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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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erwartet hatte. Vermutlich sollte ich mich langsam daran gewöhnen, dass der unberechenbare Mike viele überraschende Sachen hervorzaubern konnte. Und neutral gesehen war es ja höflich, mir ein Taschentuch zu geben, damit ich das Blut, dessen Anblick Mike leise aufseufzen lassen hatte, abwischen konnte. Ich wollte mich gerade bedanken, als ich aus dem Augenwinkel sah, wie Mike sein Mobiltelefon gezückt hatte und mich nun taxierend ansah.
    „Ich hol jetzt den Notarzt. Halte durch“, teilte er mir mit, während er schon die ersten Tasten drückte. Panik loderte in mir auf und schob den Schmerz und die Mattigkeit in meinem Körper kurzzeitig in den Hintergrund. Mike durfte den Notarzt nicht rufen, das konnte ich nicht erlauben! Nein, auf keinen Fall! So schlimm ging es mir doch gar nicht, ich war schon früher so zusammen geschlagen worden. Ich hatte doch keinen Notarzt nötig. Das war überflüssig. Die Situation war so schon peinlich genug, Mike musste das nicht noch schlimmer machen. Alles, was ich brauchte, war ein bisschen Zeit und dann würde es mir schon so gut gehen, dass ich nach Hause laufen konnte. Aber wenn der schwarzhaarige Junge mit dem Mobiltelefon in der Hand wirklich einen Notarzt rufen würde, dann konnte es durchaus sein, das sie mich befragen würden, warum ich so zugerichtet war und ich konnte die Wahrheit nicht sagen. Die Wahrheit - sie würde mir sowieso niemand glauben - würde den Zorn von Ethan und seinen Freunden nur noch vergrößern - und dementsprechend auch mein Leiden. Außerdem wollte ich nicht, dass sie erzählen würden, was sie alles getan hatten. Da gab es Dinge, die ich nie wieder ans Tageslicht gezerrt haben wollte. Grausame Dinge, die am besten in dem grauen Nebel des Vergessens aufgehoben waren.
    Deshalb durfte auf keinen Fall sinnlose Aufmerksamkeit auf diese Sache fallen. Und deshalb durfte Mike weder den Notarzt rufen, noch irgendjemand anderen. Und er durfte auch nicht darüber sprechen. Verdammt. Mike davon zu überzeugen würde schwer werden, aber ich musste es unbedingt schaffen. Denn wenn ich wirklich in ein Krankenhaus kommen würde, dann stellten die dort sicherlich fest, dass ich Drogen nahm. Und was dann auf mich zukommen würde… daran wollte ich lieber gar nicht denken. Entzugstherapien, die enttäuschten Blicke meiner Eltern und Verwandten, die höhnischen Blicke meiner Freunde … Mike würde sicherlich auch furchtbar enttäuscht sein. Doch warum interessierte mich, was Mike von mir dachte? Das einzige, was zählte, war, ihn davon abzubringen, den Notarzt zu rufen.
    „Nein, tu das nicht.“, brachte ich wimmernd durch meine zugeschnürte Kehle heraus. Mit sorgenvollem Gesichtsausdruck beugte sich Mike wieder zu mir herunter, kam mir so viel zu nahe. Das Taschentuch fiel mir aus der Hand, es war an einer Seite blutgetränkt und segelte schneller als erwartet zu Boden, doch bevor es im Dreck landete, hatte Mike es ergriffen und aufgefangen. Ich konnte kaum hinterher gucken, so schnell war die Handbewegung. War Mike ein Zauberer oder lag meine verminderte Aufnahmefähigkeit an den immer noch wütenden Schmerzen in meinem Körper? Vermutlich letzteres.
    „Was hast du gesagt?“, fragte Mike mich mit seltsam atemloser Stimme. Fast schon so etwas wie Panik war darin zu vernehmen, als er mir das Taschentuch vor die Nase hielt und sorgsam das Blut abtupfte. Er konnte das gut, seine Hand zitterte zwar, soweit ich das in meinem Zustand beurteilen konnte, doch die Berührung an meinem Kinn und meiner immer noch aufgerissenen Lippe war sehr sanft, trotz meines üblen Zustandes fühlte es sich fast angenehm an.
    Meiner Kehle entrang sich ein Stöhnen, als Mike das Taschentuch wegzog und ich mich daraufhin quälte, mich aufzurichten. Mikes fragenden Blick ignorierte ich und stieß kaum verständliche Worte aus, die er hoffentlich trotzdem verstehen würde.
    „Ruf keinen … Notarzt … ich will nicht … ins Krankenhaus … es geht schon …“, ächzte ich, strengte mich an, die Worte aus meinen Rachen zu pressen.
    „Was? Das ist doch nicht dein Ernst? Du musst dorthin …“, entgegnete Mike hörbar entgeistert. Bevor er sich jedoch weiter in Rage reden konnte, sprach ich einfach weiter. Ich hoffte, Mike würde mir erst einmal zuhören, bevor er überstürzt handelte. Nicht, das ich etwas dagegen tun konnte, schließlich hatte ich mich gerade erst einmal in eine sitzende Position navigiert, und das unter großer Anstrengung und neu auflodernden Schmerzen. Aber

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