Champagner-Fonds
eines guten Bordeaux lässt sich einiges bewegen. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass ausgerechnet er diesen Bordeaux ausgesucht haben würde, und das steigerte seine Wut.
Langer, Goodhouse, Helena, die Justiz – das alles spielte sich in Köln ab, darauf hatte er keinen Einfluss mehr – erwar hier, er brauchte ein zuverlässiges, schnelles Auto, und das gab es nicht in Épernay, dazu musste er nach Reims. Aber bevor er sich hinfahren ließ, rief er Louise an. Zufällig musste sie in Épernay zur Bank, und sie trafen sich auf Philipps Drängen hin eine halbe Stunde später in einem Straßencafé an der Place de la République.
Sie wartete bereits dort und blickte ihm ernst entgegen. Sie stand auf, reichte ihm die Hand, und anders als bei ihren ersten Begegnungen ließ sie sich nur widerwillig auf die Wangen küssen. Bei einer so kühlen Begrüßung war nicht zu übersehen, dass sich etwas verändert hatte. Wusste Langer von seiner Verbindung zu ihr und hatte sie informiert?
»Ich erhielt gestern den Anruf einer Dame aus Deutschland, vielmehr aus Köln«, sagte sie spitz, nachdem man sich gesetzt hatte. »Eine alte Freundin, zu der ich jahrelang keinerlei Kontakt hatte, hat mir eine recht wirre Geschichte erzählt. Vielleicht bringen Sie ein wenig Klarheit in die Angelegenheit?«
Es hat so kommen müssen, dachte Philipp und war kurz davor, aufzustehen und sich ohne Erklärung zu verabschieden. Er war es satt, sich erklären zu müssen. Ihm war klar, um welche Freundin es sich handelte. Seine Situation verschärfte sich beinahe stündlich. Er musste hierbleiben, er durfte jetzt auf keinen Fall den Kopf verlieren. Zu viel stand auf dem Spiel.
Er hielt Louises Blick stand. »Ich freue mich sehr, Madame, dass ich Ihre Bekanntschaft gemacht habe. Ich halte Sie für eine sehr interessante, geschäftlich gewandte und persönlich sehr charmante Frau. Und Sie sind für guten Champagner verantwortlich. Daher war es mir wichtig, das Eis zwischen uns zu brechen.«
»Es gab kein Eis zwischen uns, der See friert erst jetzt zu, um Ihre Metapher fortzuführen, das Eis friert aufgrund Ihres Verhaltens.«
»Ich wollte Sie nicht mit der Information erschrecken,dass auch ich Helena Schilling kenne. Sie hat mir gegenüber ebenfalls etwas von der Familiengeschichte angedeutet, aber keine Namen genannt und sich in keiner Weise abfällig über Sie geäußert.«
»Dazu hat sie auch keine Veranlassung. Sie kennen Helena näher? Ich schließe das aus der Art, wie sie von Ihnen gesprochen hat, von Philipp!«
»Und was hat sie Ihnen außerdem erzählt?« Wenn Louise von ihm und Helena wusste und womöglich auch noch von dem Drama mit France-Import, war der Schutzraum, den er sich hier und insbesondere bei ihr versprochen hatte, nicht mehr zugänglich.
»Wenn Sie, Monsieur Achenbach, nicht wollen, dass der See gänzlich zufriert, erwarte ich erst einmal Ihre Geschichte. Sie haben mein Vertrauen missbraucht, nicht ich das Ihre.« Madame Louise war ehrlich gekränkt.
»Welches Vertrauen sollte ich missbraucht haben? Helena Schilling hat erst vor einigen Wochen bei France-Import angefangen, sie ist die Sekretärin meines ehemaligen Chefs ...«
»Ihres ehemaligen ...?«
»Dazu komme ich gleich. Sie lebt in Scheidung, ihre Töchter sind aus dem Haus, das Verhältnis zu ihnen ist gespannt. Die beiden jungen Damen werfen ihr genau das vor, was Helenas Mann Ihnen einst vorgeworfen hat, die Herkunft aus bäuerlichem Milieu. Es ist ein absurder Vorwurf.«
Louise lächelte zufrieden. »Davon hat sie nichts gesagt. Also rächt sich im Leben alles.«
»Schön wär’s«, knurrte Philipp.
»Wie meinen Sie das?«
Philipp kam nicht umhin, seine augenblickliche Situation vor ihr auszubreiten. Er sprach von Langers allmählicher Veränderung, die er erst jetzt richtig zu deuten meinte, von den geplanten Veränderungen in der Firma, vom Champagner-Fonds und seinem Auftrag, aus dem sich gefährlicheKonsequenzen ergaben. Als er auf die Entführung zu sprechen kam, war Louise das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, und sie kratzte nervös den Lack von ihren Fingernägeln, bis sie es bemerkte.
»Eine dumme Angewohnheit. Helena hat mir etwas aufgetragen, falls ich Sie treffen sollte ...«
»Wie kommt Sie darauf, dass wir ...?«
»... später. Sie hätte mit dem Diebstahl nichts zu tun, sie glaubt, dass man ihr den Schlüssel Ihres Hauses aus der Schreibtischschublade entwendet hat. Er sei verschwunden gewesen, sie hatte ihn bei
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