Champagnerkuesschen
Minnesänger in der Flugzeugküche hingekniet und diesen armen Steward besungen. So lange, bis der Kapitän dir gedroht hat, dich nach der Landung von der Polizei abholen zu lassen.“ Sie lacht. Wenn Gertrud Waltraut Vögler lacht, klingt das wie Dolly Parton, die eines ihrer Liedchen trällert, und hat auch den gleichen Effekt: Man muss unwillkürlich mitlachen.
Harald spitzt die Lippen. „Ich bin mir sicher, er hätte mir seine Nummer gegeben, wenn diese Spaßbremse von Kapitän nicht gekommen wäre.“
„Hallo, hier geht es um meine Zukunft“, unterbreche ich die beiden. „Also bitte, Fokus!“
„Fassen wir den Tatbestand doch einfach noch einmal zusammen ...“, ergreift Katja das Zepter. „Benni hat dir Ohrringe statt eines Verlobungsringes geschenkt und dir verkündet, dass er ein zweites Verlagshaus in München aufbauen wird.“
Ich nicke. Mutter Vögler grinst. Harald zupft an den Härchen an seinem Finger herum. Robin kämmt meine nassen Haare.
„.. des Weiteren habt ihr euch in der Cafeteria gestritten.“
Ich will mich gerade verteidigen, dass es nicht meine Schuld gewesen sei, aber da wirft mir Katja ihren berühmten Super Nanny -Blick zu, und sofort fühle ich mich schuldig und schließe meinen Mund, bevor ich etwas sagen kann.
„Okay, und dann hast du dich mit Andreas Neumann verabredet, um ihm zu sagen, dass du keinen Starglamour hast und somit völlig ungeeignet für ihn als Frau bist. Um ihn restlos davon zu überzeugen, hast du ihn zum Abschied geküsst.“ Sie macht eine bedeutungsvolle Pause. Alle Blicke haften auf mir. Ich sinke immer tiefer in meinen Stuhl.
„Er hat mich geküsst“, verteidige ich mich. „Und außerdem habe ich dir das mit dem Kuss im Vertrauen erzählt. Verräterin! Und so etwas nennt sich Freundin.“ Ich schnappe mir mein Glas und trinke es in einem Zug leer.
„Du hast dich küssen lassen“, kontert Katja.
„Trotzdem wollten wir eigentlich über mein Jobangebot und nicht über mein verkorkstes Liebesleben reden“, versuche ich, vom Thema abzulenken.
„Liebelein, so hätte ich sie gar nicht eingeschätzt“, sagt Harald. „So ein leichtes Vögelchen.“
Gertrud Waltraud Vögler sagt nichts, wofür ich ihr außerordentlich dankbar bin.
„Um die ganze Tragweite deiner persönliche Lage einschätzen zu können, müssen alle auf dem gleichen Stand sein“, sagt Katja.
Ich rutsche vor Scham fast vom Stuhl.
„Ich war betrunken, und dieser Neumann ist Profi! Der weiß, wie man Frauen wie mich gefügig macht. Harald, du hast selbst gesagt, dass Andreas der Wahnsinnsmann ist.“
Jetzt ist es Harald, der mir einen vorwurfsvollen Blick schenkt.
„Okay, okay, weiter so. Schlimmer kann es eh nicht mehr werden“, gebe ich nach.
„Doch wird es: Denn zur Krönung deiner ganzen, ohnehin schon verfahrenen Situation hast du deiner Chefin zugesagt, dass du die frei werdende Stelle als Reisejournalistin annimmst und das, obwohl du genau weißt, dass du Flugangst hast und auch ein Schiff nur zu sehen brauchst, um dich zu übergeben.“ Katja verschränkt die Arme vor der Brust.
„Wenn man dich so hört, bekommt man es richtig mit der Angst zu tun“, murmele ich. „Bist du bei der Arbeit auch so ein Monster?“
„Allerdings. Ich arbeite nur mit Männern zusammen, da wird man so.“
Gertrud Waltraut Vögler, die bis jetzt geschwiegen hat, steht von ihrem Stuhl auf. „Meine Liebe, wenn ich dir einen Rat geben darf. Nicht der Ring am Finger ist entscheidend, sondern der Mann, der dahintersteht. Ich habe in meinem Leben viele Männer kennengelernt, aber wirklich geliebt habe ich nur einen. Manuels Vater war wirklich ein guter Mann, mit dem ich ein paar wunderbare Jahre verbracht habe, und der mir dieses wunderbare Kind geschenkt hat ...“ Sie wirft Harald einen Luftkuss zu. „... aber leider war uns nicht das Glück vergönnt, ein Leben miteinander zu verbringen.“
Ihre Augen schimmern feucht. Im Friseursalon herrscht absolute Stille.
„Als ich Dieter damals kennengelernt habe, war meine ganze Familie gegen ihn. Schließlich hatten sich meine Eltern, Gott hab sie selig, einen anständigen Mann für ihre Tochter gewünscht und nicht einen, der sein Geld mit Scheiße verdiente.“ Harald wiehert leise im Hintergrund.
„Meinen Eltern wäre mein damaliger Verehrer, Hans Palaschke, mit seinem Medizinstudium in der Tasche ein weitaus willkommenerer Schwiegersohn gewesen – aber ich habe mein Leben lang auf mein Herz gehört und diese Entscheidung
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