Chamäleon-Zauber
Zombies, die mit ruckenden Bewegungen den Graben entlangschritten. Einige von ihnen waren mumifiziert, andere waren kaum mehr als wandelnde Skelette.
Bink starrte diese schaurigen Wesen lange Zeit fasziniert an. Beim Gehen fielen Tuchreste und verfaulte Fleischstücke von ihnen ab, von manchen rieselte auch Graberde. Es war eine Parade der Fäulnis.
Er stellte sich vor, wie er gegen diese bunt zusammengewürfelte Armee ankämpfte, ihr verfaultes, von Maden zersetztes Fleisch an seinen Händen fühlte, mit diesen gruseligen Erscheinungen rang, deren Gestank die ganze Luft verpestete. Was mochten sie wohl für widerwärtige Krankheiten mit sich herumtragen, was für Geschwüre würden sie wohl übertragen, wenn sie ihn umklammerten? Wie konnte man diese verwesenden Toten wohl abwehren?
Die verzauberten Wesen kamen über die verfallene Brücke auf sie zu. Für die Zombies war alles wahrscheinlich noch schlimmer als für sie, denn freiwillig waren sie bestimmt nicht auferstanden. Sie durften sich nicht im angenehmen Schutz des Schlosses zur Ruhe legen. Zu solchem Dienst gepreßt zu sein, anstatt im herrlichen Zustand des Vergessens zu verbleiben…
»Ich… ich glaube, ich bin noch nicht bereit, fortzugehen«, sagte Bink.
»Nein«, stimmte Chamäleon ihm zu. Sie wirkte etwas grünlich im Gesicht. »Jedenfalls nicht hier entlang.«
Da blieben die Zombies stehen und ließen ihnen Zeit, ins Schloß Roogna zurückzukehren.
13 Die Erklärung
Chamäleon hatte ihre ›normale‹ Phase, in der Bink sie zuvor als Dee kennengelernt hatte, inzwischen durchschritten und trat nun in ihre Schönheitsphase ein. Sie sah nicht genauso aus wie Wynne, ihr Haar war heller, und ihre Gesichtszüge waren leicht verändert. Offenbar wiederholte sich ihr eigenes Aussehen niemals ganz genau, sondern veränderte sich von Zyklus zu Zyklus. Doch immer bewegte sie sich von einem Extrem zum anderen. Leider ließ ihre Intelligenz nun auch nach, so daß sie keine große Hilfe mehr bei dem Versuch war, aus dem Schloß zu fliehen. Sie interessierte sich vielmehr dafür, sich mit Bink anzufreunden, und das war eine Ablenkung, die er sich, wie er meinte, im Augenblick nicht leisten konnte.
Erstens bestand seine oberste Priorität darin, von hier wegzukommen, und zweitens war er sich nicht sicher, ob er sich auf längere Zeit an ein derart wechselhaftes Wesen binden sollte. Wenn sie doch nur gleichzeitig schön und aufgeweckt wäre – aber nein, das wäre auch nichts. Nun begriff er, warum Trents Angebot, sie schön zu machen, sie nicht gereizt hatte. Das hätte nur ihre Phasen verschoben. Wenn sie schön und klug wäre, dann wäre sie
einen Monat später häßlich und dumm, und das war auch nicht gerade eine Verbesserung der Lage. Sie mußte von dem ganzen Fluch befreit werden. Und selbst wenn sie auf der Höhe ihrer Schönheit und Intelligenz stehenblieb, würde er ihr doch nicht unbegrenzt trauen, denn von solch einem Typ Frau war er schon einmal verraten worden. Sabrina – er unterdrückte die Erinnerung. Und selbst ein normales Mädchen konnte mit der Zeit ziemlich langweilig werden, wenn es nur eine durchschnittliche Intelligenz oder Magie besaß…
Nun, da sie sich nicht aktiv dagegen wehrten, war Schloß Roogna eigentlich ein ganz angenehmer Aufenthaltsort. Es tat sein Bestes, um diesen Eindruck zu erwecken. Die Schloßgärten standen voller üppiger Obstbäume, sie bescherten ihnen Getreide, Gemüse und Kleinwild. Trent übte sich im Bogenschießen, indem er auf Hasenjagd ging und die Tiere von den hohen Zinnen herab jagte. Er benutzte einen der prächtigen Bogen aus der Waffenkammer des Schlosses. Einige der Wesen waren falsche Hasen, die Bilder ihrer selbst in einigem Abstand von ihren wirklichen Körpern projizieren, aber Trent schien diese Herausforderung zu genießen, auch wenn er dadurch zahlreiche Pfeile vergeudete. Einmal erwischte er einen Stinker, dessen magischer Geruch schon dafür sorgte, daß sie den Kadaver hastig äußerst tief vergruben. Dann erlegte er einen Schrumpfer, der beim Sterben immer kleiner wurde, bis er so groß war wie eine Maus und zu nichts mehr zu gebrauchen war. Die Magie warimmer für kleinere Überraschungen gut. Aber manche davon waren auch gutartig.
Sie mußten sich selbst um die Küche kümmern, sonst wären die Zombies eingedrungen, um sie zu bekochen. Das wollten sie lieber nicht, also übernahm Chamäleon dort das Kommando. Von einigen weiblichen Gespenstern, die sehr eigen waren,
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