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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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seine Balance und mit ihr sein Leben verloren. Die Berührung war scheußlich kühl, nicht kalt, sie ließ seine Haut erschauern. Was sollte er nur tun?
    Er beherrschte sich angestrengt. Es würde etwa eine Stunde dauern, bis der Schatten seinen Körper übernommen hätte; bevor dieser Vorgang beendet war, konnte er den Zauber jederzeit brechen. Der Drache würde ihn in Sekundenschnelle verschlingen. So schrecklich der Gedanke auch war, aber im Augenblick schien der Schatten die bessere Alternative zu sein; wenigstens brauchte er länger. Vielleicht war der Drache in einer halben Stunde ja wieder verschwunden…
    Vielleicht würde der Mond ja auch vom Himmel fallen und den Drachen mit seinem grünen Käse erschlagen! Warum wünschte er sich das Unmögliche? Wenn der Drache nicht verschwand, was dann? Bink wußte es einfach nicht. Aber im Augenblick hatte er keine große Wahl.
    Der Schatten kam unaufhaltsam näher und drang in ihn ein. Er durchkühlte seine Schulter bis zum Brustkasten und Rücken. Bink spürte das Eindringen mit kaum unterdrücktem Ekel. Wie konnte man sich nur mit dieser Eroberung durch einen Toten abfinden?
    Und doch mußte er es tun, wenigstens eine Weile lang, damit der Drache ihn nicht augenblicklich selbst in einen Schatten verwandelte. Oder wäre das vielleicht angenehmer? Wenigstens würde er als Mensch sterben.
    Langsam schlich sich die gespenstische kühle Essenz in seinen Kopf hoch. Jetzt war Bink entsetzt und doch wie steif gefroren. Er spürte, wie sich das Entsetzen durch seinen Körper schlich, wie er sank, losließ, sich aufsaugen ließ, von etwas… und dann war er plötzlich auf unheimliche Weise ruhig.
    Friede, sagte der Schatten in seinem Bewußtsein.
    Der Friede des Pinienwaldes, in dem die Schläfer niemals wieder aufwachten, vielleicht? Bink konnte nicht laut protestieren, da ihn der Drache sonst gehört hätte. Aber, er sammelte seine Kraft, um mit einer letzten verzweifelten Anstrengung dieser Besessenheit zu entgehen. Er würde an dem Schwanz des Drachen vorbeistürmen, bevor das Ungeheuer reagieren könnte, und sein Glück mit dem unterirdischen Fluß versuchen.
    Nein! Freund, ich kann dir doch helfen! rief der Schatten lauter, aber immer noch still.
    Irgendwie fing Bink an, ihm zu glauben. Der Geist schien es wirklich ernst zu meinen. Vielleicht lag das aber auch nur an den Alternativen: vom Drachen aufgefressen zu werden oder im Fluß zu ertrinken.
    Ein gerechter Tausch, beharrte der Schatten. Du läßt mich für eine Stunde herein. Ich werde dein Leben retten und verschwinden, sobald ich meiner Verpflichtung nachgekommen bin.
    Es klang überzeugend. Bink stand sowieso vor dem Sterben; wenn der Schatten ihn irgendwie retten sollte, dann wäre das gewiß eine Stunde des Besessenseins wert. Es stimmte, daß Schatten verschwanden, sich auflösten, sobald sie ihrer Verpflichtung nachgekommen waren.
    Aber nicht alle Schatten meinten es ehrlich. Die Verbrecher wurden manchmal rückfällig und zogen es vor, nicht für ihre Sünden auf Erden zu büßen oder sie wiedergutzumachen. Statt dessen fügten sie ihnen unter dem Schutz einer anderen Identität nach dem Tod noch weitere hinzu und ruinierten dabei noch den Ruf der unglücklichen Menschen, die sie kontrollierten. Ein Schatten hatte schließlich kaum noch etwas zu verlieren, er war ja schon tot. Die Absolution würde ihn lediglich der Vergessenheit anheimfallen lassen oder ihn in die Hölle schicken, je nach seinem Glauben. Es war kaum zu verwundern, daß manche es vorzogen, nie völlig zu sterben.
    Meine Frau, mein Kind! jammerte der Schatten. Sie hungern, und sie leiden, sie wissen nicht, wie es um mich steht. Ich muß ihnen mitteilen, wo der Silberbaum wächst. Ich bin auf der Suche nach ihm gestorben.
    Der Silberbaum! Bink hatte schon einmal davon gehört. Ein Baum, dessen Blätter aus reinem Silber bestanden, von unschätzbarem Wert – denn Silber war ein magisches Metall. Es konnte böse Magie abwehren, und wenn man eine Rüstung daraus machte, dann konnte man sich damit vor magischen Waffen schützen. Und natürlich konnte man es auch als Zahlungsmittel verwenden.
    Nein, er ist für meine Familie! rief der Schatten. Damit sie nie wieder Not leiden muß. Nimm es nicht für dich selbst!
    Das überzeugte Bink. Ein unehrlicher Schatten hätte ihm alles versprochen; dieser hier versprach ihm das Leben, keine Reichtümer. Einverstanden, dachte Bink und hoffte, daß er damit nicht einen Riesenfehler beging.
    Warte, bis wir

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