Chanur-Zyklus 4 - Die Heimkehr der Chanur
aber nicht erkennen konnte. »Wir haben alles verstanden; Sie können gehen.«
Damit war es Zeit, den Weg freizumachen und einem anderen Kapitän an den Pulten der
Stolz
zu weichen; die Kodierungen waren außer Funktion gesetzt, abgesehen von der zentralen Entriegelung, sogar im Logbuch und den privaten Akten. Feuercodes, Datencodes, das ganze Schiff. »Alles offen«, sagte sie zu Sirany, drehte sich um und sammelte Haral ein, die von den Pulten abließ, als müsse sie einen Geliebten aufgeben, mehrfach zurückblickend. Pyanfar legte ihr eine Hand auf die Schulter und schob sie zur Kombüse hin, blieb noch einmal stehen, um auch Hilfy mitzunehmen und Fiar, die nun zusammen mit der Chanur-Besatzung frei hatte. Aber Sif Tauran beugte sich noch über die Rückenlehne von Siranys Platz und erstattete mit leiser Stimme Bericht.
Meine Landsleute. Meine möglichen Feinde und meine Verbündeten aus Notwendigkeit. Meine Besatzung aus Männern und Fremden und widerwilligen, zwiespältigen Hani. Die Bedeutung der Clans war in früheren Zeiten absoluter gewesen; die Hanisprache hat keine eigenen Wörter entwickelt, die bedingte Treue zum Ausdruck brachten. Um auf etwas Derartiges zu stoßen, musste sich eine Hani in die tiefe, weite Schwärze begeben. Unter Kif und Mahendo‘sat. Und Menschen. »Tirun«, sagte Pyanfar laut und gab ihr mit einem irritierten Rucken des Kinns ein Signal, denn Tirun zögerte noch bei ihrer ,Ablösung, stand zwar auf den Beinen, hielt sich aber noch am Sitz fest. »Komm schon, verdammt noch mal, Kusine! Die Zeit läuft ab!«
Tirun gehorchte. Geran trat vom anderen Korridor her ein. Sie sah müde aus und schwankte auf den Beinen. »Wir sind abgelöst worden«, sagte Pyanfar. »Komm! Wie geht es Chur?«
»Sie lebt noch«, sagte Geran und presste den Mund zu, als wäre dies das einzige Wort, das sie zu äußern gedachte. Aber dann murmelte sie im Vorübergehen doch noch: »Muss etwas in sie hineinbekommen. Werde selbst diesmal dort schlafen.«
»Huh«, sagte Pyanfar, wagte aber nicht, mehr zu sagen. Dass sie beide sich in dasselbe Bett drängten, das war es, was Geran meinte; sonst bot sich in dieser von den lebenserhaltenden Geräten vollgestopften Kabine keine Möglichkeit. Pyanfar sagte nichts dazu. Sie versuchte an überhaupt nichts zu denken, aber die Brücke und der Korridor zur Kombüse boten ihr einen seltsamen Anblick, kamen ihr gleichzeitig nah und fern vor. Dunkelheit und Sterne und die monströse Form eines Knnn-Schiffes, das auf sie zuhielt, als wären sie nur eine Elritze in der Tiefe. Kif-Schiffe, die ein gleichmäßiges Sperrfeuer vor sich legten, ohne ein konkretes Ziel zu haben. Sie taten es nur, weil möglicherweise dort draußen etwas auf sie wartete. (Aber es konnten genausogut hilflose Zuschauer sein. Mahendo‘sat. Hani. Tc‘a.)
Fremde Hände an den Kontrollen der
Stolz,
die sich Zugang verschafften zu den Unterlagen der Chanur...
Die Docks von Kefk im Licht von Feuersbrünsten. Dreihunderttausend Stsho, die starben, plötzlich dem Vakuum ausgesetzt, zerbrechliche Leichen in Gazegewändern, erstarrt und im Weltraum treibend, festgefrorenes Entsetzen auf den Gesichtern.
Menschliche Gestalten, groß und mahenähnlich, die zu Tausenden in einen Gang strömten, unzählige Tullys, bewaffnet und feindselig...
»Käpt‘n...« Tirun packte sie am Arm. Hielt sie fest, als der Korridor vor ihr dunkel wurde und ihrer Schulter auf einmal die Wand im Weg war.
»Ich bin in Ordnung!« knurrte sie und schob die Hand weg.
»Aye«, sagte Tirun in dem Tonfall, den es verdiente.
Pyanfar schaffte es noch bis zur Kombüse, wo sie auf einen Stuhl sank, als ihr erneut die Sicht schwand. Jemand schob ihr einen Becher Gfi in die Hand, und das Bild vor ihren Augen wurde wieder klar. Sie führte den Becher an den Mund und zwang trotz der Übelkeit einen Schluck hinunter. Schnitt eine Grimasse und musste sich beinahe übergeben. Ein Sandwich tauchte vor ihr auf, in einer haarlosen Menschenhand. Tully und Khym waren in besserer Verfassung als irgendeiner der anderen, die seit Kefk im Dienst gewesen waren. Aber der vermischte Gestank von ihnen allen reichte aus, um selbst den Magen eines Kif umzudrehen. Und es war weit mehr als genug für einen Hani-Magen, und zu allem Überfluss gesellte sich noch der abscheuliche Geruch von Gfi und Nahrung hinzu sowie der Ammoniakgestank, der sich irgendwie an ihnen allen festgesetzt hatte. Pyanfar hatte immer ein sauberes Schiff geführt, ein tadelloses Schiff.
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