Chaosprinz Band 2
und dem ganzen Zeug…? Glaubst du nicht, dass man es manchmal einfach weiß… einfach weiß, dass es Liebe ist... im ersten Augenblick…?«
Wieder sagt er nicht sofort etwas. Er wirft mir kurze Blicke zu, muss sich dann aber auf den Verkehr konzentrieren. Jetzt bereue ich es wirklich. Dieses Thema anzusprechen, war keine gute Idee. Was habe ich denn auch erwartet? Wie bin ich auf diesen Mist gekommen? Fehlt nur noch, dass ich ihm locker und lässig von meiner ersten Begegnung mit Alex erzähle…
»Ich habe vor der Schule mit Lena über das Thema Liebe gesprochen oder besser gesagt gestritten. Sie hat wohl ein bisschen zu viele Telenovelas geschaut und Groschenromane gelesen, wie dem auch sei, sie redete die ganze Zeit von Schicksal und so weiter. Ich habe ihr versucht, klarzumachen, dass die Liebe nicht in Form eines Traumprinzen plötzlich an der Haustür klingelt. Man muss etwas dafür tun und es läuft eben nicht immer exakt so, wie man sich das wünscht.
Ich wollte sie dazu bewegen, endlich den ersten Schritt zu machen und auf ihren Schwarm zuzugehen, anstatt immer nur von ihm zu träumen. Doch dabei war ich wohl etwas grob. Ich glaube, ich habe sie sehr verletzt, und sie ist traurig abgehauen. Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen, kann unseren Streit nicht vergessen und möchte mich unbedingt entschuldigen. Ich glaube, darum schwirren mir ihre Worte und Gedankengänge auch immer noch im Kopf herum«, erkläre ich mit leiser Stimme.
Wow, ich bin nun in der Königsdisziplin des Lügens und Wahrheitverdrehens angekommen. Das höchste Level. Als nächstes kommen Stehlen und Betrügen für Anfänger…
Kims Miene entspannt sich merklich. »Mach dir nicht zu viele Sorgen. Streit unter Freunden kommt schon mal vor. Ihr beide mögt euch doch sehr gerne, ihr bekommt das wieder hin.« Er lächelt. Ich atme erleichtert aus.
»Danke. Ja, ich hoffe, du hast recht«, hauche ich leise.
Dann biegen wir in die lange Einbahnstraße, in der sich Ludwigs Laden befindet.
»Mist, hier bekomme ich keinen Parkplatz…«, murrt Kim und schaut sich suchend um.
»Dann halt kurz in zweiter Reihe und ich springe einfach so raus«, schlage ich vor. Er hält den Wagen und sieht mich an.
»Und du willst heute Abend wirklich nicht vorbeikommen?« Sein Blick ist hoffnungsvoll.
»Doch, ich will schon, aber…« Ich seufze.
»Jaja, schon klar…« Er klingt enttäuscht.
Ich beuge mich zu ihm hinüber. »Küss mich«, hauche ich. Er grinst kurz und beeilt sich dann, meiner Bitte nachzukommen. Seine Lippen legen sich sicher und fest auf meine. Ich schließe sofort die Augen, genieße und lehne mich an ihn. So eng, wie es der unfreundliche Schaltknüppel zwischen uns eben zulässt.
Er legt seine Hände auf meine Wangen, streichelt meinen Hals, die Ohren und küsst zärtlich meine Unterlippe. Ich öffne langsam den Mund. Seine Zunge ist so heiß…
Meine Hände krallen sich in seinem Shirt fest, pressen sich auf seine Brust. Ich kann mir ein Stöhnen nicht verkneifen, als mich seine Finger im Nacken kraulen. Alle Zellen meines Körpers scheinen sich gerade einzig und allein auf Kim und unseren Kuss zu konzentrieren. Ich kann ihn atmen hören… tief und erregt… ganz nah… Mein Herz klopft… stärker… ungeduldiger… nervig…
Nee, das ist nicht mein Herz. Ich löse mich von Kim. Eine Sekunde lang sehen wir uns ziemlich verklärt in die Augen, dann verzieht Kim plötzlich das Gesicht und blickt an mir vorbei aus dem Beifahrerfenster.
Ich drehe mich um. Marc. Natürlich, wer denn auch sonst. Schnaubend öffne ich die Autotür.
»So was nennt man Verkehrsbehinderung«, meint er trocken.
»Das, was du machst, aber auch«, nuschle ich grimmig. Marc hat es scheinbar gehört, denn er zieht spöttisch beide Augenbrauen nach oben. Schnell drehe ich mich noch einmal zu Kim um, gebe ihm einen festen Kuss und schnappe mir dann meine Tasche.
»Wir telefonieren, ja?«, sage ich lächelnd und steige aus.
»Natürlich, ich ruf dich an.« Er grinst. »Tschau, Marc.«
»Tschüß.« Marc hebt kurz die Hand. Ich schließe die Beifahrertür und Kim fährt an. Ich winke ihm noch, bis er blinkt und nach rechts abbiegt. Dann ist er verschwunden.
»Machst du das eigentlich mit Absicht.« Schwungvoll drehe ich mich um und sehe Marc zornig an. »Verfolgst du mich den ganzen Tag, verkleidet mit Trenchcoat, Sonnenbrille und Hut, versteckst dich hinter Büschen und schleichst um Häuserecken, bewaffnet mit Nachtsicht-gerät und Fernglas, nur um
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