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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Sie mal auf den Mann dort, den mit Dreispitz und dem vergoldeten Stab, das ist einer von Cleopatras Bütteln… Nein! Wir wollen keine Prozession zu Ehren der Göttin Kybele anschauen und anschließend sehen, wie man wirklich und tatsächlich Männern live die Eier abgeschneidet! Nicht einmal, wenn sie mit Kräutern in Weißwein serviert werden!«
    »Göttin?« wiederholte Quaddel. »Ich dachte, die Religion wäre… äh…« Er zögerte. Sich so zu einem hohen Vertreter einer Kirche zu äußern, die in seinem vorherigen Leben noch floriert hatte, empfand er, gelinde ausgedrückt, als etwas sonderbar.
    »Daß wir davon geheilt sind, dachten Sie?« meinte der Kardinal, anscheinend unbeeindruckt. »Ja, das sind wir, das kann man durchaus sagen. Allerdings kann keine Spezies an einer so schweren Psychose leiden, ohne daß für lange Zeit unauslöschliche Spuren zurückbleiben, zumindest jedenfalls, wenn sonst nicht, in vielen Bereichen des Volkstums. Und außerdem, vergessen Sie nicht, es war ja ein unfaßbar einträgliches Geschäft. Da reicht nichts ran. Das sollten Sie doch am besten wissen.«
    Quaddel blinzelte und versuchte eine glaubhafte Verneinung zu formulieren. Doch Nixy, die auf dem Nebensitz saß, hatte es schon gehört. Sie wandte sich Quaddel zu und musterte ihn mit durchdringender Neugierde.
    »Also habe ich doch recht«, sagte sie leise. »Du verheimlichst irgend etwas.«
    »Nein, ach was! Ich weiß nicht genau, auf was der Kardinal da anspielt, aber…«
    Er konnte den Satz nicht beenden. Es kam zu einem erneuten Ansturm von Schleppern und Neppern aller Couleur, diesmal in solchen Massen, daß Kardinal Nummerneun aus einer Halterung an der Seite des Papamobils einen Krummstab zog und mit aller Macht erbittert auf sie eindrosch, und seine Begleiter ermunterte, das gleiche zu tun.
    »Nein!« schnauzte er. »Wir finden absolut nichts toll an dem einmaligen Erlebnis, zusammen mit einem Hahn, einem Hund und einem Skorpion in einen Sack gesteckt und in den Tiber geworfen zu werden! Haut ab, oder ich melde euch der GSPCA!«
    Nachdem die Bedränger endlich erkannt hatten, daß er ernst meinte, was er ihnen androhte, konnte er sich schließlich wieder in den Sitz lehnen. »Obwohl ich ein, zwei Leute kenne«, sagte er verhalten, »die, wie ich glaube, gegen einen Stich am richtigen Fleck nichts einzuwenden hätten… Entschuldigung. Ah, wir nähern uns dem Triumphbogen des Hadrian und der Trajans-Säule… Oder vielleicht heißen sie anders herum, ich kann es mir einfach nicht merken. Seit langem gibt es bis heute eine lebhafte Debatte darüber, ob man sie in dieser Anordnung hätte nebeneinandersetzen sollen, aber eine Säule ist nun einmal irgendwie phallisch, und die Form eines Torbogens erinnert vage an das Gegenstück des Phallus. Den Ausschlag gab aber, daß der Chefbürokrat sich vormacht, er hätte so allmählich doch den Durchblick, was Sexualität angeht, und als er zu dem Schluß gelangte, daß diese zwei Relikte komplementärer Natur sind, hat er veranlaßt, sie an diesen Standort zu verlegen und zusammen aufzustellen.«
    Unter dem Triumphbogen spielte sich etwas ähnliches wie eine Werbeveranstaltung ab. Weil Quaddel nicht einmal mit seinen normalisierten Augen unterscheiden konnte, was dort vor sich ging, erkundigte er sich danach beim Kardinal. Er sah nur, daß zahlreiche Männer – gelegentlich auch Frauen –, angelockt von der Reklame, an einer Hütte vorsprachen, man sie daraufhin entweder einließ oder abwies.
    »Dort werden Gladiatoren rekrutiert«, erklärte Kardinal Nummerneun mit einem Anklang der Verärgerung. »Der Sold ist gerade erhöht worden. Inwiefern soll es eigentlich ein Vergnügen sein, dabei zuzuschauen, wie zwei übergroße Flegel versuchen, sich gegenseitig die Eingeweide aufzuschlitzen und zu durchbohren…? Und außerdem« – anscheinend hatte er nun eine Anwandlung freimütiger Offenheit – »holt’s uns das Publikum von unseren Hexen- und Ketzerverbrennungen weg, die in dieser unserer Stadt immer die mit Abstand beliebtesten historischen Rekapitulationen gewesen sind. Von der geografischen Lage her waren sie zwar nicht allzu korrekt, das gebe ich zu, weil die Protestanten in Nordeuropa viel mehr Hexen als wir verbrannt haben, aber wir sind stets sehr stolz auf unsere Giordano-Bruno-Darbietung gewesen, auch wenn’s auf die Dauer äußerst schwierig war, genügend geeignete Masochisten für die Hauptrolle zu finden. Aus der gesamten Galaxis sind die Zuschauer

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