Change
Hälfte der dies entscheidenden Personen hatte ich bereits auf meiner Seite. Doch dessen ungeachtet – noch wurde ich im Ungewissen gehalten. Dies hätte mich eventuell gestört, da meine finanziellen Mittel begrenzt und der Aufenthalt hier weitab der Heimat teuer waren, da ich auch während dieser Zeit kein Geld verdienen konnte. Außerdem war ich weit weg von meiner Ehefrau Caroline – an die ich tatsächlich eher selten gedacht hatte, was ich zu meiner Beschämung und mit Gewissensbissen zugeben musste. Früher oder später musste ich ihr die Wahrheit sagen – doch noch verhielt ich mich wie ein Feigling und schob dies vor mir her.
Der Grund für meine zwickmühlenhafte Situation, die mich ohne auch nur die kleinsten moralischen Bedenken zur Untreue verleitet hatte, war der Keyboarder und Emcee von ‘Sudden Thing’. Mein wiedergewonnener Mike – und auch wieder nicht. In so vielen Dingen unterschied sich Michael Shinoda hier von dem von mir gegangenen Mike aus der Vergangenheit. Von Zeit zu Zeit erschien er mir geradewegs fremd, unnahbar und nicht nachvollziehbar handelnd – doch dann entdeckte ich wieder einen Charakterzug an ihm, den ich ebenso an dem anderen Mike gefunden hatte. Leider konnte ich ihm nicht die Wahrheit sagen, noch davon ausgehend, dass er nur den blassen Hauch einer Erinnerung hatte. Er war eine andere Person – zumindest dachte ich dies, bevor mir Mike etwas erzählte, das mich nachdenklich machte.
Wir saßen an jenem Abend in einer wenig besuchten Metal-Bar, in der ich zwischenzeitlich einen Job als Barkeeper bekommen hatte. Das Geld, das ich nebenbei verdiente, brauchte ich dringend, um meinen immer länger andauernden Aufenthalt zu finanzieren. Und so kam mir dieser Job gerade recht, der mich vom frühen Abend bis in den sehr frühen Morgen beschäftigte. Besonders freute ich mich, wenn Mike oder Sebastian mir ein wenig Gesellschaft leisteten, indem sie für ein bis zwei Stunden – oder selten auch die ganze Nacht - im „Bloodangel“ – so der Name der Bar – verweilten.
Heute Abend war nicht viel los – es war in der Mitte der Woche, da verirrten sich wenig Leute hierher – was ich als gut befand, denn so hatte ich Zeit, mich mit Mike, der allein an der Bar saß, zu unterhalten. Etwas war heute mit ihm los, etwas beschäftigte ihn, denn er war stiller als sonst, starrte in sich versunken auf die farbige Flüssigkeit in seinem Glas und schien mir nicht einmal zuzuhören, was ich sagte. Mein erzwungener Redefluss stoppte schließlich, als ein Gast zahlen wollte. Routiniert kassierte ich ihn ab, sah ihm dann hinterher, wie er zur Tür hinausging und in die Schwärze der Nacht verschwand. Mike hatte sich währenddessen nicht gerührt. Ich wollte ihn am liebsten fragen, was ihn bedrückte, doch gleichzeitig keimten wieder die Angst und die Zweifel in mir auf, dass ich ihn vielleicht bedrängen oder gar nerven könnte. Immerhin waren wir trotz allem nur flüchtige Freunde, eine oberflächliche Beziehung, verglichen mit der tiefen Freundschaft zwischen Dexter und Mike. Dennoch – ich konnte nicht einfach nichts tun. Leise zählte ich mit bebender Lippe bis zehn, dann trat ich nahe an den in sich gesunkenen Mike heran und stützte mich ihm gegenüber auf die Bar.
„Hey Mike – stimmt etwas nicht?“, fragte ich ihn vorsichtig, sah ihn aufmerksam an. Einige Sekunden verstrichen, bevor sich Mikes Kopf hob, sein Blick meinem begegnete und er sich geistesabwesend durch sein schwarzes Haar strich. Dann schüttelte er den Kopf.
„Nein, alles in Ordnung.“, erwiderte er kurz angebunden, trank einen Schluck, bevor er eine Grimasse zog und das Glas hastig wieder abstellte. Ich ignorierte dies jedoch, stattdessen hakte ich weiter nach.
„Und warum bist du dann so still?“
„Ich hab über ein Problem nachgedacht.“, murmelte er, schwieg dann, während ich ihn weiterhin auffordernd ansah. Meine Augenbrauen erhoben wartete ich darauf, dass Mike dies näher erklären würde, was er nach einem Seufzer dann auch tat.
„Wir haben uns überlegt, uns umzubenennen. Wir waren ‘Sudden Thing’ mit Nathaniel. Jetzt allerdings bist du dabei – da sollten wir uns auch anders nennen. Dexter und ich haben sich mit den anderen schon Gedanken über den Namen gemacht und wir hatten ein paar gute Ideen.“, erklärte er langsam, sah dabei wieder auf sein Glas, das einsam auf der Bar stand, noch immer fast unberührt. Mich verwunderte das Gesagte, konnte ich doch nicht so ganz verstehen,
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