Chaosprinz Band 1
ich darf hinten sitzen… Ich habe kaum die Autotür geschlossen, da startet Alex auch schon den Motor. Er wartet, bis sein Vater auch so weit ist. Wir folgen dem Daimler auf die Straße.
»Ich hoffe, dass es nicht allzu lange geht.« Maria kramt einen kleinen Handspiegel aus ihrem Täschchen und überprüft ihr Make-up. »Ich will heute unbedingt noch ins Loco .«
»Das kann heute schon dauern«, brummt Alex leise, ich kann ihn kaum verstehen. Das macht er mit Absicht, er will mich aus dem Gespräch raushalten. Wütend starre ich aus dem Fenster. Pfff, soll der doch… Arsch…
»Kommt ihr mit?« Maria schaut ihren Bruder neugierig an, während sich dieser auf den Verkehr konzentriert.
»Was sollen wir denn mit lauter hysterischen Teenies?«, brummt Alex abweisend.
»Idiot!« Maria schnaubt beleidigt. »Du bist so ein überheblicher Penner. Ich weiß echt nicht, was Anja so toll an dir findet…«
Alex schweigt.
»Unglaublich, dass du schon zwei Wochen mit ihr zusammen bist… zwei ganze Wochen mit nur einer Tussi. Es geschehen also doch noch Wunder.« Spott und Hohn triefen aus ihrer kalten Stimme.
Alex reagiert immer noch nicht.
Er hat also doch eine Freundin. Übelkeit steigt in mir hoch. Wow, ich hätte nicht gedacht, dass diese Nachricht so etwas in mir auslöst… Zumal sie ja nicht wahnsinnig überraschend kam. Und trotzdem tut die Erkenntnis verdammt weh.
Wir werden langsamer. Als ich aus meinem Fenster schaue, erkenne ich, dass wir gerade in eine Tiefgarage fahren. Das Restaurant liegt sehr zentral in der Stadt. Es gibt noch reichlich freie Parkplätze zwischen den grauen Betonpfosten. Alex parkt neben dem schwarzen Daimler. Er zieht die Handbremse an, macht den Motor aus und schnallt sich ab. Maria hat die Beifahrertür schon geöffnet und ist ausgestiegen.
Langsam folge ich den beiden. Nervös streiche ich meine Kleidung glatt und hoffe, dass meine Frisur noch einigermaßen in Ordnung ist. Wir warten neben dem Daimler, bis Joachim und Bettina die Zwillinge aus ihren Kindersitzen befreit haben. Dann stehen wir für ein paar Sekunden still beieinander. Keiner sagt etwas, alle blicken auf ihre Schuhspitzen.
Wenn uns einer in diesem Moment beobachten würde, er würde sicher denken, wir üben hier gerade ein heidnisches Ritual aus oder so. Aber in diesen zwei Sekunden habe ich das erste Mal das Gefühl, ich bin ein Teil des Wir … Ich bin ein Teil dieser Familie.
Es bleibt aber keine Zeit, diesen schönen Moment zu genießen. Joachim nimmt Timmy an der Hand und deutet in Richtung Ausgang.
»Los, kommt!« Wir folgen ihm schweigend.
»Das war ja mal wieder so typisch! Unser Herr Sohn, der sich nicht entscheiden kann, ob er lieber Fisch oder Fleisch will. Bei jedem Essen haben wir diese Diskussion. Ist doch nur totes Tier. In den Mund damit und fertig! Aber nein, du musst ja aus allem ein halbes Drama machen!«
Hey, warum kommt mir dieses laute, tiefe Gebrüll nur so bekannt vor? Ich brauche einige Sekunden, ehe ich den großen, dicken Mann, seine Frau mit dem Zitronengesicht und ihren dürren Sohn in den richtigen Zusammenhang einordnen kann. Es ist die Familie, die ich beim Einkaufen im Möbelladen getroffen habe.
»Herr Klimmer!« Ich drehe mich um und schaue Joachim an. Was?
»Herr Ziegler! Das ist ja eine Überraschung. Kommen oder gehen Sie gerade?« Der Dicke brüllt immer noch, dieses Mal aber weniger unfreundlich.
»Wir sind gerade auf dem Weg zum Abendessen. Wir sind mit meinen Schwiegereltern verabredet.«
»Ach, wie nett.« Er deutet mit der Hand hinter sich zu seiner Frau und dem langen Jungen. »Herr Ziegler, meine Frau Elfriede kennen Sie ja bereits und meinen Sohn Martin auch.« Beide lächeln wie auf Kommando und Joachim macht schnell einen Schritt nach vorne, um Frau und Sohn Klimmer die Hand zu reichen.
»Ja, natürlich, wir haben uns ja schon des Öfteren gesehen… Wie geht es Ihnen?«
Frau Klimmer nickt höflich und antwortet mit einer hohen Piepsstimme, die mich erschrocken zusammenzucken lässt. Der Rest der Familie zuckt nicht mal mit der Wimper, daher gehe ich davon aus, dass ihnen die Klimmers schon bekannt sind. Nur Emma bedeckt ihre Ohren mit ihren kleinen Händen.
Alex und Maria folgen dem Beispiel ihrer Eltern und begrüßen die Klimmers mit vorbildlicher Höflichkeit. Martin kann es nicht lassen und starrt Maria mit glasigem Blick in den Ausschnitt – was scheinbar nicht nur mir auffällt, denn so wie der blöde Spanner bei Alex' Händedruck das Gesicht
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