Change
Blick streifte ihn nur kurz, dann versuchte ich erneut, die Tür zu öffnen. Ohne Erfolg. Mike hatte schweigend zugesehen, in seinem Mienenspiel erkannte ich viele verschiedene Gefühle – vor allem aber Ärger. Und dieser Ärger war wie ein Zündfunken des Gasgemischs meiner Stimmung.
„Lass mich raus!“, schrie ich ihn urplötzlich an, mein aggressiver Blick richtete sich wie eine ausgerichtete Kanone auf ihn, sah ihn eiskalt an. Doch Mike sah mich nur an, reagierte nicht auf den Hass, den ich ihm entgegenbrachte, sondern flüsterte eine verhältnismäßig leise Antwort.
„Nein – ich lass nicht zu, das du jetzt aufgibst. Du kannst ohne Drogen auskommen, das weiß ich. Du musst nur dieses Tief überwinden.“
Sein Blick bat stumm um ein Einlenken meinerseits, ich konnte erkennen, wie wenig er den Streit wollte – doch mir war das egal. Ich wollte Koks! Verstand er das nicht? Wenn ich keinen Stoff bekommen würde – dann würde ich nicht länger durchhalten können. Es war doch der Stoff gewesen, der meinem Leben eine Ausrichtung gegeben hatte – ohne Drogen war alles verloren, alles weg.
„Ich brauche den Stoff. Lass mich hier raus, ich brauch das unbedingt!“, begann ich zu betteln, immer noch mit zu lauter Stimme. Doch ich rannte wieder einmal gegen eine Betonmauer. Eine Mauer, von Mike erbaut und ebenso stark wie sein eiserner Wille.
„Nein, du brauchst es nicht. Überhaupt nicht. Du kannst ohne dieses Zeug leben, sogar sehr gut.“, machte er mir klar, erhöhte die Lautstärke seiner Worte, um gegen meine Stimme anzukommen. Die Töne hämmerten gegen mein Trommelfell, drangen intensiv in meinen Kopf. Doch nichtsdestotrotz stimmte ich nicht mit ihnen überein. Die Haare raufend sackte ich zusammen, aktivierte die wenige Kraft in mir, um diesmal weniger schreiend als flehend Mike dazu zu bringen, mich gehen zu lassen.
„Nein … ich brauche es. Bitte … ich kann nicht ohne leben.“, stieß ich verzweifelt aus, spürte die Verzweiflung und Panik in mir aufsteigen. Was, wenn er mich trotz allem hier einsperren würde? Was konnte ich machen? Ich brauchte den Stoff unbedingt...
„Vergiss es – ich werde das nicht zulassen, egal wie lange du mich anschreist.“, antwortete Mike mit müder Stimme, verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. Ich kippte nach hinten, stützte mich gegen die Wand. Meine Stimme wackelte, als ich ihn verzweifelt und heiser anschrie.
„Verdammt, ich werde sterben! Mein Leben hat keinen Sinn mehr! Ich kann nicht mehr! Ich will nicht mehr! Alles ist so sinnlos! Ich werde mich umbringen, mein Leben hat keinen Sinn mehr!“
Ich schloss die Augen, keuchte. Mir taten urplötzlich die Seiten weh, die Handgelenke und Armbeugen kribbelten und stachen, ein Gefühl, das ich am liebsten abgeschüttelt hätte, doch es blieb. Ebenso das Gefühl, zu fallen und die Kontrolle zu verlieren.
„Willst du wegen so etwas alles hinschmeißen? Alles aufgeben? Mich verlassen? Du bist so ein Feigling.“, durchschnitt Mikes Stimme scharf die kurze Stille, viel eindrucksvoller als mein verzweifelter Schrei. Die Stimme war hart und scharf wie eine Klinge, geschmiedet um anzugreifen.
Ich schluckte, spürte, wie etwas Nasses meine Wange herunter lief. Leise wimmerte ich eine Erwiderung, die Mike jedoch unbeendet unterbrach.
„Ich kann aber nicht…“
„Du kannst sehr wohl. Du hast jetzt schon einen ganzen Monat ohne das Teufelszeug durchgehalten, da wirst du auch das letzte Stückchen noch schaffen. Du musst nur stark bleiben… bitte, verlass mich nicht.“, flüsterte er die letzten Worte, kam auf mich zu und zog mich in eine feste Umarmung, aus der ich mich nicht so leicht würde befreien können. Doch ich war viel zu durcheinander, um mir darüber Gedanken zu machen. Die Nässe lief nun stärker an meinem Gesicht herab, tropfte auf mein T-Shirt und Mikes Oberteil, dessen Geruch mir in die Nase stieg, als ich mich gegen die Schulter des Schwarzhaarigen lehnte. Mein Kopf arbeitete fieberhaft, versuchte die lähmende Wirkung meiner Drogenabstinenz zu überwinden. Einen ganzen Monat sollte ich schon ohne Stoff durchgehalten haben? Ich konnte das nicht glauben, war ich doch so davon abhängig. Doch davon abgesehen würde Mike mich nie weglassen. Egal, was ich sagen oder tun würde, mein Erfolg, hier aus der Wohnung zu kommen, würde gleich null sein.
„Fuck!“, fluchte ich leise, begann heftig zu schluchzen. Meine Schultern bebten und meine Hände krallten sich in Mikes Shirt,
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