Champagner-Fonds
Früchte meistens deutlicher hervortrat.
Vom Champagner wanderten Philipps Gedanken zu Helena. Die Zeit mit ihr war gespenstisch schnell verstrichen, in ihrem Gespräch war nicht eine einzige peinliche Pause entstanden, und als sie sich getrennt hatten, war er ziemlich verwirrt. Ob sie die Freundin sein könnte, von der Thomas sprach? Es war ein Gedanke, mit dem er sich anfreunden konnte. Er hob sein Glas.
»Du kannst mir helfen«, sagte er, um ihn und sich selbst abzulenken, »hilf mir mit deinen BW L-Kenntnissen .«
Während sie tranken und der Fisch garte, berichtete er von Langers Ideen.
»Ich kenne mich mit Kapitalanlagen wenig aus, und Beratern traut man besser nicht, die verkaufen, woran ihre Bank am meisten verdient. Bei deren Renditeberechnungen blicke ich gar nicht mehr durch. Ich habe bisher kaum was verloren, aber nur, weil ich sehr vorsichtig bin.«
»Stimmt, du spielst nicht einmal Lotto.«
»Dann ist da unser Haus, das ist so gut wie schuldenfrei. Und ich dachte, du könntest mir helfen.«
»Ich soll dir helfen? Wie stellst du dir das vor?«
»Indem du dich über Fonds informierst, wie man so wasauflegt, wie und wer sie prüft, worin die Unterschiede zwischen einem offenen und einem geschlossenen Fonds bestehen, wie man ihre Renditen errechnet und so weiter – und ob das im Ausland anders gehandhabt wird.« Philipp erinnerte sich daran, dass Langer von anderen europäischen Ländern gesprochen hatte. »Was hältst du davon? Ich komme nicht dazu, ich muss mich um die praktische Seite kümmern.«
Thomas ging auf Abstand. »Ist das dein Versuch, mich weiter an die Uni zu binden?«
Der Junge war nicht dumm, aber Philipp ging nicht auf seinen Einwand ein. »Ich muss mir überlegen, ob es sinnvoll ist, für diese Leute zu arbeiten, und ob wir damit Geld verdienen können, die Logistik im Hintergrund zu übernehmen, die Auswahl der Marken, den Einkauf von Champagner und seinen Transport, die Lagerhaltung, Versicherung, den Verkauf ...«
»Weshalb will Langer das?« Thomas konnte Langer gut leiden, er war immer freundlich und aufmerksam gewesen, sowohl in der Firma wie auch hier in langen Sommernächten auf ihrer Terrasse. Zu Weihnachten bekam nicht nur sein Vater ein Geschenk, und zur Abiturfeier hatte Langer sämtliche Getränke spendiert. Nur war seit damals der Kontakt ziemlich abgekühlt.
Was Langer mit der Arbeit für den Fonds wirklich bezweckte, hätte Philipp auch gern gewusst. »Was er mit seinem Geld macht, ist mir egal, aber wenn er mit unserem Firmenvermögen spekuliert und es in irgendwelchen obskuren Fonds verzockt, hätte ich ziemlich viel dagegen. Ich muss vorbereitet sein. Ich muss wissen, was er will, und wenn noch nichts läuft, muss ich zumindest wissen, was er plant.«
»Hast du eben ›unser Geld‹ gesagt? Es ist nicht euer Geld, es ist sein Geld, Langer kann damit machen, was er will.«
»Du Klugscheißer.« Philipp ärgerte sich, und er wurdescharf. »In den letzten zehn Jahren habe ich dieses Geld mit erarbeitet, zusammen mit einigen anderen, die noch länger bei France-Import arbeiten. Da hängen immerhin die Jobs von dreißig Leuten dran und ihre Familien.«
»Auch dann bleibt es seine Kohle. Da ändert ihr gar nichts.«
»Schon mal was von Mitbestimmung gehört?«
»Ja. In dem Gesetz steht davon nichts drin. Du verwechselst das mit Sozialismus. Wir leben im Kapitalismus, das heißt, dass alle arbeiten und den Mehrwert produzieren, den sich dann wenige aneignen.«
»Das Karl-Marx-Seminar ist anscheinend nicht ausgefallen. In unserem Grundgesetz steht auch, dass Eigentum dem Gemeinwohl verpflichtet ...«
»Papa, du bist rettungslos altmodisch. Da stehen viele schöne Worte drin, aber danach fragt heute kein Mensch mehr.«
»Denkst du so oder deine Dozenten?«
»Letztere. Genau deshalb will ich da weg, was Vernünftiges lernen, jedenfalls nicht, wie man andere verscheißert.«
»In der Weinwelt wird auch betrogen ...«
»Du hast den Wechsel nie bereut und sagst immer, dass die Leute in deiner Branche anders sind.«
»Das stimmt. Sie sind netter, der Umgang untereinander ist freundlicher, es geht um Genuss, um Lebensfreude ...«
»... Wein ist eine Ware wie jede andere auch«, unterbrach ihn Thomas. »In einem Prosecco für 1,99 Euro ist kein bisschen Lebensfreude und kaum Prosecco mehr drin, nur Kohlensäure, Zucker, Aromastoffe, Kunsthefen, Schwefel ...«
»Du hast recht, je größer die Firmen sind, desto härter ist auch da der
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