Champagner und Stilettos
bei einem trauten Gespräch am Rand des roten Teppichs erspäht und verstand beim besten Willen nicht, wieso die süße kleine Taylor sich mit Kanye – »dieser totalen Pappnase!« – abgab. Ihre Freundin wollte wissen, wer denn nun besser aussähe, Taylor oder Miley, die sich in nahezu identischen schwarzen Kleidern präsentierten (die Meinungen waren geteilt, wie auch in der nächsten Frage, nämlich nach dem schärfsten Typen des heutigen Abends – die eine war für Jay-Z, die andere für Josh Duhamel). Die eine fragte sich, wer wohl an dem Abend auf Jennifer Hudsons Sohn aufpasste, die andere wunderte sich, was Kate Beckinsale hier eigentlich zu suchen hatte, wo doch weder sie noch ihr Mann irgendwie im Musikgeschäft tätig waren. Es war genau die Sorte müßiges Geschwätz, dem Nola und sie sich auf der Damentoilette hingegeben hätten, und Brooke fand es erstaunlich tröstlich. Bis die Damen das nächste Thema anschnitten.
»Und, hast du schon die Bilder von Julian Alter gesehen?«, fragte die mit der nervigen Stimme ihre Freundin.
»Nein, sind sie echt so übel?«
»Geh mir weg, hey. Die Tussi reibt sich an ihm wie bescheuert. Auf dem einem Bild sieht’s so aus, als hätten sie unter ihrem Rock vollen Sex.«
»Wer ist sie denn? Weiß man das schon?«
»Irgendeine Null. Nicht aus der Szene. Bloß so ein Partygirl, das im Chateau einen draufmachen will.«
Zum gefühlt tausendsten Mal an diesem Abend blieb Brooke der Atem weg. In dem Vorraum war der Teufel los – ständig kamen Frauen rein und raus, wuschen sich die Hände, richteten völlig unnötigerweise ihre perfekten Frisuren und frischten ihre ebenfalls absolut perfekte Lippenbemalung auf –, doch sie hatte nur Ohren für diese zwei Stimmen. Es war eine blöde Idee, aber die Neugier war stärker als sie. Nachdem sie sich nochmals vergewissert hatte, dass die Kabinentür verriegelt war, spähte sie durch den Spalt bei den Scharnieren hinaus. Am Waschbecken standen zwei Frauen, beide geschätzt Mitte bis Ende zwanzig, vermutlich Starlets, auch wenn sie ihr nicht bekannt vorkamen.
»Was hat er sich eigentlich dabei gedacht, so was im Chateau abzuziehen? Ich meine, wenn du schon unbedingt deine Frau betrügen musst, solltest du dann nicht wenigstens versuchen , es diskret anzugehen?«
Die andere lachte spöttisch. »Ach, ich bitte dich. Als ob es eine Rolle spielte, wo man es macht! Erwischt werden sie ja doch immer. Guck dir Tiger an! Männer sind einfach so was von dämlich.«
Das brachte nun die andere zum Lachen. »Julian Alter ist nicht Tiger Woods, und glaub mir, seine Frau ist kein schwedisches Supermodel.«
Brooke wusste sehr wohl, dass sie kein schwedisches Supermodel war, aber das musste sie sich von anderen nicht sagen lassen. Sie wünschte sich verzweifelt weg, doch die Aussicht, sich wieder zu Julian und Leo zu gesellen, war ziemlich genauso grauenhaft wie die, hier weiter die Lauscherin an der Klokabinenwand zu spielen. Die Frau mit dem zu kurzen, topmodischen Pony zündete sich eine Zigarette an.
»Glaubst du, sie verlässt ihn?«, fragte sie ihre Freundin mit der Kreischeulenstimme.
Die schnaubte. »Ich glaub nicht, dass die irgendwohin geht … ohne Erlaubnis von ihm.«
»Was ist sie eigentlich, Lehrerin oder was?«
»Krankenschwester, glaube ich.«
»Kannst du dir das vorstellen? Da bist du grade eben noch ein völlig normaler Durchschnittsmensch, und auf einmal ist dein Mann ein Superstar.«
Die Kreischeule lachte sich halb kaputt. »Bei Martin sehe ich keine Gefahr, dass er ein Super-irgendwas wird. Den Part muss dann wohl ich übernehmen.«
Das Ponymädchen pustete einen letzten Rauchring in die Luft und drückte die Zigarette im Waschbecken aus. »Mit denen geht’s den Bach runter«, verkündete sie mit der Abgeklärtheit einer lebenserfahrenen Frau. »Sie ist eine nette graue Maus, und er ist ein Gott. Götter und Krankenschwestern passen nicht zusammen.«
Ernährungsberaterin! , hätte sie am liebsten gebrüllt. Krieg wenigstens das auf die Reihe, du Schnepfe, wenn du schon meine Ehe vierteilst und meinen Ruf ruinierst!
Die beiden führten behutsam je einen Kaugummi zum frisch glänzenden Mund, ließen die Handtaschen zuschnappen und gingen ohne ein weiteres Wort hinaus. Vor lauter Erleichterung bemerkte Brooke, als sie endlich aus der Kabine trat, nicht einmal die Frau, die mit dem Rücken zum Spiegel am äußersten Ende des Waschbeckens lehnte und etwas in ihr Handy tippte.
»Verzeihen Sie, wenn ich Sie
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