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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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weiße Pelzmütze erkannte, von der Art, wie die zähen Bergbewohner in Südchalion sie trugen. Sie besaß Klappen, die mit dem Fell nach innen über die Ohren hinuntergefaltet und unter dem Kinn verschnürt werden konnten. Obwohl Männer und Frauen diese Mütze in ähnlichem Zuschnitt trugen, war dieses Exemplar hier offensichtlich für eine Dame: aus weichem Kaninchenpelz und mit Blumen aus Goldbrokat, die auf der Kappe eingearbeitet worden waren. »Cazaril, ich dachte, das könntet Ihr auf den hohen Gebirgspässen vielleicht brauchen.«
    Foix hob die Brauen und grinste, und Ferda kicherte hinter vorgehaltener Hand. »Bezaubernd«, murmelte Cazaril.
    Betriz wurde rot. »In der kurzen Zeit konnte ich nichts anderes finden«, rechtfertigte sie sich. »Immer noch besser als abgefrorene Ohren.«
    »Allerdings«, sagte Cazaril ernst. »Eine so gut geeignete Mütze besitze ich nicht. Danke.« Er beachtete die grinsenden jungen Burschen nicht, sondern nahm die Mütze entgegen und kniete sich hin, um sie sorgsam in seiner Satteltasche zu verstauen. Das war nicht nur eine Geste, um Betriz zu erfreuen, auch wenn er innerlich lächelte, als sie Ferda anschaute und die Nase rümpfte. Wenn die Brüder erst einmal die Winterwinde in den Grenzgebirgen kennen lernten, würde ihnen das Grinsen schnell genug vergehen.
    Iselle erschien bei den Toren, in einem Samtmantel von so dunklem Purpur, dass er beinahe schwarz wirkte. Begleitet wurde sie von einem angstschlotternden Kanzleigehilfen, der Cazaril einen nummerierten Kurierstab übergab, nachdem er im Hauptbuch unterschrieben hatte. Dann klappte der Gehilfe das Hauptbuch zu und eilte über die Zugbrücke zurück ins Warme.
    »Ihr konntet dy Jironals Einverständnis gewinnen?«, fragte Cazaril und steckte den Stab in eine Innentasche seines Mantels. Dieser Stab würde seinem Träger frische Pferde, Essen und saubere, wenn auch harte und schmale Betten in jeder Kurierstation entlang der Hauptstraßen Chalions verschaffen.
    »Oricos Einverständnis! Orico ist immer noch König in Chalion, auch wenn sogar der Kanzleigehilfe erst daran erinnert werden muss.« Iselle schnaubte leise. »Die Götter begleiten Euch, Cazaril!«
    »O ja, in der Tat.« Er seufzte; dann erst wurde ihm klar, dass die Bemerkung als Abschied gemeint war. Er neigte den Kopf, um Iselles kalte Hände zu küssen. Betriz schaute ihn von der Seite an. Er zögerte, räusperte sich und ergriff dann auch ihre Hände. Unter der Berührung seiner Lippen schlossen ihre Finger sich fest um die seinen, doch sie schaute nicht ihn an, sondern blickte über seinen Kopf hinweg. Cazaril richtete sich auf und bemerkte, wie die Dy-Gura-Brüder unter Betriz’ zornigem Blick gleichsam schrumpften.
    Ein Stallbursche des Zangres führte drei gesattelte Kurierpferde heran. Palli drückte seinen Vettern die Hände. Ferda ergriff die Zügel eines Pferdes, das für Cazaril bestimmt war, wie sich herausstellte – ein gewaltiger Rotschimmel, der seiner Größe entsprach. Der kräftige Foix kam eilig herbei, um beim Aufsteigen behilflich zu sein. Als Cazaril sich ächzend in den Sattel sinken ließ, erkundigte der junge Mann sich besorgt: »Alles in Ordnung, Herr?«
    »Ja«, versicherte Cazaril, »vielen Dank.« Ferda reichte ihm die Zügel, und Foix half dabei, die kostbaren Satteltaschen anzubringen. Leichtfüßig sprang Ferda schließlich aufs eigene Pferd, während sein Bruder schwerfälliger auf das seine stieg. Dann ritten sie vom Hof. Cazaril drehte sich im Sattel um und beobachtete, wie Iselle und Betriz zurück über die Zugbrücke und durch das große Tor des Zangres gingen. Betriz blickte noch einmal zurück und hob die Hand. Cazaril erwiderte den Gruß. Dann umrundeten die Pferde die erste Ecke, und das Tor verschwand hinter den Gebäuden von Cardegoss. Eine einzelne Krähe folgte ihnen, flog von Regenrinne zu Gesims.
    Auf der ersten Straße trafen sie Kanzler dy Jironal, der langsam vom Palast der dy Jironals emporritt und von zwei bewaffneten Gefolgsleuten zu Fuß begleitet wurde. Er war offensichtlich daheim gewesen, um sich zu waschen, sich umzukleiden, etwas zu essen und die eiligste Korrespondenz zu erledigen. Seinem grauen Gesicht und den blutunterlaufenen Augen nach zu urteilen, hatte er in der letzten Nacht nicht mehr Schlaf gefunden als Iselle.
    Dy Jironal zügelte sein Pferd und bedachte Cazaril mit einem merkwürdigen, knappen Gruß. »Wohin des Weges, Lord Cazaril?« Er wurde auf die leichten Kuriersättel aufmerksam,

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