Chalions Fluch
und breitete die Arme aus. »Solche Anschuldigungen werden im Augenblick wie Schneebälle zwischen beiden Parteien hin und her geworfen. Überall gehen Gerüchte, die Prinzessin habe Agenten nach Ibra gesandt, um eine Heirat mit dem neuen Thronfolger zu vereinbaren.« Er nickte Bergon entschuldigend zu.
So viel zur Geheimhaltung der Mission. Cazaril erwog die möglichen Parteibildungen in Chalion. Iselle und Orico gegen dy Jironal … in Ordnung. I selle gegen Orico und dy Jironal … sehr gefährlich!
»Besagte Gerüchte wurden unterschiedlich aufgenommen«, fuhr der Komtur fort. »Die Damen betrachten Bergon mit Wohlwollen und machen eine Romanze aus der ganzen Geschichte, denn es heißt, er wäre tapfer und gut aussehend. Eher nüchterne Köpfe fürchten, Iselle könne Chalion an den Fuchs verkaufen, weil sie … äh, jung und unerfahren ist.«
Mit anderen Worten: dumm und launenhaft. Die nüchternen Köpfe würden noch viel zu lernen haben. Cazaril verzog die Lippen zu einem trockenen Grinsen. »Nein«, murmelte er. »Das haben wir nicht getan.« Erst jetzt bemerkte er, dass er seine Stirn unerklärlicherweise auf die Tischplatte gesunken war.
Nach vielleicht einer Minute flüsterte ihm Bergons Stimme leise ins Ohr: »Caz? Seid Ihr wach?«
»Mm.«
»Würdet Ihr gern zu Bett gehen, Herr?«, wollte der Komtur dann wissen.
»Ja.«
Cazaril stöhnte, als starke Hände unter seine Arme griffen und ihn hochhoben.
Später erinnerte er sich nicht einmal, wie er ins Bett gekommen war.
Jemand schüttelte ihn an der Schulter.
Eine fröhliche Stimme rief ihm ins Ohr: »Aufgewacht, die Sonne lacht!«
Cazaril zuckte zusammen und umklammerte die Decken. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch die Mühe war zu groß, sodass er sich darauf beschränkt, lediglich die verklebten Augenlider zu heben und ins Kerzenlicht zu blinzeln. Endlich erkannte er die Stimme. »Palli! Du lebst!« Er hatte es eigentlich erfreut ausrufen wollen, doch es würde kaum mehr als ein Krächzen. »Wie spät ist es?« Erneut versuchte er, sich aufzusetzen, und diesmal gelang es ihm immerhin, sich auf einen Ellbogen zu stützen. Wie es schien, lag er in der aufgeräumten, sorgfältig eingerichteten Schlafkammer eines Ritters.
»Ungefähr eine Stunde vor Sonnenaufgang. Wir sind die ganze Nacht durchgeritten. Iselle hat mich ausgesandt, dich zu suchen.« Er hob den Kerzenleuchter höher. Bergon stand besorgt bei seiner Schulter; Foix ebenfalls. »Bei den Dämonen des Bastards, Caz, du siehst aus wie der Tod auf dem Tranchierbrett.«
»Das … wurde schon mal festgestellt.« Cazaril ließ sich wieder zurücksinken. Palli war hier, und alles war gut. Er konnte Bergon und all seine Lasten an Palli weiterschieben, hier liegen bleiben und nicht wieder aufstehen. Allein und in Frieden sterben und Dondo mit sich aus der Welt nehmen. »Bring Prinz Bergon und seine Begleiter zu Iselle. Lass mich …«
»Damit dy Jironals Patrouillen dich aufspüren? Dann würde mein Aufstieg bei Hofe ein vorzeitiges Ende finden! Iselle erwartet dich sicher zurück in Taryoon.«
»In Taryoon? Nicht in Valenda?« Er blinzelte. »In Sicherheit?« Diesmal schaffte er es, sich hochzukämpfen, bis er sogar auf die Füße kam – als er plötzlich das Bewusstsein verlor.
Nachdem der schwarze Nebel sich wieder gelichtet hatte, sah er Bergon, der ihn festhielt und mit großen Augen anstarrte. Cazaril war an der Bettkante zusammengesunken.
»Setz dich einen Augenblick, mit dem Kopf nach unten«, schlug Palli vor.
Gehorsam krümmte Cazaril sich über seinen schmerzenden Leib. Wenn Dondo ihn letzte Nacht besucht hatte, war er zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen. Allerdings hatte der Geist ihn während des Schlafs einige Male von innen getreten; so fühlte es sich jedenfalls an.
Leise sagte Bergon: »Er hat nichts gegessen, nachdem wir gestern Nacht angekommen waren. Er war völlig am Ende. Wir haben ihn ins Bett gesteckt.«
»In Ordnung«, meinte Palli und machte eine Daumenbewegung zum abwartenden Foix. Der nickte und schlüpfte aus dem Gemach.
»Taryoon?«, murmelte Cazaril, der immer noch verkrümmt dasaß.
»Ja. Sie hat sämtliche zweitausend Soldaten dy Jironals abgehängt! Zuvor noch zog ihr Onkel dy Baocia seine eigenen Leute ab und marschierte nach Hause zurück. Die Dummköpfe ließen ihn gehen und dachten, sie wären damit eine Bedrohung los. Allerdings hatten sie diese Bedrohung lediglich aus den Augen verloren, und dy Baocias Truppen konnten sich nach
Weitere Kostenlose Bücher