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Cevdet und seine Soehne

Cevdet und seine Soehne

Titel: Cevdet und seine Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orhan Pamuk
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er mal so war wie du, hat
ihn das nicht davon abgehalten, ein erfolgreicher Anwalt zu werden. Also, wer
ist das Mädchen?«
    »Jetzt lass doch den Unsinn!«
    »Schön. Und worüber reden wir dann? Na
ja, ich gehe sowieso gleich.«
    Ahmet merkte, dass sie nun doch
eingeschnappt war, und sagte: »Setz dich doch wieder, du hast nicht einmal
fertiggeraucht!«
    »Und wenn ich fertig bin, kann ich
gehen, das meinst du doch, oder? Jetzt sei mir nicht böse, aber deine Angst vor
dem Zeitvertrödeln nimmt schon beängstigende Formen an. Entspann dich doch mal, geh raus aus deiner Bude! Hast
du denn keine Künstlerfreunde? Sind die etwa alle so wie du? Glaube ich nämlich
nicht. Man muss auch mal ausspannen. Ferit weiß, was er an seinem Urlaub hat.
Er sagt, was ich in elf Monaten schaffe, würde ich in zwölf Monaten eben nicht
schaffen. Verstehst du? Du weißt ja gar nicht, wie andere Menschen sich
amüsieren. Neulich waren wir in einem Restaurant mit deinem Klassenkameraden
Tuncer zusammen, vom Galatasaray-Gymnasium. Der –«
    »Was macht er denn, der
Einfaltspinsel?«
    »Warum sagst du das? Das ist ein
guter Kerl. Und er ist Anwalt und hat eine sehr nette Frau. Ferit sagt, der hat
eine große Zukunft vor sich!«
    »Was geht mich das an?«
    »Mein Gott, wir unterhalten uns doch
bloß!« Melek setzte eine betrübte Miene auf. »Was ist denn los mit dir, Ahmet?
Du gefällst mir gar nicht. Du solltest dich ausruhen. Komm doch mal zu uns, zum
Essen! Ferit würde sich wirklich freuen. Oder wir gehen ins Restaurant! Wenn du
uns dann nicht für Kapitalisten hältst!«
    »Ich denke nicht in so
Modekategorien.«
    »Bravo, bravo, bravo!« sagte Melek
in spöttischem Singsang. »Was habe ich bloß für ein intelligentes Brüderchen!
Ich bin stolz auf den Jungen!«
    Ahmet dachte nur noch: »Wann komme
ich endlich wieder zum Arbeiten?«
    »Also abgemacht! Wir gehen zusammen
ins Restaurant! In welches willst du denn?«
    »Ins Abdullah!« sagte Ahmet. Dorthin
hatten seine Schwester und sein Schwager ihn vor zwei Jahren schon ausgeführt.
Zwei Tische weiter hatte damals Celal Bayar gesessen, so dass Ahmet vor lauter
Glotzen kaum zum Essen gekommen war.
    »Das Abdullah scheint es dir angetan
zu haben!«
    »Na, wenn zwei Tische neben dir ein
ehemaliger Staatspräsident sitzt und mit den dritten Zähnen klappert, das ist
schon amüsant! Und was er in sich reingestopft hat! Wenn es einem so schmeckt,
dann wird er hundert, wenn nicht gar zweihundert!«
    Zuerst schmunzelte Melek, aber dann
sah sie wieder bekümmert drein. »Du hast so einen Groll in dir! Wo kommt der
bloß her? Du warst doch früher nicht so! Als Kind warst du so was von fröhlich
und lieb! Alle waren ganz begeistert von dir. Was haben wir uns mit dir
amüsiert!«
    »Gehst du manchmal zu Mama?«
    »Vor drei Tagen war ich mal dort, am
Nachmittag. Abends gehe ich nicht hin, damit ich den Kerl nicht sehen muss!«
    »Warum das? Der ist doch auch
Anwalt!« sagte Ahmet lachend. »Und ein berühmter noch dazu! Rechtsanwalt Cenap
Sorar! Wenn ich den Namen sage, habe ich das Gefühl, ich würde aus der Zeitung
vorlesen oder aus dem Zivilgesetzbuch!«
    »Habe ich dir’s schon erzählt? Der
bohrt in der Nase! Kannst du mir sagen, warum Mama sich von Papa getrennt hat?
Um den da zu heiraten?«
    »Sie hatte schon recht …«
    »Ja, du bist auf Perihans Seite und
ich auf der Refıks!« Es schien ihr ein seltsames Vergnügen zu bereiten,
bei der Erwähnung ihrer Eltern manchmal deren Vornamen zu benutzen.
    »Was gibt es denn von Mama zu
berichten?«
    »Sie klagt über ihr Rheuma.«
    »Und was macht sie so den ganzen
Tag?«
    »Was sie so macht?« Melek musste
nachdenken. Lächelnd sagte sie dann: »Sie hat ein paar Freundinnen, und sie geht
ins Kino.« Sie gähnte. »So, meine Zigarette habe ich fertiggeraucht, dann kann
ich auch gehen. Wir haben Besuch heute abend. Sollte es Oma schlechtergehen,
dann ruft mich doch bitte an!« Sie ging zur Tür.
    Da fiel Ahmet etwas ein. »Kannst du
dich an Onkel Ziya erinnern? Den Cousin von Papa?«
    »Ich habe ihn mal gesehen, glaube
ich.«
    »Der war gestern da. Ich habe mit
ihm geredet.«
    »Wie ist der überhaupt die lange
Treppe heraufgekommen?«
    »Von wegen, der strotzt vor
Gesundheit!« Ahmet wollte mit seinem Wissen nicht hinter dem Berg halten,
fürchtete aber, als Schwarzseher zu gelten. »Der hat interessante Sachen
gesagt. Sein Vater Nusret, also Papas Onkel, soll Revolutionär gewesen sein!«
    »So was gab’s damals?«
    Ahmet dachte: »Nein,

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