »Ganz in Ordnung«, sagte Ömer. Er fühlte sich bemüßigt,
spezifischer zu werden. »Nur ziemlich ungeduldig!« Auch das klang banal.
    »Tja …«
    Wieder schwiegen sie. Ömer gingen
die ewig gleichen Dinge durch den Kopf. Aber das war doch alles Unsinn!
    »Wo bleibt denn Refık?« fragte
Nazli.
    »Der kommt schon noch!« brummte
Ömer.
    Nazli zupfte nervös an ihrem Kleid
herum. »Warum sagst du denn gar nichts heute?«
    Ömer verfolgte gereizt das Zupfen
und fragte: »Was ist los mit dir? Was willst du?«
    »Gar nichts ist los! Und ich will
auch nichts!« erwiderte Nazli. Sie sah Ömer merkwürdig an.
    Erst irritierte Ömer dieser Blick,
aber dann wurde er dadurch an traute Momente erinnert und wollte Nazli seine
Zuneigung bezeigen. Er sah zur Seite, zog heftig an seiner Zigarette, fühlte
noch immer Nazlıs Blick auf sich ruhen. Als wollte er etwas loswerden,
sagte er dann hastig: »Du weißt doch, dass ich dich liebe!«
    Danach sah er wieder auf einen
bestimmten Punkt, als ob da etwas ganz Wichtiges wäre, und als er merkte, dass
er das Venedigbild anstarrte, musste er so tun, als ob ihn daran etwas ganz
besonders interessierte. So betrachtete er das Bild, als sehe er es zum
erstenmal. Dann glitt sein Blick auf die Glut seiner Zigarette, und irgendwann
merkte er, dass Nazli etwas zu ihm sagte.
    »Ich will mit dir reden!«
    »Gut, dann reden wir!« entgegnete
Ömer.
    »Ich muss dich nämlich so einiges
fragen!«
    »Na, dann frag doch!« sagte Ömer. Er
schielte zu Nazli hinüber, dann glitt sein Blick wieder zu der
Zigarettenspitze.
    »Du bist so unruhig in letzter
Zeit!« sagte Nazli.
    »Das ist aber keine Frage.«
    »Warum bist du so?«
    »Ich bin nicht unruhig«, erwiderte
Ömer. Und spürte dabei, dass er es war.
    »Sag mir jetzt, was los ist!«
    »Nicht ist los! Nichts!« rief Ömer
und sprang auf. »Wie kommst du denn auf so was?« Er wusste selber nicht, wie
ihm geschah. Am liebsten hätte er sich wieder hingesetzt, aber das ging jetzt
auch nicht.
    »Ich weiß nicht! Aber ich will dich
ganz offen etwas fragen!«
    Ömer fürchtete, sie würde das
weinend tun, und flüchtete sich ans andere Ende des Zimmers. Er besah sich den
Turbanständer auf dem Buffet und drückte seine Zigarette aus.
    »Ich habe nachgedacht und möchte
dich folgendes fragen«, sagte Nazli, die nun aufstand und

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