Chaosprinz Band 1
alt und rau, sehen aber bestimmt toll aus, wenn man sie erst einmal abgeschliffen hat. Karl hat mir versprochen, dass er mir bei der Renovierung des Zimmers helfen wird. Hoffentlich ist auf sein Wort mehr Verlass als auf das meines Vaters.
Auf dem Weg zum Badezimmer werde ich die Shorts los. Das warme Wasser prasselt auf meinen Rücken, massiert mir den Nacken und läuft zärtlich an meinen Seiten hinunter. Ich genieße die Wärme und denke fünf Minuten lang an überhaupt nichts… Schön. Dann seife ich mir die Haare ein und verteile Duschgel auf meinem gesamten Körper.
Doch als ich mit den Händen über meinen Bauch fahre, sind die Gedanken an Alex sofort wieder da. Die Sache im Hof war verdammt aufregend… Ich halte meinen Kopf unter den Strahl, lasse warmes Wasser über mein Gesicht laufen und versuche wieder, an rein gar nichts zu denken…
Es funktioniert nur bedingt. Das Klopfen in meiner Brust will einfach nicht nachlassen. Wenige Minuten später drehe ich das Wasser aus, schnappe mir das bereitgelegte Handtuch und wickle es mir um die Hüfte.
Generell brauche ich nicht besonders lange im Bad. Mein Aussehen ist mir nicht unwichtig, aber ich bin definitiv nicht eitel genug und schlichtweg zu faul, um jeden Morgen Ewigkeiten vor dem Spiegel zu verbringen. Ich bin mir sicher, Alex steht jeden Morgen stundenlang davor. Erst wird er seine Model-Visage mit zweitausend Waschlotionen und Cremes einschmieren, dann kommen die Haare dran…
Ich muss grinsen, wenn ich ihn mir mit einem Handtuch-Turban auf dem Kopf und einer grünen Gesichtsmaske im Gesicht vor dem Spiegel vorstelle. Aber Scheiße, ich muss ehrlich gestehen, das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen.
Mein eigenes Spiegelbild hingegen zeigt mir einen 18-jährigen Jungen, dessen langes, dunkelbraunes Haar sich immer wieder selbständig macht und wild und zerzaust nach allen Seiten absteht.
Eine halbe Stunde später steige ich die steile Treppe wieder nach unten. Hoffentlich ist Martha in der Küche, ich habe Hunger und gegen ein bisschen Gesellschaft hätte ich auch nichts einzuwenden.
»Tobi?« Gerade will ich die Stufen zum ersten Stock runtergehen, als mich jemand leise zurückruft. Elena steckt den Kopf aus ihrem Zimmer und dreht ihn vorsichtig nach links und rechts, so als ob sie sicher gehen will, dass sich niemand sonst im Flur befindet. Wozu die Heimlichtuerei?
Zögernd greift sie nach meinem Handgelenk und zieht mich in ihr Zimmer. Sie schließt die Tür hinter uns, ohne dabei auch nur ein Geräusch zu machen. Der Raum ist nicht riesig, aber groß genug. Ein Bett steht unter dem Fenster, das einen Blick in den grünen Garten ermöglicht. Alles in allem ein gemütliches Zimmer, ein Ort, an dem man sich wohlfühlen könnte. Trotzdem glaube ich nicht, dass Elena hier glücklich ist…
»Setz dich doch, bitte.« Sie deutet auf das Bett. Eine schöne, saubere Tagesdecke ist über der Bettwäsche ausgebreitet. Ich lächle und setze mich.
»Ich wollte mich nur bei dir bedanken. Du hast es geschafft, dass die Kleinen keine Angst mehr vor dem Schaukeln haben…« Elena steht immer noch bei der Tür. Sie sieht mich nicht an, während sie spricht. Ihre Stimme ist leise und obwohl sie einen starken Akzent hat, ist ihr Deutsch tadellos.
»Kein Problem.« Ein bisschen verlegen weiß ich nicht, was ich sonst noch sagen soll.
Ich rutsche einige Zentimeter zur Seite, um ihr auf dem Bett Platz zu machen. Mit der Hand deute ich an, dass sie sich gerne neben mich setzen kann, doch sie schüttelt nur schnell den Kopf, wieder ohne mich anzusehen.
Gott, was haben die hier mit ihr gemacht, wenn das arme Mädchen so verdammt eingeschüchtert ist? Wenn ich an Marias Kommentar von heute Vormittag denke, kann ich es mir fast vorstellen. Irgendwie muss ich es schaffen, Elena aus ihrem Schneckenhaus herauszulocken.
»Wo kommst du eigentlich her?« Fangen wir also ganz von vorne an.
Jetzt sieht sie mich doch kurz an, senkt dann aber sofort wieder den Kopf. »Ich komme aus Peru.«
»Und wie lange bist du jetzt schon in Deutschland?«
»Seit fast drei Monaten.«
»Bleibst du das ganze Jahr?«
»Ja.«
»Und dann gehst du wieder zurück nach Peru?«
»Ich weiß noch nicht, ich würde gerne hier studieren… Aber ich will auch wieder nach Hause…«
»Hast du Heimweh?«
Sie nickt kurz und heftig. Noch immer hat sie den Kopf gesenkt, doch ihre feuchten Augen kann ich trotzdem sehen.
»Das kann ich gut verstehen. Ich bin erst zwei Tage von zu Hause weg
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