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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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dir? Einigermaßen gut geschlafen?“
    Entgeistert starrte ich Mike an. Machte er Witze? Er erinnerte sich aber noch an gestern, oder? Glaubte er wirklich, ich hätte letzte Nacht gut geschlafen? Davon mal abgesehen, dass es mir nie wirklich gut ging und ich auch nie richtig gut schlief, war ich nach dem gestrigen Abend wohl kaum in der Lage, mich einigermaßen gut zu fühlen, denn mir tat alles weh und mein Kopf dröhnte - eine Nachwirkung des Ausbleibens der sonst regelmäßig konsumierten Drogen, die ich gestern nicht genommen hatte, weil mich dieser sture Mike zu sich nach Hause geschleppt hatte. Dann noch der aufwühlende Traum, den ich jetzt, im kalten Licht des Morgens weitaus weniger Bedeutung zumaß und ihn fast schon als Hirngespinst oder Wunschtraum einordnen wollte. Immerhin hatte mir der Traum zu verstehen gegeben, dass ich Mike glauben sollte - was ein kleiner Teil von mir auch wollte, der weitaus größere Teil von mir jedoch zweifelte an ihm und betitelte ihn als gefährlichen Menschen.
    Und seine Gegenwart trug auch nicht dazu bei, dass ich mich entspannte. Seine Unberechenbarkeit und Undurchschaubarkeit machten ihn unkalkulierbarer als jeden Idioten an meiner Schule oder darüber hinaus. Denn während ich die Reaktionen der anderen Menschen mir gegenüber mit ziemlicher Sicherheit voraussagen konnte, so wusste ich nicht, wie Mike reagieren würde. Ich hatte keine Ahnung, warum er mir gestern geholfen hatte und auch noch so hartnäckig darauf bestanden hatte, dass noch nicht einmal meine harten Worte und Bitten ihn zum Gehen bewegen konnten. Ich konnte nicht nachvollziehen, was er wohl als nächstes tun würde. Ich wusste nicht, warum er so handelte, wie er handelte. Es ergab für mich keinen Sinn.
    Ich dachte da nur an die Situation nach dem ‚Darker than Dust‘ Konzert vor einem knappen Monat. Diese Handlung von Mike war mir so suspekt. Erst war er total nett und auf Freundschaft aus, und in dem Moment, als ich ihm glauben wollte und zum ersten Mal seit langem die Mauern um mich herum für ihn einreißen wollte, da tat er so etwas Unglaubliches.
    Warum hatte er mich geküsst? Er war doch nicht schwul, das wäre mir in der Schule zu Ohren gekommen, denn so ein Gerücht würde sich blitzschnell verbreiten. Oder konnte er es so meisterlich verbergen? Theoretisch konnte man es ihm ja nicht ansehen und wenn er nicht darüber sprach, war es vielleicht möglich, dass außer mir keiner um Mikes Interesse wusste - falls er schwul war, was ich immer noch bezweifelte. Doch warum hatte er es dann getan? Diese Frage schien immer und immer wieder meine Aufmerksamkeit zu fordern. Vermutlich so lange; bis ich eine zufrieden stellende Antwort erhalten würde, was relativ unwahrscheinlich war.
    Und wie sollte ich damit umgehen? Sollte ich gar nicht darauf reagieren? Das schien mir just als das Beste, doch so würde ich auch nie erfahren, was es bedeutete. Verdammt, ich hasste es, in solchen Zwickmühlen zu stecken.
    Während ich so in Gedanken und Überlegungen versunken war, verpasste ich es, Mike zu antworten, was ihn dazu veranlasste, sich vor das Sofa zu knien und mich aus nächster Nähe anzusehen. Ich wünschte, er hätte das nicht getan, denn so erwachte in mir ein seltsames, unvertrautes Gefühl, eine Art Ziehen, ein angenehmer Schmerz.
    Ich sah in seine wachen, dunklen Augen, die mich interessiert musterten. In seinen noch nassen, in alle Richtungen abstehenden schwarzen Haaren brach sich das Sonnenlicht. Ich musste die Augen zusammen kneifen, nur so verbesserte sich mein Sehvermögen und ich sah ihn fast scharf.
    Ich betrachtete seine leicht japanischen Gesichtszüge, das ihn sympathisch aussehend lassende Lächeln. Eigentlich sah er gar nicht unberechenbar aus, sondern nett und vertrauensvoll. Genau wie in dem Traum. Doch da war er es nicht gewesen sondern - Schwachsinn. Ich stoppte meine Gedanken, verfiel aber sofort wieder in das ausgiebige in Augenschein nehmen von Mike.
    Er war ganz hübsch mit diesem Lächeln, das mir schon in dieser Halluzination während des Traumes aufgefallen war. Das Ziehen in meinem Bauch verstärkte sich, wurde schon leicht unangenehm. Eine Hand spielte mit den straff gespannten Saiten meiner Bauchmuskeln, übertrug ein Kribbeln auf sie, das sich in mir ausbreitete. Besonders stark schien sich diese Unruhe auf meine Handgelenke niederzuschlagen, der starke Schlag meines Pulses fühlte sich seltsam vertraut sowie unvertraut an.
    Als ich meine unbekannten, verwirrenden

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