Chanur-Zyklus 1 - Das Schiff der Chanur
Verzögerung ebenso rasch unterrichtet worden wie sie, eine Unverschämtheit, die ihren Blutdruck gleich wieder um einige Punkte steigen ließ. »Käpt‘n?« fragte Chur. »Hab‘s gehört«, sagte Pyanfar kalt, und Chur unterbrach die Verbindung.
Wieder eine Stunde. Die Bildschirme zeigten fortwährende Aktivität an der Düse. Pyanfar lenkte sich ab, indem sie sich mit der Instandhaltung der Pulte beschäftigte, sich in die Anlagen unterhalb der Konsolen vergrub, wieder und immer wieder Checks durchführte und nur gelegentlich mal an die Oberfläche tauchte, um einen kurzen neidischen Blick auf den Bildschirm zu werfen oder dem Funkverkehr zu lauschen. Die Station war dabei, zur Normalität zurückzukehren; nur die Knnn... blieben draußen, ließen sich im Systemdrift treiben und heulten sich weiterhin gegenseitig etwas vor.
Unten im Korridor summte der Lift; die Türen öffneten sich. Pyanfar hörte das und wandte sich von einer erledigten Arbeit ab, stand auf, wischte sich die Hände ab und glättete die Mähne... leise, rasche Schritte im Korridor. »Tante?«
Sie setzte sich auf die Armstütze ihres Sessels und betrachtete ihre Nichte mit finsterem Gesicht. Hilfy stand mit einem Stück Papier in der Hand unter dem Bogen des Eingangs, kam dann herbei und reichte es ihr. »Gerade angekommen, per Kurier. Sicherheitssiegel.«
Pyanfar runzelte die Nase, ergriff es, hakte eine Kralle hinein und riss es auf. Stasteburanas Unterschrift. Grüße, Ehrbezeugungen und die Zusicherung, dass alles Mögliche getan wurde. »Grüße vom Stationsmeister«, übersetzte Pyanfar bitter. »Wir erhalten eine Eskorte bis zum Sprungpunkt, wenn wir abfliegen; der Abflug ist auf diese fünfzehnte Stunde festgelegt. Verflucht sollen sie sein, sie wussten bereits von dieser Verzögerung, oder sie wären schon wegen des Bandes hier gewesen. Sie wollen es, soviel ist gewiss... und zwar bevor der Job erledigt ist. Wartet der Kurier noch?«
»Nein.«
»Verflucht seien sie alle!«
»Du meinst Tullys Band.«
Pyanfar hob den Blick zu Hilfy, deren Gesicht mit dem Heranwachsenden-Bart die Andeutung eines Stirnrunzelns zeigte. »Ist das ein Kommentar?«
»Nein, Tante.«
»Ich habe dem Außenseiter den Grund erklärt.«
»Tully, Tante.« - Pyanfar holte tief Luft.
»Tully
wenn du willst. Ich habe ihm gesagt, warum. Habe ich mich verständlich gemacht?«
»Er... hat mit Chur darüber gesprochen.«
»Was hat er gesagt?«
»Dass er verstanden hat.«
»Und der Rest von euch?«
Hilfy verschränkte die Hände hinter dem Rücken, senkte den Blick und hob ihn wieder unter gesenkten Brauen. »Er spürt... was alles an Problemen im Gang ist. Während der letzten Freischicht versuchte er, mit uns allen zu reden, Götter, und wie er es versuchte.
Schließlich...« Ihre Ohren sanken herab; ein zweiter kurzer Blick zu Boden. »Schließlich umarmte er Chur und ging dann von einer zur anderen und machte dasselbe, nicht... von Mann zu Frau, nicht auf diese Weise, sondern einfach so, als habe er etwas zu sagen und keine andere Möglichkeit, es auszudrücken.«
Pyanfar sagte nichts, presste nur die Kiefer zusammen.
»Er hat mit einem weiteren Band angefangen«, sagte Hilfy, »mit dem neuen Handbuch.«
»Tatsächlich?«
»Wir haben es ihm gegeben; er hat sich damit in den Op gesetzt und füttert Wörter hinein, so schnell es nur geht.«
Pyanfar runzelte verblüfft die Stirn.
»Er mag auch die Stsho-Hemden, die du besorgt hast.
Warm,
sagt er, und die Stickereien spielen keine Rolle.«
»Huch.« Pyanfar stieß sich auf die Füße und streckte eine ausgefahrene Kralle nach Hilfy aus. »Netter Bursche, dieser Tully, so verständnisvoll und dankbar und alles. Ich bin diese Route schon ein paarmal hin und hergeflogen, Kleine, und ich habe meinen Anteil an geschickten Betrügereien erlebt. Zu aller erst - wenn wir schon davon reden - gefällt mir nicht, dass dieser Außenseiter bei euch schläft. Ich habe es in einem Augenblick gestattet, wo mir weichherzig zumute war, weil mir sein Trübsalblasen nicht gefiel und weil ich verhindert wollte, dass er sich auf die gleiche Weise tötet, wie - merk dir das, Kleine! - er zugibt, einen seiner Gefährten aus Freundschaft getötet zu haben.«
»Das ist nicht fair. Er hat tapfer gehandelt.«
»Zugegeben. Und vielleicht hat er noch ein paar tapfere Absichten. Die Besatzung ist an fremdartiges Verhalfen gewöhnt, und ich hatte erwartet, sie würde sich ihr Urteilsvermögen erhalten, aber es gefällt mir nicht,
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