Champagner-Fonds
früher Spaziergänger von unten heraufsah, wurde ihm bewusst, dass er nackt am Fenster stand. Er wandte sich ab und trat unter die Dusche.
Zum Frühstück trafen sie sich wieder bei ihm und besprachen noch einmal das Vorgehen. Philipp war einigermaßen ruhig, die Nachtruhe hatte ihm gut getan. Dr. Anlahr war abends im Speisesaal gewesen, er hatte gesehen, dass Goodhouse dem Fisch ohne jeden Erstickungsanfall zugesprochen hatte.
Philipp nahm das Programm des ECF zur Hand. »Die Anleger frühstücken bis halb zehn, dann besichtigen sie ein Champagnerhaus, fahren ins Champagnermuseum nach Verzenay und werden gegen zwölf Uhr in Villers-Allerand sein. Zum Mittagessen sind sie im ›Relais de Sillery‹.« Ein Foto des Restaurants zeigte eine verglaste Terrasse über dem grün umrandeten Ufer des Flüsschens Vesle. Sillery lag fünf Kilometer vor Reims.
»Ich werde versuchen, Langer dazu zu bewegen, hier zu bleiben, damit wir uns mit ihm unterhalten können, ausführlich, versteht sich. Thomas, du verteilst die Zeitungen in den Bussen. Bei jedem zweiten oder dritten sollte die entsprechende Seite aufgeschlagen sein, also nicht zu auffällig. Auf ihrer Fahrt haben sie Zeit für Panik, und sie bringen das, was sie sehen, mit dem Verlust ihres Geldes in Verbindung. Sie werden Goodhouse löchern, und er wird nicht wissen, was er tun soll. Er nimmt sicher den eigenen Wagen, er wird also frühestens in der Kellerei mit den Vorwürfen konfrontiert.«
»Und wenn er sich vorher absetzt?«
»Dafür haben wir den jungen Bellier. Wo ist der Knabe eigentlich? Der wollte längst hier sein.«
Das Frühstück war vorbei, Philipp stand am Fenster, neben ihm Dr. Anlahr. Die ersten Anleger standen an den Bussen und schwatzten. Ehepaare, Männer und Frauen über fünfzig,auch einige allein reisende Herren gehörten dazu, den Champagnerführer unter dem Arm. Die Champagnerlaune des gestrigen Abends war verflogen. Sobald sie im Bus saßen, würden sie gierig nach den Zeitungen greifen, hinter denen man sich an einem solchen Morgen gut verstecken konnte.
Die Stimmung lockerte auf, als sich einige Mitreisende in die falschen Busse verirrt hatten. Eine junge Dame spielte die Reiseleiterin und dirigierte ihre Schäfchen. Die beiden Gorillas standen an Goodhouses Maybach, als Thomas mit Bart und schwarzem Anzug zwischen ihnen mit freundlichem
»Bonjour«
auftauchte, einen Packen Zeitungen unter dem Arm. Dann drehte er sich plötzlich um und verschwand. Hatte ihn etwa jemand erkannt, einer der Entführer?
Nein, es war Langer, der in dem Moment auf dem Schauplatz erschien, als die Busse anfuhren, in seinem Schlepptau kam Goodhouse. So ein gottverdammter Mist, dachte Philipp wütend. Während Goodhouse einstieg, schien er einen heftigen Streit mit Langer auszufechten, ein Wort gab das andere, feindlich standen sie sich gegenüber, bis Goodhouse ihn zurück ins Hotel schickte.
Thomas trat aufgeregt ins Zimmer. »Papa, ich habe den Plan geändert.«
»Ich dachte, du hast dich Langers wegen verdrückt. Das war richtig.«
»Nein, das auch, ja, aber mir fiel ein, dass wir die Zeitungen erst verteilen dürfen, kurz bevor sie die Kellerei in Villers-Allerand besichtigen, am besten erst vor der Fahrt vom Museum in Verzenay zur Kellerei. Dann haben sie auf der Fahrt was zu lesen und kommen richtig aufgeheizt dort an. Wenn der Krach zu früh losgeht, verpisst sich ... äh verschwindet Goodhouse womöglich.«
»Stimmt, das ist wirklich besser.« Philipp seufzte und gab sich einen Ruck. »Dann ist Langer jetzt dran. Ich geh ihn holen.«
20
Philipp trat auf den Flur. Er vergewisserte sich, dass die Zimmermädchen noch nicht zum Bettenmachen ausgeschwärmt waren, und ging zur Halle. Langer kam durch die Glastür, wandte sich nach rechts und eilte die wenigen Stufen zum Hochparterre hinauf. Philipp glaubte, dass er zu seinem Zimmer in den ersten Stock wollte, und lief hinter ihm her. Der weiche Teppich in dem langen Flur machte seine Schritte unhörbar. Bevor Langer die Treppe erreichte, hatte Philipp aufgeholt, und mit viel zu viel Wut stieß er ihm das leere Blechröhrchen einer Zigarrenhülle in den Rücken. Langer stieß einen Schrei aus und ging vor Schreck oder Schmerz in die Knie. Philipp wusste, dass er jetzt absolut überzeugend klang. Langer musste glauben, dass dieses Ding in seinem Rücken eine Pistole war.
»Ich drücke ab, Langer, verlass dich darauf!« Philipp kniete über ihm, sein Mund war direkt hinter Langers Ohr. »Du
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