Champagnernaechte sind gefaehrlich
Susan zu. „Und wenn dich irgendein Mann hier aufstöbert?"
„Dieses Problem ist im September-Canyon nicht so akut wie in der sogenannten Zivilisation. In den Städten werden so viele Frauen geschlagen oder vergewaltigt, oder sie erleiden ein noch schlimmeres Schicksal. Die Nähe anderer Menschen bedeutet keineswegs, daß eine Frau vor gewissen Männern sicher ist."
Die plötzliche Wachsamkeit in Susans Blick erinnerte Scott an das zitternde Mädchen, das er vor zwei Jahren in die Arme gerissen hatte. „Keine Bange", sagte er kühl, „ich werde dich nicht anrühren."
Stolz hob sie das Kinn. „Daran habe ich auch gar nicht gedacht."
„Einmal mußt du daran gedacht haben, weil du davongelaufen bist, wie von Furien gehetzt, und zwei Jahre nicht auf der Ranch warst."
Sie wandte sich ab und schaute wieder auf das Land. „Nicht aus Angst, sondern weil ich mich gedemütigt fühlte. Ich war naiv genug, zu glauben, ich hätte dir etwas zu bieten. Und du hast mir meine Dummheit unmißverständlich vor Augen geführt. Ich war schrecklich zerknirscht, aber du hattest völlig recht, das wußte ich, deshalb schämte ich mich so sehr."
Gequält biß er sich auf die Unterlippe. „Das habe ich bereut wie nichts anderes in meinem Leben", gestand er mit gepreßter Stimme.
Susan drehte sich zu ihm um, eine erstaunte Frage in den blaugrünen Augen, doch er betrachtete nicht sie, sondern den Himmel. „Es wird bald regnen", sagte er und setzte seinen Cowboyhut wieder auf. „Wir sollten ins Camp zurückgehen."
Ihre Gedanken überschlugen sich, als sie ihm folgte. Sie sprachen nicht viel, während sie das Abendessen kochten, und noch weniger beim Geschirrspülen. Susan füllte zwei Becher mit Kaffee, und Scott legte noch etwas Holz ins Lagerfeuer, um den Tanz der Flammen zu beschleunigen. Sie reichte ihm einen Becher, und er bedankte sich, indem er ihr kurz zunickte. Dann kehrte er ihr den Rücken und starrte in den Canyon.
8.KAPITEL
Das letzte rötliche Licht am Himmel war erloschen und hatte ein leuchtendes Indigoblau zurückgelassen. Vereinzelte Wolken zogen da hin und fanden zu anderen in langsamen Umarmungen. In der Dunkelheit begannen sich winzige Regentropfen zu verdichten.
Kein Blitz durchzuckte den Abend, kein Donner grollte, nur der sanfte Regen erfüllte die Luft und tränkte das zerklüftete Land. Allmählich erwachte die gewaltige Stille zum Leben, bewegt vom Wispern und Seufzen und Murmeln kleiner Wasserfälle, die über massive Klippen rannen.
Susan saß mit gekreuzten Beinen am Lagerfeuer und schaute zu Scott hinüber. Sein gelber Regenmantel lag unter den schützenden überhängenden Felsen. Die hochsteigenden und wieder hinabsinkenden Flammen warfen einen flackernden Schein auf sein Hemd mit dem offenen Kragen, die abgetragenen Jeans und die Stiefel. Der Blechbecher in seiner Hand schimmerte wie Quecksilber.
Scott erinnerte sie an das Land, beharrlich und stark, voll unerwarteter Schönheit und tiefem Schweigen.
Er bemerkte ihren forschenden Blick nicht, denn er stand mit dem Rücken zum Feuer und beobachtete die glitzernden Regenschleier. Hin und wieder nippte er an seinem Kaffee. Ansonsten rührte er sich nicht, sah Susan nicht an und sagte nichts, aber die Stille wirkte nicht bedrückend, war nur eine Fortsetzung des einträchtigen Schweigens, das sie so oft am Abend teilten, wenn er am Tisch bei einem späten Dinner saß oder ihr half, die schwere Kaffeekanne zu reinigen.
„Warum?" fragte sie unvermittelt, als wären nur Sekunden verstrichen, seit sie am späten Nachmittag mit Scott auf der Felsenschulter gestanden hatte, eine halbe Meile weiter oben im September-Canyon.
Ohne sich umzudrehen, antwortete er: „Warum ich dich vor zwei Jahren gepackt habe?" Er lachte heiser. „Verdammt, Schulmädchen, so naiv kannst nicht einmal du sein."
„Ich bin kein Schulmädchen mehr. Im Herbst gehe ich aufs College." Er sagte nichts, doch sie ließ nicht locker. Sie mußte alles wissen über jenen Abend, der ihr Leben verändert hatte und offensichtlich auch an Scott nicht spurlos vorübergegangen war. „Warum bereust du es?"
Eine Zeitlang wurde die Stille nur vom Knistern der Flammen und dem sanften Rieseln des Regens durchbrochen, dann entgegnete er: „Es war das zauberhafteste Angebot, das ich jemals bekam. Und du verdientest was Besseres, als ich es dir geben konnte - romantische Tänze, Küsse bei Kerzenschein, Blumen und Bonbons. Du hättest ein sanftes Nein verdient oder einen zärtlichen
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