Chaosprinz Band 2
und kümmert sich um Lena«, meine ich beiläufig.
»Ja.«
»Es ist lieb von ihr, dass sie sich so sorgt.«
»Ja.«
»Aber eigentlich ist das ja typisch für Elena, sie ist immer so aufmerksam und feinfühlig ihren Mitmenschen gegenüber.«
»Stimmt.«
»Ich kenne kein Mädchen, auf das man sich so wunderbar verlassen kann.«
»Hm…«
Ich stöhne frustriert auf. Scheint komplizierter zu werden, als ich gedacht habe. Diese einsilbigen Antworten treiben mich schier in den Wahnsinn.
»Und wie süß sie ist.« Ich sehe ihn an.
»Hä?«
»Sie ist so ein süßes Mädchen, nicht wahr?«
»Ähm… Keine Ahnung, ich denke schon…«, murmelt Martin wenig begeistert.
»Du musst doch wissen, ob du sie hübsch findest«, fahre ich ihn etwas grob an.
»Äh, also… Ja, sie ist nicht hässlich…« Er ist verwirrt.
Nicht hässlich? Toll, genau das möchte man von seinem Schwarm hören. Ich schüttle den Kopf und gebe auf. Tut mir wirklich leid, Elena, aber ich denke nicht, dass zwischen dir und diesem Holzkopf jemals mehr laufen wird als gemeinsame Spielchen mit seiner Modelleisenbahn…
»Na, habt ihr schon einen Künstler?« Verwirrt schaue ich auf. Jan steht neben mir und lächelt.
»Was?«, frage ich reichlich konfus.
»Wir sollen doch bis nächste Woche Laienkünstler gefunden haben, die wir dann im Kunstunterricht vorstellen werden«, erklärt Jan schnell.
»Ach so… ja, stimmt… Scheiße!« Ich verziehe missmutig das Gesicht. »Nee, ich habe noch niemanden.« Die Wahrheit ist, ich habe überhaupt nicht mehr an diese dämliche Aufgabe gedacht. Mann, es gibt in meinem Privatleben einfach viel zu viele Probleme, da muss sich die Schule schon mal hinten anstellen.
In diesem Moment schwebt Jasmin an uns vorbei. Sie zieht einen süßlichen Blumenduft wie einen ewig langen Schleier hinter sich her. Ich verziehe angewidert das Gesicht. Bettina riecht besser, viel natürlicher. Wir betreten den Kunstsaal und setzen uns auf unsere Plätze. Wieder vermisse ich Lena.
Die Doppelstunde verläuft recht ereignislos. Wir arbeiten immer noch mit Ölfarben und ich genieße es, auf einem großen Blatt Papier herumzupantschen. Ich bemerke gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Als die Schulglocke läutet, erwache ich aus einer Art Trance. Herzhaft gähnend strecke ich mich erst einmal, betrachte mein Kunstwerk, das an eine überschwemmte Baustelle erinnert, und packe meine Sachen zusammen. Mit der Tasche unter dem Arm verlasse ich das Klassenzimmer. Ich muss mich beeilen, Kim wartet auf mich…
»Tobi?« Alex schiebt sich grob durch die Schülerscharen. Er sieht mich etwas verwirrt an.
»Warum bist du so schnell abgehauen?«, fragt er angepisst.
»Oh… ich wusste nicht, dass…«
»Ich habe doch gesagt, ich fahr dich zur Arbeit«, unterbricht er mich grob.
»Also…« Das ist jetzt blöd. Sehr blöd. Wie ein dicker, fetter, ekeliger Wurm schlängelt und windet sich das schlechte Gewissen in meinem Magen.
»Du brauchst mich nicht zu fahren«, sage ich leise. »Kim wird mich abholen, wir verbringen die Mittagspause zusammen und dann fährt er mich zur Arbeit…«
Alex sieht mich an. »Ach so. Das hättest du auch gleich sagen können…« Er dreht sich um. Er ist doch nicht etwa verletzt? Dazu hat er kein Recht… oder?
»Tschüß und bis heute Abend«, rufe ich ihm hinterher. Er nickt nur. Ich versuche, mir seinen Blick ins Gedächtnis zu rufen, seine Reaktion, der Ausdruck in den grauen Augen… Was war da? Was habe ich da blitzen sehen? Trauer, Wut, Eifersucht? Vielleicht hat auch überhaupt rein gar nichts geblitzt, nirgends, und ich habe mir nur alles eingebildet.
Kim wartet tatsächlich schon auf dem Parkplatz. Mit dem Rücken lehnt er an seinem Golf und sieht verboten gut aus. Er grinst breit, als er mich auf sich zukommen sieht. Mir fällt auf, dass die vorbeigehenden Schüler, natürlich hauptsächlich die Mädchen, immer wieder stehen bleiben oder sich interessiert nach Kim umdrehen. Man kennt ihn nicht und ist neugierig. Neugierig auf diesen heißen Typen! Wahrscheinlich wollen die Mädchen wissen, welche Mitschülerin sich glücklich schätzen darf, von diesem Kerl abgeholt zu werden. Ich strahle ihn freudig an.
»Hallo, du!«
»Selber hallo.« Er lächelt charmant. Wir nehmen uns nur kurz in den Arm. Den richtigen Begrüßungskuss sparen wir uns für später. Trotzdem ist es schön, ihm wieder nah zu sein.
»Können wir los?«, fragt er.
»Ja.«
»Ist das eigentlich euer Daimler dort drüben,
Weitere Kostenlose Bücher