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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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verraten?«
    »Wir lehnen uns gegen Wundbrand auf, indem wir notfalls amputieren. Wir lehnen uns gegen einen entzündeten Kiefer auf, indem wir den schlechten Zahn ziehen. Und wir lehnen uns gegen Fieber auf, indem wir Hitze und Kälte nutzen und uns schonen. Für jede Heilmethode muss es ein erstes Mal gegeben haben.« Rojeras verstummte. Nach einer Weile fuhr er fort: »Es ist offensichtlich, dass die Prinzessin Euch viel Zuneigung und Wertschätzung entgegenbringt.«
    Cazaril wusste nicht recht, was er darauf erwidern sollte, also antwortete er nur: »Ich diene ihr seit dem letzten Frühjahr, in Valenda. Früher diente ich im Haushalt ihrer Großmutter.«
    »Sie neigt nicht zu hysterischen Anfällen, oder? Bei hochgeborenen Damen ist das mitunter so …« Rojeras zuckte leicht die Achseln, für den Fall, dass er etwas Unhöfliches sagte.
    »Nein«, musste Cazaril einräumen. »Niemand aus ihrem Haushalt. Eher ist das Gegenteil der Fall.« Dann fügte er hinzu: »Aber gewiss müsst Ihr es den Damen nicht schon sagen und ihnen jetzt schon Sorgen bereiten.«
    »Leider geht es nicht anders«, erklärte der Arzt in sanftem Tonfall. »Wie kann die Prinzessin richtige Entscheidungen treffen, wenn sie nicht richtig Bescheid weiß?«
    Das war ein überzeugender Einwand. Cazaril dachte verlegen darüber nach, während er dem Heilkundigen zurück nach oben folgte.
    Beim Klang ihrer näher kommenden Schritte schaute Betriz auf den Flur hinaus. »Wird er wieder gesund?«, wollte sie von Rojeras wissen.
    Der hob die Hand. »Einen Augenblick bitte, Herrin.«
    Sie begaben sich in den Aufenthaltsraum der Prinzessin, wo Iselle auf sie wartete. Kerzengerade saß sie auf ihrem mit Schnitzereien verzierten Stuhl und hielt die Hände angespannt im Schoß. Sie nahm Rojeras Verneigung mit einem Nicken entgegen. Cazaril wollte nicht zusehen, wollte aber wissen, was gesagt wurde. So ließ er sich in den Stuhl sinken, den Betriz besorgt für ihn heranschaffte. Rojeras blieb in der Gegenwart der Prinzessin stehen.
    »Herrin«, teilte er Iselle mit und verbeugte sich erneut, wie zur Entschuldigung für seine Direktheit. »Euer Schreiber wird von einem Geschwulst in den Eingeweiden geplagt.«
    Iselle starrte ihn entsetzt an. Betriz’ Gesicht wurde weiß. Iselle schluckte und sagte: »Er … er wird doch nicht sterben, oder?« Sie sah Cazaril besorgt an.
    Angesichts dieser Reaktion verließ Rojeras die von ihm angekündigte Freimütigkeit, und er flüchtete sich kurz in höfliches Drumherumgerede: »Jeder Mensch stirbt, auf die eine oder andere Weise. Ich kann nicht vorhersagen, wie lange Lord Cazaril noch zu leben hat.« Mit einem Seitenblick wurde er auf Cazarils drängenden, bittenden Blick fügte er hinzu: »Es be steht kein Anlass, ihn von seinen Aufgaben als Schreiber zu entbinden, solange er sich dem gewachsen fühlt. Allerdings solltet Ihr nicht zulassen, dass er sich übernimmt. Mit Eurer Erlaubnis würde ich gern wöchentlich vorbeikommen und ihn weiterhin untersuchen.«
    »Selbstverständlich«, sagte Iselle schwach.
    Nachdem er noch einige weitere Anmerkungen zu Cazarils Ernährung und anderen Obliegenheiten gemacht hatte, verabschiedete Rojeras sich höflich.
    Tränen standen in Betriz’ samtbraunen Augen, und erstickt stieß sie hervor: »Ich hätte nicht gedacht, dass es so … habt Ihr das erwartet, als … Cazaril, ich will nicht, dass Ihr sterbt!«
    Trübselig erwiderte Cazaril: »Das will ich auch nicht. Damit sind wir schon mal zwei.«
    »Drei«, warf Iselle ein. »Cazaril, was können wir für Euch tun?«
    Nichts, wollte Cazaril entgegen, nutzte dann aber die Gelegenheit und ordnete rasch und bestimmt an: »Vor allem eines: nicht mit jedem Schwätzer im Schloss darüber reden! Es ist mein dringender Wunsch, dass diese Information vertraulich bleibt, solange es möglich ist.« Zum einen mochte die Neuigkeit, dass Cazaril im Sterben lag, dy Jironal auf neue Ideen bringen, was den Tod seines Bruders anging. Der Kanzler musste jeden Augenblick nach Cardegoss zurückkommen, und womöglich war er frustriert genug, um das Problem mit der fehlenden Leiche noch einmal zu überdenken.
    Iselle billigte Cazarils Wunsch mit einem zögernden Nicken, und Cazaril durfte sich in sein Vorzimmer zurückziehen. Dort schaffte er es allerdings nicht, sich auf seine Buchführung zu konzentrieren. Nachdem Lady Betriz zum dritten Mal herangeschlichen war und sich erkundigt hatte, ob er noch irgendetwas bräuchte – einmal auf Anregung der

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