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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Antwort.
    »Fanchon!« rief er. »Ich bin an den Boden gefesselt. Das Gras istdabei, mich aufzufressen.« Das war eigentlich eine Übertreibung. Er war nicht verletzt, sondern lediglich zur Regungslosigkeit verdammt. Aber die Fäden krochen immer mehr um ihn herum und würden schon bald damit anfangen, ihm die Proteine aus dem Körper zu saugen.
    Immer noch nichts. Vielleicht war sie einem Schlafzauber verfallen oder sogar schon tot.
    »Hilfe! Kann mir nicht irgend jemand helfen?« schrie er verzweifelt.
    Das war wieder ein Fehler. Um ihn herum, im Wald und auf dem Strand, gerieten die Dinge in Bewegung. Er hatte seine eigene Hilflosigkeit herausposaunt, jetzt kamen sie auf ihn zu, um sie auszunutzen. Hätte er sich leise gegen das Gras gestemmt, so hätte er sich vielleicht losreißen können. Doch jetzt hatte er mit seinem Geschrei weitere Gefahren herbeigelockt, die vielleicht noch schlimmer waren.
    In einem nahe gelegenen Baum war ein Rascheln zu hören, wie von einem fleischfressenden Eichhörnchen. Vom Strand her war ein Kratzen zu hören, wie von hungrigen Säurekrabben, während im Meer ein kleineres Seeungeheuer, das sich ins Jagdrevier des größeren eingeschlichen hatte, herumplanschte. Nun versuchte es, aus dem Wasser zu kommen, um sich seine Beute zu holen. Doch das furchterregendste Geräusch war ein dumpfes Stampfen tief im Wald, das immer schneller näher kam.
    Plötzlich fiel ein Schatten auf ihn. »Hallo!« rief eine schrille Stimme. Es war eine Harpyie, ähnlich der, die er auf dem Rückweg zum Norddorf getroffen hatte. Sie war genauso häßlich, übelriechend und widerlich – und gefährlich. Mit greifenden Klauen stieß sie langsam zu ihm hinunter. Die andere Harpyie hatte ihn gesund und kräftig erlebt und sich deswegen außerhalb seiner Reichweite aufgehalten, doch die hier sah, wie hilflos er war.
    Sie besaß ein menschliches Gesicht und menschliche Brüste, so daß sie in diesem Sinne weiblichen Geschlechts war wie die Meerjungfrauen. Doch statt der Arme hatte sie Schwingen, und ihr Körper war der eines fetten Vogels. Außerdem war sie ein schmutziger Vogel; nicht nur, daß ihr Gesicht und ihre Brüste bizarr geformt waren, sie waren auch noch mit Schmutz bedeckt. Es war ein Wunder, daß sie überhaupt fliegen konnte. Bink hatte bisher keine Gelegenheit dazu gehabt, die Qualitäten einer Harpyie auf nähere Entfernung zu würdigen, und auch jetzt stand ihm keineswegs der Sinn danach. Doch nun hatte er einen ausgezeichneten Anblick von unten. Brr! Die Meerjungfrauen hatten vieles an sich gehabt, was an der weiblichen Gestalt schön war; diese Harpyie war der häßliche Aspekt. Fanchon sah dagegen noch einigermaßen annehmbar aus. Fanchon war wenigstens sauber.
    Sie stürzte sich mit ihren Klauen auf ihn herab. Einige waren gebrochen und zerfetzt. Ihr Gestank war schlimmer als alles, was er jemals gerochen hatte. »Oooh, du hübsches großes Stück Fleisch!« kreischte sie. »Du siehst aber lecker aus! Ich weiß ja kaum, was ich mir zuerst holen soll.« Dann lachte sie hysterisch.
    Bink war entsetzt und riß mit übermenschlicher Anstrengung einen Arm aus der Umklammerung des Grases. Winzige Wurzeln schauten aus der Haut heraus, und es schmerzte sehr. Er lag auf der Seite, und eine Wange war am Boden festgewachsen, so daß er nur ein sehr begrenztes Sichtfeld hatte, doch seine Ohren nahmen die Geräusche all der schrecklichen Gefahren wahr, die um ihn herum lauerten. Er langte nach der Harpyie, und erschreckt wich sie einen Augenblick zurück. Natürlich war sie feige; Charakter und Aussehen waren in diesem Fall eins.
    Ihre Schwingen flatterten schwerfällig, und eine schmutzige Feder fiel auf ihn herab. »Oooh, was für ein böser Junge!« kreischte sie. Sie schien nur kreischen zu können. Ihre Stimme war so schrill, daß man sie kaum verstand. »Dafür lutsch’ ich dir den Magen aus!« Wieder keckerte sie schrill.
    Doch nun fiel ein weiterer Schatten auf Bink. Er konnte die Gestalt nicht sehen, aber sie wirkte schrecklich. Er hörte ihr schweres Atmen und roch ihren Aasgeruch, der einen Augenblick lang den Gestank der Harpyie übertönte. Es war ein Wesen aus dem Meer, das mit seinen Füßen über den Boden schlurfte, während es vorwärts buckelte. Es beschnüffelte ihn – und alle anderen Wesen wichen zurück, vor Furcht, es mit diesem Raubtier aufnehmen zu müssen.
    Bis auf die Harpyie: Sie war bereit, von ihrem sicheren Platz in der Luft herab alles zu beschimpfen, was sich ihr in

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