Chamäleon-Zauber
werden!«
Humfrey lachte ohne jede Bitterkeit. »Welcher vernünftige Mensch würde schon König werden wollen? Das ist ein langweiliger, anstrengender Beruf. Ich bin kein Herrscher, sondern ein Gelehrter. Der größte Teil meiner Arbeit besteht darin, meine Magie sicher und wirkungsvoll zu machen, sie zu läutern, damit sie in größerem Rahmen anwendbar wird. Es bleibt noch viel zu tun, und ich werde alt. Ich kann mir nicht durch Ablenkungen die Zeit stehlen lassen. Sollen doch die die Krone nehmen, die sie unbedingt haben wollen.«
Bink dachte verwirrt darüber nach, wer Xanth wohl regieren wollte. »Die Magierin Iris…«
»Das Problem der Illusion ist, daß man schnell anfängt, sich selbst etwas vorzumachen«, sagte Humfrey ernst. »Iris braucht eher einen guten Mann als Macht.«
Das konnte selbst Bink einsehen. »Aber warum heiratet sie dann nicht?«
»Sie ist eine Magierin, und zwar eine recht gute. Sie besitzt Fähigkeiten, von denen du gar nichts ahnst. Sie braucht einen Mann, den sie respektieren kann, einen, der noch stärkere Magie besitzt als sie. In ganz Xanth gibt es nur einen, der mehr magische Fähigkeiten hat als sie, und das bin ich. Aber ich gehöre zu einer anderen Generation, ich wäre viel zu alt für sie, selbst wenn ich heiraten wollte. Und außerdem würden wir natürlich nicht zusammenpassen, denn unsere Talente sind zu verschieden. Ich arbeite mit der Wahrheit, sie arbeitet mit der Illusion. Ich weiß zuviel, sie bildet sich zuviel ein. Also arbeitet sie mit niedrigeren Talenten in der Hoffnung zusammen, daß es vielleicht doch klappen könnte.« Er schüttelte den Kopf. »Eigentlich ist es wirklich schade. Der König läßt nach und hat keinen Thronfolger. Und weil es gefordert ist, daß die Krone nur an einen vollen Magier geht, ist es durchaus möglich, daß der Thron ihren Intrigen zum Opfer fallen könnte. Nicht jeder junge Mann besitzt deine Integrität und deine Loyalität gegenüber Xanth.«
Bink fror unwillkürlich. Humfrey wußte von Iris’ Angebot, von ihrer Begegnung! Der Magier beantwortete nicht nur Fragen gegen Entlohnung, er hielt sich auch über alles auf dem laufenden, was in Xanth vorging. Doch er schien sich nicht wirklich darum zu kümmern oder einzumischen. Er sah nur zu. Vielleicht erforschte er den Hintergrund der Suchenden, während sie von dem Seepferd, der Mauer und der Manticora aufgehalten wurden, bis er damit fertig war. Vielleicht hortete er auch sein Wissen für den Fall, daß ihm jemand die Frage stellte: »Was ist die größte Gefahr für Xanth?« um dann die Belohnung für seine Antwort zu kassieren.
»Wenn der König stirbt, werden Sie dann die Krone annehmen?« fragte Bink. »Sie haben doch gesagt, daß es ein mächtiger Magier sein muß, und zum Besten von Xanth wäre es da doch…«
»Da stellst du mir eine Frage, die genauso schwer zu beantworten ist wie die, die dich hierhergeführt hat«, meinte Humfrey mit trüber Miene. »Ich habe durchaus ein bißchen Patriotismus in mir, aber andererseits mische ich mich aus Prinzip nicht in den natürlichen Lauf der Dinge ein. Das Bild von der Affenpfote hat schon etwas Wahres an sich, die Magie hat ihren Preis. Ich schätze, wenn es absolut keine Alternative gäbe, dann würde ich die Krone wohl annehmen. Aber zuvor würde ich ziemlich eifrig nach einem größeren Magier suchen, der diese Tretmühle auf sich nehmen würde. Wir haben schon seit einer Generation kein überragendes Talent mehr gehabt. Langsam wird eins überfällig.« Er musterte Bink nachdenklich. »Es sieht so aus, als hinge solch eine Magie auch irgendwie mit dir zusammen, aber solange wir sie nicht bestimmen können, können wir sie auch nicht bezähmen. Deshalb bezweifle ich, daß du der Thronerbe sein könntest.«
Bink explodierte fast vor ungläubigem Lachen. »Ich? Da beleidigen Sie aber den Thron!«
»Nein, du hast Qualitäten, die für den Thron eine Ehre wären – wenn du nur ein definiertes und kontrollierbares magisches Talent hättest. Die Magierin hat wohl eine bessere Wahl getroffen, als sie wußte oder wollte. Doch es gibt ganz offensichtlich eine Gegenmagie, die dich bremst – obwohl ich nicht behaupten würde, daß derjenige, der diese Gegenmagie verhängt hat, nicht auch einen guten König abgäbe. Es ist wirklich sehr seltsam und aufregend.«
Bink war versucht von dem Gedanken, ein mächtiger Magier zu sein, König zu werden und über Xanth zu herrschen. Doch merkwürdigerweise stieß ihn der Gedanke schon
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