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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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ballte sie zur Faust und hämmerte sie mit einem genau gezielten, harten Schlag in den Leib des Burschen. Der Hieb trieb erneut die Luft aus dy Joals Lungen, und seine Knie zuckten nach oben. Erst dann trat Cazaril zurück und ließ ihn los.
    Dy Joal stürzte zu Boden und krümmte sich, keuchend, würgend und schluchzend. Er versuchte nicht einmal, aufzustehen. Dann übergab er sich.
    Cazaril schritt über das Durcheinander von Essen und Wein und Galle auf Urrac zu, der bis zur gegenüberliegenden Wand zurücktaumelte. Cazaril ging so nah an ihn heran, bis er seinen Atem spürte, und wiederholte leise: »Ich duelliere mich nicht. Komm mir noch mal in die Quere, und du stirbst.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt. Der leichenblasse dy Maroc wankte durch sein Gesichtsfeld und fauchte: »Cazaril, seid Ihr verrückt geworden?«
    »Stellt mich auf die Probe.« Cazaril grinste ihn wild an, und dy Maroc wich zurück.
    Cazaril schritt den Gang entlang, vorüber an einigen Leuten, die er nur noch verschwommen wahrnahm. Immer noch spritzten Blutstropfen von seinen Fingern, während er die Arme schwang und hinaustrat in die frostige Nachtluft. Dann fiel die Tür zu und schnitt das anschwellende Stimmengewirr ab.
    Er rannte über die eisverkrusteten Pflastersteine des Hofes auf das Hauptgebäude zu, seine Zuflucht. Seine Schritte und sein Atem gingen schneller und unregelmäßiger, als irgendetwas – verspätete Furcht? – allmählich in seinen Verstand drang. Sein Magen verkrampfte sich, während er die Steintreppe emporstieg. Als er den Schlüssel herausfingerte, um sein Schlafgemach aufzuschließen, zitterten seine Finger so heftig, dass er den Schlüssel zweimal fallen ließ. Er benötigte beide Hände, um den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Hinter sich verriegelte er die Tür und fiel keuchend und ächzend aufs Bett.
    Während der Auseinandersetzung war seine geisterhafte Gefolgschaft in irgendwelche Verstecke geflüchtet; er hatte gar nicht bemerkt, dass sie verschwunden waren. Er wälzte sich auf die Seite und krümmte sich, so sehr schmerzte sein Leib. Nun pochte auch die Schnittwunde an seinem Handgelenk. Und sein Kopf dröhnte ebenfalls.
    Cazaril hatte schon einige Male gesehen, wie im Wahnsinn des Schlachtfelds Männer zu Berserkern wurden. Er hatte sich nur nie auch nur vorstellen können, wie es war, so etwas zu erleben. Niemand hatte je diese eigentümliche Hochstimmung erwähnt, so berauschend wie Wein oder Geschlechtsverkehr. Eine seltene, aber natürliche Folge von Mut, Sterblichkeit und Angst – auf zu engem Raum und in zu kurzer Zeit. Daran war nichts Übernatürliches. Das war nicht das Ding in seinem Leib, das auf diese Weise die Finger nach ihm ausstreckte, seine Spiele mit ihm trieb, ihn verhöhnte und in den Tod treiben wollte, um sich selbst zu befreien …
    Oh.
    Du weißt, was du Dondo angetan hast. Nun weißt du, was Dondo dir antut!
     

 
17
     
     
    Z
    ufällig beobachtete Cazaril am späten Vormittag des nächsten Tages, wie Orico aus den Toren des Zangres hinaus in Richtung der Menagerie schlenderte, gefolgt von einem einzelnen Pagen. Cazaril verstaute die Briefe, die er soeben zur Kanzlei trug, in der Innentasche seines Überwurfs, wandte sich von der Tür zu Ias’ Turm und folgte dem König. Dessen Kammerdiener hatte sich nach dem Frühstück geweigert, das Verdauungsschläfchen seines Herrn zu stören. Inzwischen war Orico offensichtlich von selbst wach geworden und suchte nun die Ablenkung und den Trost seiner Tiere. Cazaril fragte sich, ob der König mit ebenso üblen Kopfschmerzen aufgewacht war wie er selbst.
    Während er über das Kopfsteinpflaster schritt, legte Cazaril sich noch einmal seine Argumente zurecht. Wenn der König Angst hatte, etwas zu unternehmen, würde Cazaril ihn darauf hinweisen, dass Untätigkeit mit der gleichen Wahrscheinlichkeit durch den Fluch beeinflusst und zum Schlechten gewendet werden würde. Wenn der König darauf beharrte, die Kinder seien zu jung, so würde er anmerken, dass sie dann gar nicht erst nach Cardegoss hätten geholt werden dürfen. Doch nun waren sie hier, und wenn Orico sie schon nicht beschützen konnte, musste er ihnen zumindest sagen, in welcher Gefahr sie schwebten. Dies war seine Verpflichtung ihnen und Chalion gegenüber! Der König durfte das Wissen um den Fluch ebenso wenig für sich behalten, wie er dessen Wirken auf sich beschränken konnte. Cazaril würde Umegats Hilfe in Anspruch nehmen, um dafür zu sor gen! Schickt sie nicht

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