Chaosprinz Band 1
bleibt an einem der Cover hängen. Zwei süße Jungs in Badehosen halten sich an den Händen. Summer Love .
»Oh, ist das ein Schwulenroman?«
Ludwig grinst, nickt dann.
»Hast du hier nur…?«
»Was? Nein, nicht nur, aber auch…« Er lacht noch immer. »Du darfst dir gerne was aussuchen.«
Ich werde ein bisschen rot und schaue dann wieder auf die beiden Typen in ihren Badeshorts.
»Ich glaube, Tobi hat da keinen Bedarf, oder? Du hattest doch gestern genug… Drama.« Marc scheint sich herrlich über sich selbst zu amüsieren. Ich werfe ihm nur einen warnenden Blick zu.
»Hast du daheim Ärger?«
Ich lächle Ludwig dankbar an. Seine Stimme klingt so ehrlich und voller Mitgefühl, dass mir ganz warm um mein armes, geschundenes Herzchen wird.
»'n bisschen!«
»Marc hat erzählt, du bist erst nach München gezogen bist und jetzt bei deinem Vater und seiner neuen Familie lebst?«
Ich bin überrascht. Warum redet Marc so viel über mich, wenn er mich doch so schrecklich ätzend findet? Schnell drehe ich mich um und suche nach dem strengen Blick hinter der modischen Hornbrille, doch Marc hat seine Nase gerade in einer der Kisten vergraben und wühlt dort nach Goldmünzen oder Grundwasser, was weiß denn ich…
»Ich stelle mir das alles sehr schwer vor.« Mitfühlend legt mir Ludwig wieder eine Hand auf die Schulter und deutet an, ich solle mich neben ihn auf eins der Tischchen setzen. Ich mache es mir auf Hape Kerkeling bequem, während er mir auf Charlotte Roche gegenübersitzt.
»Marc, reich uns mal die Keksdose… Danke.« Er stellt die blaue Dose zwischen uns ab und benutzt Cornelia Funke dabei als Teetischchen. »Also, was ist los?«
Ich stecke mir einen Keks in den Mund und überlege. Wo fang ich denn am besten an?
»Ich glaube, mein Vater will mich gar nicht hier haben«, nuschle ich leise und schiebe mir noch einen Keks in den Mund. Marc setzt sich neben mich auf Henning Mankell und nimmt mir die Keksdose aus der Hand.
»Das hat er gesagt?«
»Nein, gesagt hat er gar nichts.«
»Hast du ihn denn mal gefragt?« Böse blicke ich Marc an. Der klingt genau wie Alex…
»Nein.«
»Aha.«
»Wie Aha ?«
»Nur so.«
»Nur so?«
Verwirrt schaut Ludwig zwischen uns beiden hin und her, kratzt sich dann etwas am Kopf und knabbert an seinem Keks herum.
»Ich meine ja nur. Vielleicht hättest du ihn ja mal ganz direkt auf sein Verhalten ansprechen können?«
Ich starre Marc wütend an. »Wie denn? Wann denn? Als er mich nicht am Bahnhof abgeholt hat? Oder als er mich mitten im Ikea stehen gelassen hat? Ich hätte natürlich auch an den zahlreichen Abenden mit ihm sprechen können, an denen er nicht vor zweiundzwanzig Uhr nach Hause gekommen ist…«
»Ist ja schon gut, ich nehme alles zurück. Du bist das arme, unschuldige Opfer.« Der Sarkasmus in seiner Stimme verletzt mich sehr. Er war doch nicht dabei, er weiß nicht, wie ich mich fühle…
»Du klingst genau wie Alex.«
»Wer ist Alex?«, traut sich Ludwig eine leise Zwischenfrage.
»Sein Stief bruder .« Marc betont das Wort Bruder extra deutlich.
»Was hat der denn gesagt?«
»Er meint, ich wäre oberflächlich, verwöhnt und egoistisch…«, flüstere ich und spüre schon wieder einen dicken Kloß, der sich in meinem Hals festsetzt. Aus den Augenwinkeln heraus kann ich sehen, wie Marc interessiert die Brauen nach oben zieht.
»Hat er das gesagt, bevor oder nachdem…?«
»Bevor«, unterbreche ich ihn schnell.
»Und?«
Überrascht starre ich Marc an. »Was, und?«
»Na, hat er recht?«
Empört schnappe ich nach Luft. Marc ist soooooooooooooo fies.
»Nein, er hat nicht recht«, schnaube ich wütend und in meinem Ego verletzt. Tief in mir drin ruft ein kleines Stimmchen, das sich Vernunft nennt, ich hätte ein bisschen zu voreilig geantwortet, doch ignoriere ich dieses Gepiepse, wie ich es meistens tue. Das flaue Gefühl in meinem Magen bleibt aber, so wie schon gestern Abend.
»Also interessierst du dich ganz ernsthaft für deine neue Familie? Du willst wissen, warum sich dein Vater von deiner Mutter getrennt hat, willst seine Version der Geschichte hören. Du hast auch schon versucht, herauszubekommen, wer Alex' Vater ist, warum er nicht mehr bei seiner Familie lebt und in welchem Verhältnis Alex zu ihm steht? Du hast dich nach den Hobbys deiner Stiefmutter erkundigt und weißt mittlerweile, wann die einzelnen Familienmitglieder Geburtstag haben…?«
Ich schweige. Mich hat doch auch niemand nach meinem Geburtsdatum
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