Chamäleon-Zauber
wirklich Probleme«, sagte Humfrey in einem Ton, als sei das lediglich von akademischem Interesse. Er zuckte mit den Schultern. »Ich würde die Frage ja beantworten, wenn ich könnte, aber ich kann eben nicht. Natürlich brauchst du für meine Bemühungen nichts zu bezahlen, weil ich ja nicht alles geleistet habe, was gefordert wurde. Ich gebe dir einen Brief mit. Vielleicht erlaubt dir der König ja doch noch, in Xanth zu bleiben. Ich meine zu wissen, daß die Bestimmungen verlangen, daß jeder Bürger im Besitz von magischen Kräften ist, nicht aber, daß er sie auch öffentlich unter Beweis stellt. Manchmal kann auf eine Vorführung verzichtet werden. Ich erinnere mich an einen jungen Mann, der nach Belieben die Farbe seines Urins verändern konnte. Da hat man sich auch mit einer eidesstattlichen Erklärung begnügt, anstatt eine öffentliche Vorführung zu verlangen.«
Das Scheitern schien den Magier erheblich milder gestimmt zu haben. Er servierte Bink ein leckeres Essen aus braunem Brot und Milch. Das stammte aus seiner eigenen Brotfruchtbaumplantage und seinem Rehfliegenstall. Beim Essen war er beinahe geschwätzig und gesellig. »Hier kommen so viele Leute her und verschwenden ihre Fragen«, vertraute er Bink an. »Der Trick liegt nicht unbedingt darin, die richtige Antwort zu finden, sondern die richtige Frage. Du bist die erste Herausforderung gewesen, die mir seit Jahren untergekommen ist. Die letzte war… laß mal überlegen… der Amarant. Da war so ein Bauer, der wissen wollte, wie er eine wirklich überragende Pflanze entwickeln konnte, die Gemüse und Getreide abgab, damit er seine Familie besser ernähren konnte und ein bißchen mehr vom Leben hatte. Ich habe den magischen Amarant für ihn aufgespürt, und jetzt hat er sich über ganz Xanth ausgebreitet und wahrscheinlich sogar noch weiter. Man kann daraus ein Brot machen, das sich vom echten so gut wie überhaupt nicht unterscheiden läßt.« Der Magier zog eine Schublade auf und holte einen besonderen Laib hervor. »Schau mal, der hat keinen Stengel. Er ist gebacken worden, nicht gewachsen.« Er brach ein Stück für Bink ab, der es dankbar entgegennahm. »Also, das war mal eine richtige Frage! Die Antwort hat dem ganzen Land Xanth gedient, nicht nur dem Individuum. Viel zu viele Wünsche sind von der Affenpfotenart…«
»Die Affenpfote!« rief Bink. »Als ich den magischen Spiegel befragt habe, da hat er mir…«
»Natürlich. Das Bild stammt aus einer Geschichte aus Mundania. Sie hielten sie für reine Erfindung, aber hier in Xanth gibt es solche Magie.«
»Aber was…?«
»Willst du doch noch einen Jahresdienst ableisten?«
»Ah, nö, dafür nicht.« Bink konzentrierte sich darauf, das neue Brot zu kauen. Es war härter als echtes Brot.
»Dann sage ich es dir kostenlos. Es bedeutet einfach eine Art von Magie, die dir mehr Unheil bringt als Gewinn, obwohl sie dir wortwörtlich das gibt, was du verlangt hast. Magie, ohne die man besser dran wäre.«
War Bink besser dran, sein Talent nicht zu kennen? Das hatte der Spiegel ihm offensichtlich sagen wollen. Und doch – wie konnte das Exil, das ihn dieses Talents gänzlich berauben würde, besser sein als das Wissen darum? »Kommen denn sehr viele Leute mit Fragen, ob dumme oder andere?«
»Seit ich dieses Schloß gebaut und versteckt habe, nicht mehr so viele. Nur die wirklich Entschlossenen gelangen noch hierher. So
wie du.«
»Wie haben Sie es gebaut?« Solange der Magier redete…
»Die Zentauren haben es gebaut. Ich habe ihnen gesagt, wie sie sich von einem Ungeziefer in ihrer Gegend befreien konnten, und da haben sie mir ein Jahr lang gedient. Es sind handwerklich hochbegabte Geschöpfe, und sie haben ganze Arbeit geleistet. Ab und zu mache ich die Wege hierher unbegehbar, verhänge
Verwirrungszauber und so, damit ich nicht von unernsthaften Gaffern belästigt werde. Ist schon eine gute Stelle.«
»Die Ungeheuer!« rief Bink. »Das Hippocampus, die Manticora – dann leisten die also auch einen Jahresdienst ab und halten Leute mit unwichtigen Fragen fern?«
»Natürlich. Hast du geglaubt, daß sie nur zu ihrem Vergnügen hier sind?«
Bink dachte darüber nach. Er erinnerte sich noch sehr gut an die unheilige Freude, mit der das Seepferd herumgetobt war. Aber trotzdem würde es wohl das offene Meer einem Schloßgraben vorziehen.
Er hatte sein Brot aufgegessen. Es war tatsächlich fast so gut gewesen wie echtes. »Mit Ihrem Wissen könnten Sie… da könnten Sie doch König
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