Chaosprinz Band 1
erhebe mich langsam. Alles in mir schreit: Bleib liegen, bleib liegen und hoffe, dass du einschläfst und nie mehr aufwachst. Doch ich ignoriere die Krämpfe in meiner Brust und meine brennenden Augen.
»Du siehst aber auch beschissen aus«, meint Maria grob und lugt unter ihrer Bettdecke hervor.
»Ja…« Ich lächle sehr schwach.
»Ist was passiert?« Nun klingt sie schon etwas sanfter.
»Hm... nein, ich bin nur müde.« Ohne ein weiteres Wort gehe ich in ihr Badezimmer. Ich habe gerade beschlossen, mich anzuziehen und dann zu Marc und Manu zu fahren. Ich brauche jetzt jemanden, der mich verhätschelt. Während ich mir das verquollene Gesicht mit kaltem Wasser wasche und mich dabei sehr anstrenge, nicht zufällig in den Spiegel zu schauen, kann ich Stimmen in Marias Zimmer hören.
Es sind die Kleinen... und Alex… Nein, den kann ich jetzt nicht sehen, das geht einfach nicht! Ich werde sofort wieder in Tränen ausbrechen! Mann, Tobi, bist du eine Heulsuse, oder was? ... Ja, bin ich!
Maria und Alex streiten, so viel kann ich verstehen. Sie zanken sich nach so einer Nacht und vor den Kindern? Diese Idioten! Stöhnend stürme ich aus dem Bad. Maria sitzt auf ihrem Bett, das Gesicht vor Schmerzen verzogen und mit Tränen der Wut in den Augen. Sie funkelt ihren Bruder zornig an. Ich sehe zu Alex.
Scheiße! Das gibt es doch nicht! Dieser Kerl ist ein Teufel! Da steht er, seine Haare fallen ihm sanft und weich in die Stirn, sie glänzen im morgendlichen Sonnenlicht. Seine Miene ist ernst und wütend. Die weiße Haut rein und zart wie immer. Keine Augenringe, kein verheultes Gesicht. Ich sehe aus wie das wandelnde Elend und er könnte gerade in Mailand von einem Laufsteg gehüpft sein.
»Das kannst du nicht machen, du Arsch«, brüllt Maria und hält sich sofort den Kopf.
»Was ist hier los?«, frage ich ziemlich aufgebracht. »Müsst ihr euch am frühen Morgen streiten? Und vergesst nicht, dass die Zwillinge noch im Raum sind.« Die Kleinen stehen neben mir und blicken verstört zwischen ihren Geschwistern hin und her. Alex sieht mich an. Ich gebe mir große Mühe, ruhig zu bleiben. Er ist vollkommen cool.
»Geh bitte mit den Zwillingen raus«, sagt er zu mir und seine Stimme klingt eiskalt.
»Nein, Tobi soll bleiben«, ruft Maria dazwischen, dann wendet sie sich mir zu. »Tobi, Alex will Mom und Dad von letzter Nacht erzählen.« Sie sieht mich hilfesuchend an.
»Alles?«, frage ich und betrachte Alex mit einer hochgezogenen Augenbraue. Er wirft mir einen bösen Blick zu.
»Bitte, du musst ihn davon abhalten!« Maria hat meinen Kommentar vollkommen ignoriert. »Mir geht es so schlecht und ich hab Kopfweh. Ich mach's auch nie wieder!« Sie klimpert mit den Augen, was in ihrem momentanen Zustand aber reichlich wenig Wirkung hat.
»Warum tut dir der Kopf weh, Maria?« Es ist Timmys helles Stimmchen.
»Ich... ich bin hingefallen«, meint Maria unsicher. Timmy läuft auf ihr Bett zu, krabbelt mit einem Satz auf die Matratze und drückt seiner Schwester einen dicken Kuss auf die Lippen. Maria ist sehr überrascht, dann lacht sie. »Du bist so lieb, Timmy! Wofür war der denn?«
»Ich hab dich geküsst, damit es dir bald wieder besser geht. Das macht man so. Alex hat es bei Tobi auch gemacht, als Tobi hingefallen ist. Gell, Alex?« Stolz sieht er seinen großen Bruder an und erwartet bestimmt ein ganz dickes Lob. Ich beiße mir auf die Unterlippe. Alex wird sehr blass. Maria blinzelt. Dann schaut sie von mir zu Alex und wieder zurück. Sie lächelt. Ganz, ganz fies…
»Das ist ja wirklich reizend«, flötet sie leise und starrt Alex an, der mittlerweile vor Wut kocht. Timmy ist verwirrt. Er sucht nach meinem Blick, ich gehe zum Bett und nehme ihn auf den Arm.
»Ja, Timmy, du hast recht! Und siehst du, Maria geht es schon viel besser«, sage ich.
Maria lächelt dreckig. »Ja, mir geht es spitze«, kichert sie. Ich hab genug! »Ich würde sagen, ihr seid quitt. Jetzt könnt ihr euch gegenseitig erpressen, das ist doch fein! Timmy, Emma und ich haben leider für so etwas keine Zeit, wir gehen jetzt frühstücken.« Ich schnappe mir Emmas Händchen und ziehe sie zur Zimmertür. Wir drehen uns nicht mehr um.
23. Kapitel
Liebeskummer
Jemand klopft mir heftig auf die Schulter. Ich zucke zusammen und versuche, den Berührungen der groben Hand zu entkommen.
»Hm…«, brumme ich und verziehe das Gesicht.
»Das ist die Endstation, du musst aussteigen«, sagt eine raue Stimme.
»Hm?« Mir fällt es schwer, die
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