Chaos Erde
roh errichtete Steinwände, eine schiefe Theke (Kein Barkellner hätte sich je getraut, über diese splittrige Holzfläche einen Krug Bier sausen zu lassen – zum erstenmal hatten die Yelignesen oder ihre Authentitzitätsberater einen Authentizitätsvolltreffer gelandet!), und schon spazierte das wunderschönste Mädchen der Welt – nein, der Galaxis! – herein und heftete auf Quaddel trotz seiner theoretischen Unsichtbarkeit einen festen Blick.
Es war vollkommen ausgeschlossen, das goldbraune Gesicht, die leuchtenden Augen und den Prachtschopf schwarzen Haars zu verwechseln, wenngleich die übrige Gestalt diesmal unter einer Baumwoll-Jeans, einem Wildlederhemd, sehr fülligen, befransten Beinschützern – Chaps –, die die Trägerin zu breitbeinigem Seemannsgang zwangen, und hochhackigen, bossierten Stiefeln mit klirrenden Sporen verborgen blieb.
Und nicht zuletzt – oder vielleicht doch, denn Quaddel bemerkte es mit einiger Verspätung als letztes – einem ledernen, mit Patronen bestückten Pistolengurt, aus dessen Halfter die Schöne soeben einen mit Griffschalen aus Perlmutt verzierten, aber trotzdem höchst gefährlich aussehenden 44er Colt gezückt hatte.
»Sie sind das also!« schnaubte sie mit einer Stimme, die nach Diamantstaub auf in Olivenöl getauchtem Samt klang und Quaddel ein Schaudern des Entzückens nach dem anderen über die Haut jagte, so daß er nur noch Huu-hu-haaa, mehr, bitte mehr! denken konnte. »Sie sind die schwanzlose Gummisau, die meinen Erdaufenthalt vermasselt und mir die Erinnerungen für Multi-Opa verdirbt!«
Sie drückte den Abzug. Der Colt knallte. Reflexartig zuckte Quaddel zusammen, bevor er merkte, daß er nichts spürte und ebensowenig blutete; dadurch fand er Gelegenheit sich zu fragen, weshalb diese unglaublich reizende… äh… Frau (nahm man Mieze zum Maßstab, mochte sie gut und gerne hundert Jährchen alt sein) irgendeine Neigung haben sollte, ihn zu erschießen, es sei denn, aufgrund allgemein männerfeindlicher Prinzipien.
Und wie hatte sie hinter die ihm versprochene Unsichtbarkeit geblickt?
Achselzuckend maulten verschiedene Mitglieder der Touristengruppe über das, was man ihnen fürs Geld bot, insbesondere in die Überraschungseffekte. Der Einsturz der Tribüne in Holyrood hatte, so gab man zu, den Verheißungen der Veranstalter entsprochen, aber das hier… Das erachtete man, offen gestanden, schlichtweg als Enttäuschung. Aus einer Holografie, die ihn als Schnapshändler tarnte, kam der Dinosaurier zum Vorschein, moserte fortwährend über die evolutionäre Unterlegenheit des »Homo schnapsnasiens« und provozierte damit ein Wortgefecht mit einigen menschlichen Reisenden, während die übrige Gruppe von den Streithähnen auf Abstand ging.
Unterdessen rang Fix die Hände. »Ach, Miss Anangaranga-Jones«, jammerte er, »gerade als ich mir eingeredet hatte, nicht alle Hyperreichen müßten sich zwangsläufig wie ein Elefant im Porzellanladen benehmen – falls Sie nicht wissen, was ein Elefant ist, fragen Sie doch bitte ruhig –, da müssen Sie so etwas anstellen!«
Quaddel starrte die Frau an, als wüßte er schon nicht mehr, daß sie vorhin mit einem Revolver auf ihn geschossen hatte. Sie, diese bewunderungswürdig schöne Person – sie war Nixy Anangaranga-Jones, für die die Kleidung gedacht gewesen war, die eine von Aliens, die nach Angaben Dr. Nulpes kein Sexualleben kannten, konstruierte Maschine gedankenlos Quaddel angezogen hatte? Anscheinend ja!
Auf alle Fälle war sie es, die nun, nachdem sie den als nutzlos erkannten Revolver fortgeworfen hatte, auf ihn zuschritt (in Wahrheit, wegen der enormen Chaps, tappte sie unbeholfen heran, aber irgendwie schaffte sie es, sogar ungeschlachtenem Seemannsgang eine gewisse Anmut zu verleihen), und zwar mit dem entschiedenen Vorsatz, Quaddel zwei Ohrfeigen zu verpassen, erst mit der linken (Klatsch!), dann mit der rechten Hand (WATSCH!). Anschließend machte sie einen Schritt zurück, schnaufte mit erbitterter Miene, rieb sich die Handflächen, weil sie Quaddel so kräftig gehauen hatte, daß es auch ihr weh tat.
Ihre Augen hatten die Färbung des Lapislazuli. Diese Tatsache war Quaddel bisher entgangen. Erst jetzt konnte er den überwältigenden Kontrast zwischen dieser Edelsteinfarbe und der goldbraunen Haut auskosten. Nixy Anangaranga-Jones war in der Tat eine außergewöhnliche, ja begeisterungswürdig schöne Frau.
Boooh…
Sähe sie ihn nur nicht dermaßen haßerfüllten Blicks an…!
»Sie
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