Champagnerkuesschen
verschwörerisch zu.
Ich liebe Haralds neuen Freund schon jetzt, so viel ist sicher!
„Und ihr beiden seid jetzt ...?“
„Wir sind offiziell ein Paar!“, unterbricht Harald und wiehert.
„Das ging aber schnell“, sagt Moralapostel-Katja.
„Ja, weißt du, Liebelein, als ich Wolfgang das erste Mal gesehen habe, war mir sofort klar, dass ich mich in seine heilenden Hände begeben möchte.“ Er wirft Wolfgang einen bedeutungsvollen Blick zu. „Es war einfach ... Magie!“ Harald macht eine ausladende Handbewegung und kichert. So fröhlich habe ich Harald noch nie erlebt – höchstens, wenn er betrunken war.
„Und ich wusste sofort, dass ich auf diesen Mann aufpassen muss“, erklärt Wolfgang. Aha! Der Mann hat definitiv ein Helfersyndrom und Nerven wie Drahtseile. Anders kann ich mir seine Gelassenheit in Haralds Nähe nicht erklären.
„Schätzelein, bitte kann sie das Fenster wieder schließen! Oder will sie, dass ich mir einen Zug hole?“ Harald wedelt hektisch mit seinen Händen in der Luft.
Wolfgang lächelt milde. „So schnell geht das nicht, mein Lieber.“ Er schlingt seinen Arm um Harald (was bei Haralds Leibesfülle gar nicht so einfach zu bewerkstelligen ist). „Außerdem bin ich doch bei dir, da brauchst du dir keine Sorgen machen.“
Harald wird rot. Wie süüüß! Ich habe das Gefühl, mitten in einem dieser deutschen Kitschfilme zu stehen. Warum lebe ich nicht in so einem Film? Warum schenkt mir mein Freund Ohrringe und keinen Ring? Was mache ich falsch?
„Wenn das kein Grund zum Feiern ist.“ Katja öffnet mit wenigen Handgriffen die Flasche Holunderküsschen . Der Korken knallt gegen die Decke.
„Hoppala!“ Harald klatscht begeistert in die Hände. Ich hole die Gläser aus dem Regal und stelle sie auf den Tisch.
„Endlich wird mal wieder gefeiert“, frohlocke ich. „Mit richtigem Alkohol und nicht dieser Plörre, die wir das letzte Mal getrunken haben.“
„Ausnahmsweise, schließlich müssen wir das junge Glück gebührend feiern. Ab morgen wird wieder streng auf dein Gewicht und die Ernährung geachtet“, setzt mich Katja auf den Topf.
„Ist ja schon gut. Man wird sich doch einfach mal freuen dürfen“, murmele ich.
„Los, Gläser her!“, fordert Katja, wieder ganz die Alte. „Lasst uns auf das junge Glück trinken.“
„Auf das junge Glück“, nicke ich und nehme einen tiefen Schluck.
Andreas Neumann. Andreas Neumann. Andreas Neumann. Schon den ganzen Tag tanzt der Name in meinem Kopf Samba. Gott sei Dank! Noch drei Stunden und ich habe Büroschluss. Ich brauche unbedingt eine Pause, sonst drehe ich noch durch. Ob das an Andreas Neumann und unserem bevorstehenden Treffen oder an meiner mittlerweile chronischen Unterzuckerung liegt, vermag ich nicht zu sagen. Mein ganzer Körper lechzt nach Schokolade!
Ich schnappe mir ein Tablett und reihe mich in die Schlange der Wartenden ein. Die Cafeteria ist ein beliebter Treffpunkt im Verlag. Die Wände sind weiß, die Möbel sind modern, alles ist in einem rustikalen Stil gehalten. Es gibt sogar einen Innenhof, wo man bei schönem Wetter draußen sitzen kann. Außerdem bieten sie hier richtigen, frisch gemahlenen Kaffee an. Ich schnappe mir einen Becher und stelle ihn unter die Düse. Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter. Erschreckt drehe ich meinen Kopf zur Seite.
„Hallo Julia.“ Bennis braune Augen ruhen auf mir. Mein Herz galoppiert sofort los und mein schlechtes Gewissen meldet sich zu Wort.
„Äh ... hallo Benni.“ Okay, ganz ruhig! Kein Grund zur Panik! Du triffst dich nur auf ein Glas Wein mit Andreas Neumann. Nichts Großes!
„Darf ich mich zu dir setzen?“ Diese Stimme. Ich mochte Bennis Stimme vom ersten Moment an. Wenn Benni redet, klingt es immer wie eine versteckte Einladung zum Sex.
„Bitte.“ Wir nehmen auf einer leeren Bank Platz. Ich sehe, wie zwei Frauen mittleren Alters miteinander tuscheln, den Blick auf uns gerichtet. Wahrscheinlich zwei Sekretärinnen aus der Verwaltung, die sich gerade die Mäuler über uns zerreißen.
„Wie geht es dir?“
„Gut.“ Die dickere der beiden Frauen deutet auf mich. Ich strecke die Zunge raus. Die Frau sieht empört zur Seite.
„Was machst du da?“ Benni sieht mich erstaunt an.
„Was meinst du?“, frage ich unschuldig.
„Warum hast du den beiden die Zunge rausgestreckt?“
„Ach nichts. Das sind nur zwei Schreckschrauben aus der Verwaltung, die uns die ganze Zeit beobachtet haben.“
Benni zieht die Augenbrauen
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