Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
jeden Fall habe ich etwas gespürt … Mitternacht, gegen Mitternacht, habt Ihr gesagt?« Niemand hatte hier so etwas gesagt. »Ich verspürte plötzlich eine Erleichterung, als wüsste etwas in mir, dass meine Gebete erhört wurden. Aber das hätte ich niemals erwartet. Ich habe zu der Herrin um meinen Tod gebetet …« Sie hielt kurz inne und berührte ihre breite, blasse Stirn mit der Hand. »Oder was immer Sie für angebracht hielt.« Ihre Worte kamen zögernder. »Cazaril … habe ich … könnte ich das getan haben? Hat die Göttin mir auf diese Weise geantwortet?«
    »Ich … ich wüsste nicht wie, Hoheit. Ihr habt zur Frühlingsherrin gebetet, nicht wahr?«
    »Ja, und auch zur Sommermutter. Aber meist zum Frühling.«
    »Die Hohen Damen gewähren die Wunder des Lebens und der Heilung. Nicht den Tod.« Normalerweise. Und alle Wunder waren selten und unberechenbar. Götter. Wer kannte die Grenzen ihrer Macht, wer ihre Ziele?
    »Es fühlte sich nicht nach Tod an«, gestand Iselle. »Und doch war ich erleichtert. Ich habe ein wenig gegessen und konnte es bei mir behalten, und ich habe eine Zeit lang geschlafen.«
    Nan dy Vrit nickte zustimmend. »Und darüber war ich froh, Herrin.«
    Cazaril atmete tief durch. »Nun, dy Jironal wird dieses Rätsel für uns lösen, da bin ich sicher. Er wird eine jede Person ausfindig machen, die in der letzten Nacht in Cardegoss verstorben ist – in ganz Chalion, würde ich sogar sagen –, bis er herausgefunden hat, wer für den Tod seines Bruders verantwortlich ist.«
    »Gesegnet sei die arme Seele, die seine verruchten Pläne derart durcheinander gebracht hat.« In förmlicher Geste berührte Iselle mit gespreizten Fingern ihre Stirn, Lippen, Nabel, Leiste und Herz. »Und das zu einem solchen Preis! Mögen die Dämonen des Bastards ihm jede Gnade gewähren, die sie aufbringen können.«
    »Amen«, sagte Cazaril. »Lasst uns hoffen, dass dy Jironal keine engen Vertrauten oder eine Familie findet, an denen er Rache nehmen kann.« Er schlug die Arme um den Leib, in dem wieder Krämpfe wüteten.
    Betriz trat auf ihn zu und schaute ihm ins Gesicht. Sie streckte die Hand aus, ließ sie dann aber zögernd fallen. »Lord Caz, Ihr seht grauenhaft aus. Eure Haut hat die Farbe von kaltem Haferbrei.«
    »Ich … krank. Muss was Falsches gegessen haben.« Er atmete ein. »Also bereiten wir uns heute nicht auf eine traurige Hochzeit vor, sondern auf eine fröhliche Beerdigung. Ich hoffe, ihr Damen werdet in der Öffentlichkeit euer Entzücken verborgen halten?«
    Nan dy Vrit schnaubte. Iselle bedeutete ihr, still zu sein, und stellte entschieden fest: »Feierliche Frömmigkeit, das verspreche ich Euch. Und wenn ich Dankbarkeit in meinem Herzen trage, und keine Trauer, sollen es nur die Götter erfahren.«
    Cazaril nickte und rieb sich den schmerzenden Nacken. »Für gewöhnlich wird das Opfer eines Todeszaubers noch vor Anbruch der Dunkelheit bestattet. Dies geschieht, wie die Geistlichen sagen, damit unheimlichen Geschöpfen der Eintritt verwehrt bleibt, die den Leichnam vielleicht heimsuchen möchten. Offensichtlich zieht ein derartiger Tod diese Wesen an. Das wird eine sehr überhastete Trauerfeier für einen derart hohen Adligen. Alle Teilnehmer müssen sich noch vor der Dämmerung versammeln.« Iselles unruhige Aura bereitete ihm beinahe Übelkeit. Er schluckte und blickte in eine andere Richtung.
    »Also, Cazaril«, warf Betriz ein. »Dann legt Euch bis dahin um Himmels willen hin. Wir sind in Sicherheit. Ihr müsst nichts mehr tun.« Sie ergriff seine kalten Hände, umklammerte sie und lächelte besorgt. Cazaril erwiderte das Lächeln matt und zog sich zurück.
    Er kroch wieder ins Bett. Dort lag er vielleicht eine Stunde lang, verwirrt und immer noch zitternd, bis die Tür aufschwang, Betriz auf Zehenspitzen hereinschlich und auf ihn hinunterblickte. Sie legte eine Hand auf seine feuchtkalte Stirn.
    »Ich hatte schon Angst, Ihr hättet Euch ein Fieber zugezogen«, sagte sie. »Aber Ihr seid unterkühlt!«
    »Ich war, äh … unterkühlt, ja. Ich muss im Schlaf meine Decken heruntergeworfen haben.«
    Sie berührte ihn an der Schulter. »Eure Kleidung ist ganz klamm.« Sie kniff die Augen zusammen. »Wann habt Ihr das letzte Mal etwas gegessen?«
    Er erinnerte sich nicht. »Gestern früh. Glaube ich.«
    »Verstehe.« Sie blickte ihn noch eine Weile missbilligend an; dann wirbelte sie herum und ging aus dem Zimmer.
    Zehn Minuten später kam ein Dienstmädchen herein und brachte eine

Weitere Kostenlose Bücher