Champagnerwillich: Roman
meinem Delirium reißt.
»Frau Schöneberg, Sie haben das letzte Wort.«
Das letzte Wort, das letzte Wort. Was soll ich denn jetzt sagen?
Da schießt es mir wie ein Geistesblitz durch den Kopf. Sollte ich jemals eine höhere Eingebung gehabt haben, so war das wohl genau in diesem Moment. Ich muss an Yoda aus Star Wars denken. Der kleine Mann ist zwar des deutschen Satzbaus von Zeit zu Zeit nicht ganz mächtig, aber er sagt immer wieder so schlaue Sachen wie:
Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.
Und genau dieses Leid werde ich Ihnen auch antun, Euer Ehren Nathan Schmidt. Oh, ja. Ich bin ein Jedi-Ritter. Möge die Macht mit mir sein! Meine Augen füllen sich wieder mit Leben, und meine Lippen formen die zwei kleinen Worte:
»Liquid Lady!«
Ursula Granada bricht in ein quietschendes, japsendes Gelächter aus, und die Gerichtspsychologin kritzelt sich mitleidig einige Bemerkungen auf ihren Zettel, aber es stört mich nicht, weil ich in Nathans Augen sehe, diesen Kampf habe ich gewonnen!
An diesem Abend kuschle ich mich in einer Decke auf das Sofa, wärme meine Hände an einer heißen Tasse Vanilletee, höre Musik und schaue in die Nacht.
»Hi, Jil!« Ich blicke zur Tür. Er ist es, ich habe es gewusst. Früher oder später mussten wir über das alles sprechen.
»Komm rein.« Ich lächle milde. Ich sehe in seinem Blick, was er mir gleich sagen wird.
»Darf ich?« Er setzt sich neben mich, umschließt mich mit seinen Armen und küsst zärtlich meine Haare.
»Was soll ich sagen?« Ich höre seinen Herzschlag und rieche seine Haut.
»Ich habe es kaputtgemacht, bevor es beginnen konnte.« Seine Stimme ist sanft wie Seide.
Ich streiche ihm über das Haar und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. »Das mit uns soll einfach nicht sein.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.«
»Mach dir keine Sorgen, ich liebe dich trotzdem.« Ich lehne meinen Kopf auf Marks Brust und lege meine Hand in seine. Für eine kleine Ewigkeit kuscheln wir uns gemeinsam unter die Decke, hören Musik und schauen in die Nacht, bis Mark die Stille bricht.
»Freunde!«, sagt er und blickt mich an, als wolle er diese Antwort auf ihre Richtigkeit überprüfen.
»Freunde!«, sage ich und blicke Mark an, als wolle ich diese Antwort auf ihre Richtigkeit überprüfen.
»Freunde!«, sagt er und küsst mich.
Freunde!, denke ich und ziehe ihn in mein Bett. Mein Gott, wann werde ich endlich erwachsen! Und obwohl sie in der nächsten Stunde so nah beieinander sind, schlagen unsere Herzen doch wieder allein.
Gelernte Wörter: salvierend = rettend;
gigantomanisch = auf der Sucht beruhend, alles ins Riesenhafte zu übersteigern;
Schwulität = Bedrängnis, peinliche Lage.
20
BIENE TRIFFT BLUME!
H err Schnüttge.«
»Frau Schöneberg.«
»Wissen Sie inzwischen, wie lange ein Mensch überleben kann, wenn er sich ausschließlich von Champagner ernährt?«
»Genau siebzehn Tage, fünf Stunden, sechsundvierzig Minuten und zwölf Sekunden.«
»Und dann?«
»Dann hat mir meine Bank den Zugriff auf weitere Konten verwehrt!«
»Verstehe.«
Das ist doch ein traumhafter Dienstagmorgen! Wir haben schon nach zehn Uhr, und ich sitze immer noch in meinem Seidenpyjama und mit begurktem Gesicht im Bett, schlürfe Cappuccino und zappe mich durchs Morgenprogramm. Ich danke mir höchstpersönlich dafür, dass ich mir heute freigegeben habe. Mit meinem verkaterten Kopf (Luisa und ich haben meinen Freispruch gestern Nacht noch mit Champagner begossen. Und mit Tequila. Und mit Averna.) hätte ich unmöglich arbeiten können.
Nach 27 Programmen bin ich beim Shoppingkanalangelangt und frage mich gerade, ob ich eines dieser praktischen Mixgeräte kaufen soll, als es an der Türe klingelt.
So ein Mist!
Ach was. Ich mache einfach nicht auf. Aber was ist, wenn es Luisa ist, die mal wieder ihren Schlüssel vergessen hat? Dieser Gedanke scheint mir nicht ganz unrealistisch, zumal das Klingeln immer penetranter wird.
Also gut. Raus aus dem Bett. Ich frage mich, wie Luisa immer und immer wieder ihre Schlüssel vergessen kann? Werde mal ein ernstes Wörtchen mit ihr sprechen müssen.
»Also, hör mal, wenn du nicht bald selbst an deine Schlüssel denkst …«, setze ich mahnend an, als ich die Klinke der Wohnungstür nach unten drücke, »… dann werde ich … o Gott! Was machst du denn hier?«
Verdammt!
Ich stecke an einem Dienstagvormittag ohne gute Entschuldigung in meinem Seidenpyjama und meinen Königstigern an den Füßen,
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