Chaosprinz Band 1
beschissenen Penner. Wenn ich den erwische…« Er lässt gar keinen Widerspruch zu, schnappt grob nach Janoschs Unterarm und zieht ihn mit sich durch die rote Stahltür. Manu drückt mich fester an sich und fragt dann mit sanfter Stimme, ob es mir soweit gut gehen würde.
»Hm, ja, bin nur müde.« Wie zur Bestätigung muss ich auch sofort gähnen, was Manu ein kleines Lächeln entlockt.
»Komm, lass uns den Wagen holen.«
Wir müssen nicht weit gehen. Das Auto parkt in einer Nebenstraße. Erschöpft lasse ich mich auf die Rückbank fallen, während Manu den Motor startet und das Auto aus der Parklücke lenkt. Er tut natürlich, was Marc von ihm verlangt hat, und sucht sich einen freien Parkplatz vor dem Club.
Er zieht die Handbremse an und dreht den Zündschlüssel im Schloss herum. Der Motor geht aus. Im Auto ist es jetzt ganz leise. Ich sage kein Wort und auch Manu schweigt. Wir lauschen der dumpfen Musik, die aus dem Gebäude ertönt. Leute wanken an uns vorbei. Sie lachen, lallen, einer singt sogar. Ich gähne noch einmal.
»Es ist nicht gut, dass du so spät ins Bett kommst, wenn du am nächsten Tag zur Schule musst.« Manu sieht mich an und ich kann sehen, dass er ein schlechtes Gewissen hat.
»Schon okay, sind morgen ja nur drei Schulstunden, die gehen schnell vorbei.« Ich schenke ihm ein müdes Lächeln. Meinen Kopf lehne ich auf die Rückenlehne des Beifahrersitzes vor mir. Der Innenraum des Autos scheint sich irgendwie zu bewegen, er dreht sich ein bisschen, schaukelt mich hin und her. Ich seufze schwer.
»Wann hast du eigentlich vor, deinen Eltern zu sagen, dass du schwul bist?«
Marc und er haben mir diese Frage schon vorhin beim Abendessen gestellt. Ich verziehe das Gesicht. Blödes Thema! Ist mir unangenehm. Ich hab Angst und da helfen auch keine guten Ratschläge und Tipps. Was, wenn mein Geständnis all das kaputt macht, was ich in dem letzten Monat so mühsam aufgebaut habe? Mir ist natürlich klar, dass die Situation immer komplizierter wird, je länger ich warte, doch ändert das trotzdem nichts an meiner Entscheidung.
»Tobi?« Manu hat sich auf dem Fahrersitz halb herumgedreht und mustert mich nun mit seinen sanften, braunen Augen. Ich will nicht darüber diskutieren.
»Jens hat vorhin etwas Komisches gesagt, es ging irgendwie um Marc, dich und die Affäre meines Vaters. Ich hab's nicht so ganz kapiert. Er wollte wissen, was ihr beide zu diesem Thema gesagt hättet. Was hat er damit gemeint?« Ich weiß selbst nicht, warum ich das gerade gesagt habe. Ist mir einfach so in den Kopf gekommen, wie aus dem Nichts.
Ich hab ihn kalt erwischt. Absolut! Manu schaut mich völlig entgeistert an. Dann verändert sich sein Gesichtsausdruck. Die überraschte Miene verschwindet und plötzlich sehen seine Augen traurig aus. Er weiß, was Jens mit seiner Aussage meint.
»Ich habe keine Ahnung, warum Jens so einen Kommentar machen musste. Manchmal fängt er ganz unvermittelt mit diesem Thema an, er kann es irgendwie nicht ruhen lassen…« Manu fährt sich seufzend mit der Hand über das Gesicht. Er wirkt nun auch sehr müde. »Ich habe Marc betrogen. Vor zwei Jahren. Ein riesengroßer Fehler, den ich mehr bereue als alles andere in meinem Leben. Marc hat mir verziehen, Gott sei Dank! Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn er mich verlassen hätte. Naja, wie dem auch sei, die Sache ist vorbei und geregelt.«
Er beobachtet seine Finger, die das Muster des Fahrersitzes nachfahren. Schwarze Kreise und Schnörkel auf dunkelgrauem Stoff. Dann schaut er auf, blickt mir in die Augen.
Ich bin überrascht. Manu hat Marc betrogen. Er ist ihm fremdgegangen. Ausgerechnet Manu. Der liebevolle, sanfte und ehrliche Manu. Er ist so freundlich, gerecht und fürsorglich, niemals im Leben würde er irgendjemandem mit Absicht wehtun und schon gar nicht seinem Freund und Partner. Er liebt Marc.
»Das war vor zwei Jahren?«, frage ich leise nach.
»Ja.« Er nickt traurig.
»Wie ist das passiert?«
»Keine Ahnung.« Seufzend schließt er die Augen. »Ich kann es dir wirklich nicht sagen. Wir haben gerade richtig angefangen, in der Praxis zu arbeiten, sind in eine größere Wohnung umgezogen und Ludwig war wieder mal im Krankenhaus. Eine stressige Zeit eben. Marc und ich haben uns kaum gesehen, die Stimmung war angespannt und als ich dann eines Abends alleine im Club war, ist es eben passiert…«
Ich sage nichts.
»Ich weiß, Stress ist keine Entschuldigung fürs Fremdgehen. Ich möchte mich auch nicht
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