Chamäleon-Zauber
keine andere Wahl haben würde, da habe ich das anders gemeint, als Sie es wohl verstanden haben. Es ist möglich, daß dieses Schloß uns gar nicht erlaubt, etwas anderes zu tun als das, was es von uns will. Seit Jahrhunderten hat es gegen den unvermeidlichen Verfall
angekämpft und durchgehalten, um auf einen Magier zu warten, der ausreichende Kraft vorzuweisen hat. Vielleicht war der Zauberschnüffler, dem wir im Wald begegnet sind, ja einer seiner Abgesandten. Und nun hat es nicht nur einen, sondern gleich zwei Magier ausfindig gemacht. Die wird es nicht so ohne weiteres davonziehen lassen. Von hier aus stehen uns die Türen zum Ruhm offen – oder zur Vernichtung, je nachdem, wie wir uns entscheiden.«
»Zwei Magier?« fragte sie.
»Vergessen Sie nicht, daß Bink fast genausoviel Magie besitzt wie ich. Das war jedenfalls die Meinung des Schnüfflers, und ich bin mir nicht so sicher, daß er sich geirrt haben soll. Das stuft ihn also bequem in die Magierklasse ein.«
»Aber ich habe doch gar kein Talent!« protestierte Bink.
»Falsch«, sagte Trent. »Ein nicht identifiziertes Talent zu besitzen ist doch wohl kaum dasselbe, wie überhaupt kein Talent zu haben. Doch selbst wenn Sie keinerlei Talent besitzen sollten, auf jeden Fall ist viel Magie an Ihnen. Es könnte sein, daß Sie magisch sind, genau wie Fanchon.«
»Chamäleon«, sagte sie. »Das ist mein richtiger Name. Die anderen sind lediglich Phasen.«
»Verzeihung«, sagte Trent und verneigte sich leicht im Sitzen vor ihr. »Chamäleon.«
»Dann meinen Sie, ich würde mich irgendwie verwandeln?« fragte Bink halb hoffnungsfroh, halb entsetzt.
»Vielleicht, Sie könnten sich vielleicht in eine höhere Form verwandeln, so wie ein Bauer, der zu einer Dame wird.« Er hielt inne. »Entschuldigung, das ist wieder so ein mundanischer Ausdruck. Ich meine nicht, daß man in Xanth das Schachspiel kennt. Ich war eben zu lange im Exil.«
»Na ja, jedenfalls werde ich Ihnen nicht dabei helfen, die Krone an sich zu reißen«, sagte Bink mit Festigkeit in der Stimme.
»Natürlich nicht. Wir verfolgen verschiedene Ziele. Vielleicht sind wir ja sogar Rivalen.«
»Ich versuche nicht, die Macht über Xanth an mich zu reißen!«
»Nicht bewußt. Aber um vielleicht einen Bösen Magier daran zu hindern, würden Sie es sich da nicht doch überlegen…?«
»Das ist ja lächerlich!« sagte Bink verärgert. Die Vorstellung war hanebüchen, aber doch betörend. Wenn der einzige Weg, Trent daran zu hindern – nein!
»Möglicherweise ist es nun wirklich an der Zeit, uns zu trennen«, sagte Trent. »Ich habe Ihre Gesellschaft sehr genossen, aber es sieht so aus, als habe sich die Situation verändert. Vielleicht sollten Sie jetzt einmal versuchen, dieses Schloß zu verlassen. Ich werde Sie nicht daran hindern. Sollte es uns gelingen, uns zu trennen, so können wir das Abkommen ja als beendet ansehen. Ist das ein fairer Vorschlag?«
»Wie nett!« meinte Chamäleon. »Sie dürfen sich über Ihren Büchern ausruhen, während wir vom Dschungel zerfetzt werden.«
»Ich glaube nicht, daß Ihnen hier irgend etwas wirklich etwas tun wird«, sagte Trent. »Das Ziel von Schloß Roogna ist das harmonische Zusammenleben mit dem Menschen.« Wieder lächelte er. »Harmonie, nicht Schaden. Aber ich bezweifle dennoch, daß man Sie wird ziehen lassen.«
Jetzt reichte es Bink. »Ich werd’s riskieren. Gehen wir.«
»Du willst, daß ich mitkomme?« fragte Chamäleon zögernd.
»Wenn du es nicht vorziehst, bei ihm zu bleiben. In ein paar Wochen gibst du bestimmt eine sehr hübsche Königin ab.«
Trent lachte. Chamäleon ging bereitwillig hinter Bink her, und zusammen verließen sie den Magier, der sich wieder über sein Buch gebeugt hatte.
Wieder stellte sich ein Geist in ihren Weg. Dieser wirkte größer und fester als die vorigen.
»Waaarrrnunggg«, stöhnte er.
Bink blieb stehen. »Du kannst sprechen? Wie lautet denn deine Warnung?«
»Uuunglück voorauuus. Bleiiiibennn.«
»Ach so. Na ja, das haben wir uns auch schon gedacht«, sagte
Bink. »Wir wollen das Risiko eingehen, weil wir Xanth treu sind.«
»Xaaanth!« wiederholte der Geist ziemlich gefühlvoll.
»Ja, Xanth. Deshalb müssen wir fort.«
Der Geist schien sprachlos zu sein und verschwand.
»Sieht fast so aus, als wären sie auf unserer Seite«, bemerkte
Chamäleon. »Aber vielleicht versuchen sie ja auch nur, uns dazu zu bewegen, hierzubleiben.«
»Auf Gespenster dürfen wir uns nicht verlassen«, stimmte Bink
Weitere Kostenlose Bücher