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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Feigling nennen?«, wollte Joal wissen. Sein Mund war geöffnet, und sein Atem ging schon schneller vor Vorfreude, voller Erwartung auf den Kampf. Aus den Augenwinkeln sah Cazaril einige weitere Männer neugierig herbeikommen, angelockt von den lauten Stimmen.
    »Ihr könnt mich nennen, wie Ihr wollt. Euer Geschwätz interessiert mich nicht.« Cazaril seufzte. Er tat sein Bestes, gelangweilte Gleichgültigkeit vorzutäuschen, doch das Blut pochte ihm in den Ohren.
    »Ihr tragt einen adligen Namen. Habt Ihr denn nicht die Ehre eines Edelmannes?«
    Ein Mundwinkel Cazarils zuckte nach oben. »Die Art von Geistesverwirrung, die Ihr als Ehre bezeichnet, ist eine Krankheit, und die Kapitäne der Roknari haben das Heilmittel dafür.«
    »Feigling!«
    »Wie Ihr wollt.« Cazarils Stimme wurde seltsam ruhig. Sein Herzschlag, eben noch beschleunigt, ging wieder gleichmäßiger. Seine Lippen verzogen sich zu einem unheimlichen Lächeln. »Wie Ihr wollt«, stieß er noch einmal hervor.
    Cazaril hob die Linke, die Handfläche nach außen gedreht, während er mit der Rechten das Messer zog, mit dem er zuletzt beim Abendessen Brot geschnitten hatte. Dy Joals Hand krampfte sich um den Schwertgriff, und halb zog er die Klinge heraus.
    »Nicht in den königlichen Hallen!«, rief dy Maroc besorgt. »Ihr wisst, dass Ihr nach draußen müsst, dy Joal. Beim Bruder, er hat kein Schwert! Das könnt Ihr nicht tun!«
    Dy Joal zögerte. Cazaril rückte nicht auf ihn vor, sondern schüttelte stattdessen den linken Ärmel zurück. Dann zog er die Klinge seine Messers leicht übers Handgelenk. Er empfand keinen Schmerz, nicht den geringsten. Blut quoll hervor; im Kerzenlicht schimmerte es dunkel karminrot. Eine Art Schleier trübte seinen Blick und ließ alles unscharf werden, außer ihm selbst und dem jetzt unsicher lächelnden jungen Dummkopf, der nach seinem Blut gedrängt hatte. Ich werde dir Blut geben! Er schob das Messer in seine Gürtelscheide zurück.
    Dy Joal nahm die Hand vom Schwertgriff. Lächelnd hob Cazaril die Hände; der eine Arm blutend, der andere leer.
    Dann stürzte er vor, packte den erschrockenen dy Joal und schleuderte ihn rückwärts gegen die Wand, wo er mit einem dumpfen Laut aufprallte, der durch den ganzen Flur hallte. Einer seiner Arme war hinter dem Körper eingeklemmt. Cazaril drückte die rechte Hand unter dy Joals Kinn, hob ihn vom Boden und presste den Hals des Gegners gegen die Mauer. Dann versenkte er sein rechtes Knie in dy Joals Unterleib. Er drückte kräftig zu, damit dy Joal seinen eingeklemmten Arm nicht befreien konnte. Der jüngere Mann griff mit der freien Hand nach ihm, doch Cazaril packte den Arm und drückte auch diesen gegen die Wand. Dy Joals Handgelenk drehte sich unter Cazarils Fingern, die schlüpfrig waren vor Blut, konnte sich aber nicht aus dem Griff befreien. Sein Gesicht lief dunkelrot an, doch die Hand an seiner Kehle erstickte jeden Laut. Er verdrehte die Augen, bis man nur noch das Weiße sah, und ein ersticktes Gurgeln kam über seine Lippen. Seine Fersen hämmerten gegen die Mauer.
    Mit leiser Stimme, aber für jeden hörbar, zischte Cazaril ihm ins Ohr: »Ich duelliere mich nicht, Junge. Ich töte, wie ein Krieger tötet – und das ist so, wie ein Schlachter tötet: schnell und mit so wenig Risiko, wie es nur geht. Wenn ich will, dass du sterben sollst, dann wirst du sterben, wo, wann und wie ich will, und du wirst den Schlag nicht einmal kommen sehen.« Er ließ dy Joals inzwischen kraftlosen Arm los, hob das linke Handgelenk und presste den blutigen Schnitt auf den halb offen stehenden, zitternden Mund seines Opfers. »Du willst drei Tropfen von meinem Blut, für deine Ehre? Dann trink sie!« Blut und Speichel spritzten über dy Joals klappernde Zähne, doch inzwischen wagte der Bursche nicht einmal mehr den Versuch, zuzubeißen. »Trink, verdammt!« Cazaril drückte fester zu und verschmierte das Blut über dy Joals Gesicht. Er war fasziniert von den leuchtenden Farben, rote Streifen auf blaugrauer Haut, vom Kratzen der Bartstoppeln an seinem Handgelenk, vom verschwommenen Glanz der Kerzen, der sich in den Tränen fing, die aus den weit aufgerissenen Augen strömten. Er blickte in diese Augen und beobachtete, wie sie trüb wurden.
    »Cazaril, bei den Göttern, lasst ihn!« Dy Marocs ängstlicher Schrei fand seinen Weg durch den roten Nebel, der Cazaril umfangen hielt.
    Er lockerte seinen Griff, und dy Joal holte tief Luft und erschauerte. Cazaril holte mit der blutigen Hand aus,

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