Champagnernaechte sind gefaehrlich
mitgekriegt. Und jetzt paß gut auf, denn an diesem Punkt meiner Geschichte hast du beim ersten Mal irgendwas durcheinandergebracht. Ich bin in Boulder. Susan ist nicht da. Sie kommt auch nicht. Sie fährt zum September-Canyon."
„Allein?"
„Ja."
„Um Himmels willen, wieso hast du ihr so was Verrücktes erlaubt?"
„Scott, ich glaube, jetzt hast du schon wieder irgendwas falsch verstanden. Susan, meine kleine Schwester - du erinnerst dich doch an sie?" fragte Cash und bekam einen wütenden Fluch als Antwort. „Okay, das dachte ich mir. Nun, sie ist achtzehn. Selbst wenn ich auf der Ranch wäre - wo ich nicht bin, du erinnerst dich? - hätte ich Susan nicht zurückhalten können. Sie mag meine kleine Schwester sein, aber sie ist kein Kind mehr und alt genug, um zu lassen, was ihr beliebt." Scott wollte etwas einwenden, kam aber nicht dazu. „Hast du's begriffen?" fügte sein Freund hinzu. „Susan ist nur in unseren Erinnerungen ein Schulmädchen, und es wäre unfair von uns, sie immer noch als solches zu betrachten. Nun, was sagst du dazu? ... Hallo? Bist du noch da oder vor Schreck umgefallen?"
„Der Teufel soll dich holen, Cash McQueen", entgegnete Scott nach einer längeren Pause.
„Damit kann er sich ruhig noch ein bißchen Zeit lassen. Und jetzt komme ich zum Grund meines Anrufs. Obwohl Susan kein Kind mehr ist, würde ich es doch vorziehen, wenn sie nicht allzu lange in dieser Wildnis allein bleiben müßte."
„Wann ist dein vermaledeiter Jeep wieder zu gebrauchen?"
„Ich muß ein Ersatzteil aus Los Angeles einfliegen lassen. Sobald ich's habe, brause ich los."
„Cash, verdammt.
„Ich wünsche dir eine angenehme Fahrt, Scott."
Eine volle Minute lang starrte Scott auf das Telefon. Die Leitung war längst tot. Schließlich knallte er den Hörer auf die Gabel und machte sich auf die Suche nach seinem Verwalter.
*
Susans kleiner Lieferwagen holperte durch eines der unzähligen ausgetrockneten Flußbetten, die sich quer über die Straße zogen. Als sie wieder einmal zu einer Kreuzung kam, wo die Abzweigung vielleicht zu einer Ranch oder auch nur ins Nirgendwo führte, trat sie auf die Bremse und studierte die Landkarte. Nur die gewundene Linie der Ranchstraße war eingezeichnet, keine einzige Nebenstrecke. Die Straße führte nach Südosten durch den National Forest, wo die Rocking M Weideland gepachtet hatte. Der Wald grenzte an Klippen, die von schmalen und breiteren Canyons durchbrochen wurden. Dazu gehörte auch der September-Canyon.
Mit einem kurzen Blick auf den Kompaß stellte Susan fest, daß sie immer noch die richtige Richtung einschlug. Sie stieg aus dem Lieferwagen, streckte sich und prüfte das Wetter. Man hatte vereinzelte Schauer für das Four Comer Country vorhergesagt. Gegen Abend sollte es dann in Strömen gießen. Vorerst zogen nur ein paar Wolken über den saphirblauen Himmel, in strahlendem Weiß oder düsterem Schieferblau, das bereits die Regenfälle ankündigte.
Die hohen Gipfel im Norden, die nur selten von Menschen bezwungen wurden, verschwanden schon in dichteren Wolken. Im Süden glitten Schatten über Canyons und Felsengrate. Einzelne Gewitterschauer bildeten dicke graue Säulen, am unteren Ende in der Erde verankert, am oberen von brodelnden weißen Schwaden begrenzt.
Susan bewunderte mehrere Regenbögen und sah erleichtert, daß sich die Gewitterherde noch nirgendwo zusammengeballt hatten, um sich gemeinsam auszuweinen. Sie war oft genug über Sandstraßen gefahren und wußte, wie unangenehm es war, bei Regen den zähflüssigen Schlamm zu durchpflügen. Und wenn die Räder des Lieferwagens in überfluteten Flußbetten versanken, konnte es gefährlich werden. Glücklicherweise mußte sie nur noch wenige Meilen bis zum Picture Wash zurücklegen. Von dort lag der Eingang des September-Canyons nur mehr drei Meilen entfernt. Selbst wenn sie gezwungen wäre, zu Fuß zu gehen, würde sie ihr Ziel noch vor dem Sonnenuntergang erreichen. Endlich war sie dem faszinierenden Canyon nahe, den sie schon seit Jahren sehen wollte. Sie stieg wieder in den Wagen, fuhr weiter und zog einen dünnen Staubschleier hinter sich her.
Die Staubwolke hinter Scotts etwas größerem Lieferwagen war keineswegs dünn, sondern von unzähligen winzigen Kieselsteinen durchsetzt. Er fuhr schnell, aber nicht leichtsinnig. Auf dieser Straße kannte er jede Wurzel, jedes Schlagloch, jeden Stein. Nahe der Ranch führte die Strecke zwischen Stacheldrahtzäunen dahin, die einzelne Weideflächen
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