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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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klaubte dann meine Brille auf, die an einem Bettpfosten hing – mit Klebeband drangeklebt. Seufzend rieb ich sie schnell sauber und rückte sie auf meine Nase.
    Jetzt hatte ich auch erkannt, wo ich war - nämlich in Mikes Zimmer. Nur wie ich hier hergekommenen war, blieb mir verschlossen. Ich hatte keine Ahnung, was gestern genau passiert war.
    Nur verschwommene, zusammenhangslose Bilder und Visionen beschrieben die gestrige Nacht. An meinen Streit mit Mike konnte ich mich zurückerinnern und auch daran, wie schlecht es mir danach ging. Aber was ich getan hatte, nachdem ich gekokst hatte, das konnte ich nicht mehr exakt zurückverfolgen. Ein paar sehr verwirrende Szenen hatten sich in meinem Kopf festgesetzt, jedoch konnte es sich dabei auch um reine Hirngespinste handeln. Bei so vielen Rätseln wäre mir ein komplettes Blackout vielleicht lieber gewesen – zumal ich nicht mehr wusste, was ich gestern Mike noch alles an den Kopf geworfen hatte. Doch da ich hier war, konnte zumindest Mike nicht allzu sauer auf mich sein. Diese logische Schlussfolgerung half mir leider nicht genug, plötzlich war die Angst, Mike verletzt zu haben, wieder da. Mein Herz klopfte viel zu schnell, als ich hörte, wie sich jemand dem Zimmer näherte.
    Genau in dem Moment, in dem ich nervös nach Luft schnappte, kam Mike auch in das Zimmer, wie immer in lässigen, weiten Klamotten, die seinen Körper verhüllten. Heute überraschte mich sein Anblick dennoch – denn er trug ebenfalls eine Brille auf der Nase. Das breite, schwarze Brillengestell passte perfekt zu seinen verstrubbelten Haaren. Ich konnte ihn nur staunend ansehen.
    Natürlich hatte ich von Mikes Schwäche gewusst – dass er beinahe noch schlechtere Augen hatte wie ich. Doch da er sonst immer Kontaktlinsen benutzte, hatte ich ihn noch nie mit Brille gesehen. Ich fragte mich, warum er sich nie so zeigte – er sah gut aus damit.
    Mein blinzelnder Blick traf seinen, ich sah Unsicherheit hinter den Brillengläsern aufflackern. Und seltsamerweise auch Hilflosigkeit – zumindest kannte ich diese Art von Blick, die Mike öfter aufsetzte wenn er nicht mehr weiter wusste.
    Er hielt inne, ohne etwas zu sagen. Nur seine Augen fixierten mich, unsere Blicke verhakten sich – mehrere Sekunden lang. Schließlich schaute ich beschämt beiseite. Kurz räusperte sich Mike, um dann in dem Moment loszusprechen, als ich ebenfalls eine Frage stellte.
    „Wie geht es dir?“
    „Warum hast du deine Brille auf?“
    Erneut starrten wir uns an, dann setzte Mike mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln auf den Lippen zum Sprechen an.
    „Ich hab dich Schreien gehört und hab alles stehen und liegen gelassen. Ich mache meine Kontaktlinsen gleich noch rein, aber ich wollte erst wissen ob mit dir alles in Ordnung ist.“
    Da der letzte Satz wie eine Frage klang, beschloss ich auch darauf zu antworten.
    „Ich hatte nur schlecht geträumt, aber jetzt geht es.“, erklärte ich leise, registrierte das mitfühlende Gesicht Mikes und bemühte mich schleunigst um einen Themenwechsel.
    „Ich mag deine Brille. Sie steht dir. Du siehst so anders aus – aber trotzdem klasse.“
    Er reagierte auf den gegebenen Impuls.
    „Du meinst, ich sehe aus wie ein Streber.“, meinte er, eine Grimasse ziehend. Ein kurzes Lachen entschlüpfte mir, als ich feixend verneinte.
    „Du nie.“
    Vorsichtig stand ich auf und Mike trat beiseite, um mich vorbeizulassen.
    „Willst du erst mal duschen gehen?“, fragte er mich.
    Darüber nachdenkend - so gut das mit meinem dröhnenden Schädel ging - befand ich, dass es nach einer guten Idee klang und nickte bejahend.
    „Gut, dann warte ich unten. Bedien' dich ruhig an meinen Klamotten, ist ja nicht das erste Mal.“
    Bevor Mike dann nach unten verschwand, schenkte er mir noch ein strahlendes Lächeln, das ich irgendwo zwischen Glückseligkeit und Schadenfreude einordnete.
    Nachdenklich verschwand ich in seinem Bad, in dem ich mich mittlerweile fast blind zu Recht fand, so oft, wie ich bereits hier gewesen war. Mike hatte mir öfters angeboten, bei ihm zu übernachten, und nach einigem guten Zureden hatte ich dann meistens auf dem Sofa gepennt.
    Mehr nicht – denn obwohl ich gerne in Mikes Nähe war, so konnte ich mir nicht vorstellen, es ertragen zu können, neben ihm in einem Bett zu schlafen. Mein Kopf schaltete immer dann, wenn ich Mike etwas näher gekommen war und einen kleinen Schritt gegangen war, wieder zurück auf die schrecklichen Erinnerungen. Ich konnte nichts dagegen

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