Champagner und Stilettos
draußen.
Nachdem sie von Rhonda zu der Auszeit verdonnert worden war und die grauenvolle Aussprache mit Julian irgendwie überstanden hatte, war Brooke ins Bett gekrochen und nur herausgekrabbelt, wenn es gar nicht anders ging. Sie zog die volle Nummer ab – las alte Ausgaben der Cosmo , vertilgte eimerweise Eiscreme, gab sich eine Flasche Weißwein pro Abend und immer wieder alle drei Staffeln von Private Practice auf ihrem Laptop – und fand es komischerweise gar nicht mal so schlecht. So hemmungslos gefaulenzt und sich verhätschelt hatte sie zuletzt in ihrem ersten Semester am College, als sie die kompletten fünf Wochen Winterferien mit Pfeifferschem Drüsenfieber im Bett gelegen hatte. Aber Nola hatte recht, es war höchste Zeit, sich aufzurappeln, und außerdem konnte sie sich langsam selbst nicht mehr riechen. Also los.
Sie widerstand der Versuchung, sich wieder unter die Decke zu kuscheln, warf sich in Turnschuhe und ihre alte Jogginghose aus Fleece und machte einen Dreimeilenlauf am Hudson entlang. Für Februar war es ungewöhnlich warm; die grauen Matschreste des Schneesturms von der Vorwoche waren komplett geschmolzen. Frisch belebt und stolz auf ihren Kampf gegen den inneren Schweinehund gönnte sie sich eine lange, knallheiße Dusche, ließ das Haar an der Luft trocknen und las dabei gemütlich im Bett ein paar Kapitel in ihrem Buch weiter, dann bereitete sie sich eine gesunde Zwischenmahlzeit zu: eine Schüssel Obstsalat mit einem Klacks Hüttenkäse und einem getoasteten Vollkornbrötchen. Nun erst fühlte sie sich einigermaßen gerüstet, um es mit der Wohnung aufzunehmen.
Der Vorfrühjahrsputz dauerte drei Stunden und wirkte wahre Wunder für Brookes Gemütszustand. Zum ersten Mal seit Monaten bearbeitete sie Fußböden, Arbeitsflächen und Badezimmer mit Wischlappen, Staubsauger und Schrubber. Sie legte sämtliche Kleidungsstücke in ihrer Kommode neu zusammen (und ließ die von Julian links liegen), mistete alte und nie getragene Sachen aus ihrem gemeinsamen Kleiderschrank aus, schaffte im Flurgarderobenschrank und im Wohnzimmerschreibtisch Ordnung und erledigte schließlich noch, was schon seit ewiger Zeit anstand: die Druckerpatrone wechseln, bei der Telefonfirma wegen der falschen Abrechnung anrufen und sich selbst einen Zettel zur Erinnerung schreiben, dass sie dringend einige Arzttermine ausmachen musste – die Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt, ein Zahncheck für Julian und sie, und für Walter war ein Impftermin fällig.
Die Effizienz und Organisation in Person, riss sie mit strahlendem Lächeln die Tür auf, als es um Punkt drei klopfte.
»Wow«, sagte Nola. »Du siehst ja direkt wieder wie ein Mensch aus. Ist das Lippenstift?«
Brooke nickte, hochzufrieden mit der Reaktion, und sah müßig zu, während ihre Freundin die Wohnung inspizierte.
»Respekt!« Nola stieß einen Pfiff aus. »Ich muss sagen, allzu große Hoffnungen hatte ich nicht in dich gesetzt. Schön, dass ich mich geirrt habe.« Sie nahm eine kurze schwarze Winterjacke aus dem Flurschrank und gab sie Brooke. »Komm, jetzt zeigen wir dir, wie es in der großen weiten Welt aussieht.«
Brooke ließ sich von ihr auf die Straße, auf den Rücksitz eines Taxis und schließlich auf eine gepolsterte Sitzbank im Cookshop, einem ihrer Lieblingstreffs zum Brunchen in West Chelsea, lotsen. Nola bestellte zwei Tassen Kaffee und zwei Bloody Marys und bestand darauf, dass Brooke die Klappe hielt, bis sie von beidem drei Schlucke getrunken hatte. Brooke tat wie geheißen. »Na also«, sagte Nola sanft. »Da fühlt man sich doch gleich besser, oder?«
»Ja«, sagte Brooke und hatte auf einmal wieder einen Kloß im Hals. Die Heulerei hielt mit kleinen Unterbrechungen nun schon eine gute Woche an, und alles – oder nichts – konnte sie in Gang setzen. Aktuell war es der Anblick eines Pärchens in etwa ihrem Alter, das sich eine Portion Arme Ritter teilte und zum Spaß mit Messer und Gabel um jeden Bissen focht. Die beiden brachen in Gelächter aus und wechselten dann jenen Blick, der besagte, dass nichts und niemand sonst auf der Welt existierte. Der Blick, mit dem Julian jetzt fremde Frauen in Hotelzimmern ansah.
Und da war es wieder. Das Fantasiebild von Julian und Janelle, nackt und eng umschlungen, bei einem leidenschaftlichen Kuss. Julian, der sacht an der Unterlippe des Mädchens saugte, genauso wie er es bei –
»Alles okay?« Nola legte die Hand auf ihre.
Sie versuchte die Tränen zurückzuhalten. Vergebliche
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