Champagner und Stilettos
überhaupt will. Es war schon vorher schwer genug, und wenn dann auch noch so was passiert … und man weiß, dass es immer wieder passieren wird …«
»Du bist die Liebe meines Lebens, Brooke. Und meine beste Freundin. Du musst nirgendwo reinpassen – du bist das große Ganze.«
»Nein.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Wange. »Das war einmal.«
Er wirkte mit einem Mal völlig ausgelaugt. »Es wird nicht immer so weitergehen.«
»Doch, natürlich wird es das, Julian! Wann soll es denn aufhören? Beim zweiten Album? Beim dritten? Was ist, wenn sie anfangen, dich auf Welttourneen zu schicken? Da bist du monatelang unterwegs. Was machen wir dann?«
Nun wurde ihm der Ernst der Lage offenbar erst richtig bewusst. Auch er schien den Tränen nahe.
»Es haut einfach nicht hin.« Sie lächelte matt und wischte noch eine Träne fort. »Leute wie du heiraten keine Leute wie mich.«
»Was soll das heißen?« Er sah sie bestürzt an.
»Das weißt du ganz genau, Julian. Du bist jetzt ein Star. Und ich bin ein ganz normaler Mensch.«
Sie saßen da und sahen einander an. Zehn Sekunden. Dreißig Sekunden. Eine Minute. Es gab nichts mehr zu sagen.
Als es anderthalb Wochen später samstagmorgens um zehn an der Haustür klopfte, nahm Brooke an, es sei der Hausmeister, der endlich dem verstopften Abfluss in der Dusche mit der Spirale zu Leibe rücken wollte. Sie besah sich ihre verwaschene, fleckige Trainingshose und das löchrige T-Shirt und beschloss, dass Mr. Finley damit würde leben müssen. Immerhin pappte sie sich noch so was wie ein Lächeln ins Gesicht, bevor sie die Tür öffnete.
»Großer Gott«, entfuhr es Nola. Entgeistert betrachtete sie Brooke von Kopf bis Fuß, schnüffelte einmal in die Diele hinein und verzog das Gesicht. »Da kommt einem ja das Frühstück wieder hoch.«
Sie selbst sah traumhaft aus, wie immer: hochhackige Stiefel, dunkle Röhrenjeans, eng anliegender Kaschmirrolli und darüber ein teurer Daunenmantel, in dem sie gertenschlank und schick wirkte, nicht etwa wie jemand in einem Antarktis-tauglichen Schlafsack. Die Kälte hatte ihre Wangen gerötet, ihre blonden Locken waren vom Wind zerzaust und unwiderstehlich sexy.
»Bäh, musst du unbedingt in so einem Aufzug hier aufkreuzen?«, fragte Brooke, nachdem sie ihrerseits die Scheitel-bis-Sohle-Musterung vorgenommen hatte. »Und wie bist du überhaupt ins Haus gekommen?«
Nola drängte sich an ihr vorbei, schälte sich aus ihrem Mantel und nahm auf der Wohnzimmercouch Platz. Mit angewiderter Miene und spitzen Fingern schob sie eine offenbar seit Tagen auf dem Tischchen stehende Müslischüssel beiseite. »Ich hab noch immer den Ersatzschlüssel von damals, als ich auf Walter aufgepasst habe. Allmächtiger, das ist ja noch schlimmer, als ich dachte.«
»Nola, bitte, spar dir die Spucke.« Brooke goss sich ein Glas Orangensaft ein und kippte es auf ex hinunter, ohne ihrer Freundin auch etwas anzubieten. »Vielleicht gehst du lieber gleich wieder.«
Nola schnaubte. »Tät ich gerne, das kannst du mir glauben. Aber ist nicht. Wenn hier wer die Wohnung verlässt, dann du und ich, und zwar zusammen.«
»Vergiss es. Nicht mit mir.« Brooke band sich ihre fettigen Strähnen zum Pferdeschwanz und setzte sich gegenüber der Couch in den kleinen Sessel, den Julian und sie auf einem Trödelmarkt in der Lower East Side gekauft hatten, weil Julian meinte, der preiselbeerrote Samt hätte Ähnlichkeit mit Brookes Haarfarbe.
»O doch. Hör zu, ich hab nicht damit gerechnet, dass es so übel aussieht. Ich muss noch ein paar Stunden ins Büro« – Nola sah auf ihre Armbanduhr – »aber um drei bin ich wieder da, und dann gehen wir essen.« Brookes Protest erstickte sie im Keim. »Als Erstes machst du Klarschiff in dieser Müllhalde. Als Zweites bringst du dich auf Vordermann. So wie du aussiehst, gewinnst du jede Castingshow für die deprimierteste Sitzengelassene aller Zeiten.«
»Danke.«
Nola hob mit Pinzettengriff einen leeren Häagen-Dazs-Becher auf und hielt ihn Brooke mit einem vernichtenden Blick hin. »Reiß dich am Riemen, okay? Halt dich an die Anweisungen und sieh zu, dass du fertig bist, wenn ich wiederkomme. Falls du auch nur erwägst zu kneifen, bist du die längste Zeit meine Freundin gewesen.«
»Nola …« Alles Quengeln nützte nichts.
Nola war schon wieder bei der Wohnungstür. »Ich komme zurück. Und ich nehme den Schlüssel hier mit, also denk dran, Weglaufen oder Verstecken ist sinnlos.« Und damit war sie
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