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Chalions Fluch

Chalions Fluch

Titel: Chalions Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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er Ruhe finden konnte.
    Dondo, mit all seinen vielfältigen, geisterhaften Möglichkeiten, konnte Cazaril in dieser Nacht kaum wach halten. Er war als Bedrohung fast schon zu alltäglich geworden, um noch Furcht zu erwecken. Doch Cazaril wurde nun von neuen Ängsten bedrängt.
    Die Erinnerung an den schrecklichen Ausdruck von Hoffnung in Istas Augen brachte ihn schier aus dem Gleichgewicht. Wie auch der Gedanke, dass er morgen auf ein Pferd steigen würde, das ihn mit jedem Schritt näher ans Meer führte.
     

 
22
     
     
    A
    ls sie Valencia verließen, verzichtete Cazaril der Geheimhaltung wegen darauf, sich an den Kurierstationen der Kanzlei frische Pferde zu beschaffen. Es war wenig vorteilhaft, dy Jironal eine abgezeichnete Liste über ihren Reiseweg und ihr Ziel zukommen zu lassen. Stattdessen griffen sie auf Pallis Beglaubigungsschreiben zurück und wechselten ihre Pferde in kleineren Komtureien des Ordens der Tochter. Am Fuße der Berge an der Westgrenze sahen sie sich gezwungen, bei einem ortsansässigen Pferdehändler die robusten und trittsicheren Maultiere einzuhandeln, die sie über die Höhen tragen sollten.
    Offensichtlich machte der Mann seit Jahren ein kleines Vermögen, indem er verzweifelten Reisenden das Fell über die Ohren zog. Ferda musterte die angebotenen Tiere; dann stieß er empört hervor: »Das Biest hier hat Lungendampf. Und wenn das Vieh da drüben keine Verwachsung am Knochen hat, Lord Cazaril, fresse ich Eure Mütze!«
    Sofort geriet er mit dem Pferdehändler in einen heftigen Streit. Cazaril jedoch trat zwischen die grasenden Pferde und Maultiere, die noch unruhig waren von Einfangen ihrer zurückgewiesenen Kameraden. Dort breitete er die Hände aus, schloss die Augen und sprach: »Wenn es Euch beliebt, Herrin, so gebt uns drei gute Maultiere.«
    Auf ein Stupsen in seine Seite hin öffnete er die Augen wieder. Ein neugieriges Muli sah ihn an. Zwei weitere drängten heran und wackelten mit den Ohren. Das größte Muli, ein dunkelbraunes Tier mit heller Nase, legte das Kinn auf Cazarils Schulter und stieß ein zufriedenes Schnauben aus, wobei es die Umgebung mit Speichel besprühte.
    »Ich danke Euch, Herrin«, murmelte Cazaril. Lauter fügte er hinzu: »Also gut. Folgt mir.« Er stapfte durch den von Hufen aufgewühlten Schlamm zurück zum Tor, gefolgt von den drei Maultieren.
    »Wir nehmen diese drei«, teilte er dem Pferdehändler mit, der verstummte und offenen Mundes auf Cazaril starrte.
    »Aber das da sind meine drei besten Tiere!«, sagte er schließlich.
    »Ich weiß.« Cazaril kam aus dem Gatter und überließ es dem Pferdehändler, die drei Maultiere zurückzuhalten, die ihm immer noch zu folgen versuchten. Sie drängten wild gegen die Bretter des Tores und stießen dabei ungeduldige Laute aus. »Ferda, mach einen Preis aus. Ich lege mich solange auf den Strohhaufen dort. Weck mich, wenn sie gesattelt sind …«
     
    Cazarils Maultier erwies sich als kräftiges, braves Tier, das einen beinahe gelangweilten Eindruck machte. Doch auf diesen trügerischen Bergpfaden gab es nichts Besseres als ein gelangweiltes Muli. Die feurigen Rösser, die Ferda bevorzugte, um in der Ebene rascher voranzukommen, hätten auf den Steilhängen auch nicht schneller emporsteigen können und wären dabei durch ihr nervöses Ausbrechen an schmalen Stellen zu einer Gefahr geworden. Das behäbige Bummeln der Mulis war da schon sicherer, zumal es Cazaril nicht die Eingeweide herumdrehte. Aber wenn die Göttin Ihrem Heiligen schon Maultiere gewährt hatte – weshalb schenkte sie ihm dann nicht auch besseres Wetter?
    Auf ungefähr halber Höhe des Passes schlug Cazaril die Pelzklappen seiner Mütze über die Ohren und verschnürte sie unter dem Kinn. Der Eisregen, der von den böigen Aufwinden gepeitscht wurde, brannte in seinem Gesicht. Zwischen den angelegten Ohren seines keuchenden Maultieres blickte er aus zusammengekniffenen Augen auf den Weg, der sich durch Eis und Felsen emporschlängelte. Im Geiste schätzte er ab, wie viel Tageslicht ihnen noch blieb.
    Nach einiger Zeit ließ Ferda sich an seine Seite zurückfallen. »Herr, sollen wir vor diesem Schneesturm Schutz suchen?«
    »Schneesturm?« Cazaril wischte sich die Eiskristalle aus dem Bart und blinzelte. Die Winter in Palliar waren mild und eher regnerisch als verschneit, und die Brüder hatten nie zuvor die heimischen Gefilde verlassen. »Wenn das ein Schneesturm wäre, könntest du die Ohren deines eigenen Maultiers nicht mehr

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