Chaosprinz Band 2
präsentieren muss.«
»Um meinen Vater zu überzeugen, müsstest du dir die Beine rasieren, eine Perücke tragen und ein kleines, hübsches Sommerkleidchen anziehen. Wenn wir Glück haben, hält er dich für ein Mädchen. Hey, deinen Namen kannst du sogar behalten.« Ich lache und er kneift mir grob in die Seite.
»Spinner. Ich fürchte, ich wäre ein außergewöhnlich hässliches Mädchen.«
»Ich fürchte auch«, kichere ich. »Aber wir können ja sagen, du bist Sportlerin und trainierst Kugelstoßen für Olympia…« Wir albern noch eine kleine Weile so herum, bis Kim auf seine Armbanduhr schaut und meint, es wäre nun doch Zeit zu gehen. Etwas traurig folge ich ihm und wir schlendern gemütlich in Richtung des Parkplatzes.
Er holt den Schlüssel aus seiner Hosentasche und löst die Zentralverriegelung des Golfs per Knopfdruck. Ich öffne die Beifahrertür und lasse mich schwer auf den Sitz fallen.
»Ab wann hast du in mir mehr gesehen als nur den kleinen Jungen von nebenan?« Ich beobachte ihn aufmerksam, als er sich den Sicherheitsgurt um den Körper legt und den Zündschlüssel ins Schloss steckt.
»Hm, ich weiß nicht. Ich glaube, es ist in diesem einen Sommer passiert, diesem richtig heißen, erinnerst du dich? Ich war vielleicht vierzehn oder fünfzehn und du hast auf deinem Apfelbaum hinter eurem Haus gesessen.«
»Ich wollte ein Vogel sein«, erkläre ich ihm ernst.
»Ach, und ich dachte, du stehst einfach total auf Äpfel. Naja, wie dem auch sei, du hast dort auf deinem Ast gesessen, mit den Beinen geschaukelt und wurdest dabei von einer Wespe gestochen…«
»Ja, natürlich, das weiß ich noch…« Ich nicke aufgeregt.
»… ich hab mit einem Kumpel Fußball in unserem Garten gespielt, wir haben dich schreien gehört und dann dabei zugesehen, wie dein Gesicht monstermäßig angeschwollen ist. Das war der absolute Oberhammer.« Er lacht.
»Kim«, rufe ich entsetzt. »Ich hatte eine allergische Reaktion. Meine Mutter musste mich ins Krankenhaus bringen.«
»… deine Wangen waren knallrot und aufgeblasen wie ein Luftballon und du hast die ganze Zeit über gefiept und gezappelt…« Er kann gar nicht mehr aufhören zu lachen und hat Mühe, sich auf den Verkehr zu konzentrieren.
»Spinnst du, das war nicht lustig«, rufe ich gekränkt und mahnend.
»Sah aber irre lustig aus«, prustet er und kichert schon wieder.
»Ich wäre beinahe gestorben…« Empört sehe ich ihn an.
»Tut mir leid, Süßer…« Er hat meinen Ärger bemerkt und beißt sich nun kräftig auf die Zähne, um nicht mehr zu lachen. Ich kann seine angespannten Kieferknochen sehen.
»Und bei diesem Ereignis hast du dich dann in mich verliebt?«, frage ich etwas ruhiger.
»Klar, du warst der süßeste Ballonkopf, den ich jemals gesehen habe…« Er kichert wieder.
»Kim, ernsthaft«, schmolle ich.
»Nein, in diesem Sommer habe ich mich nicht in dich verliebt.« Er kämpft sich durch den dichten Verkehr der Münchner Innenstadt und muss den Golf an einer Ampel halten.
»Wann hast du dich dann in mich verliebt?«
»Hm… Süß fand ich dich schon immer. Doch richtig verliebt… Erst in diesem Sommer, an deinem Geburtstag…« Er lächelt. Ich lächle auch. Zufrieden lehne ich mich im Sitz zurück und schaue aus dem Fenster.
»Kim?«, frage ich nach einer kleinen Schweigepause unsicher. »Was, denkst du, ist besser: Liebe, die sich mit der Zeit entwickelt, oder Liebe auf den ersten Blick?«
Er antwortet nicht, darum drehe ich den Kopf in seine Richtung und bemerke, dass er mich beobachtet.
»Wieso fragst du so etwas?« Seine Stimme ist ruhig.
»Keine Ahnung, der Gedanke ist mir einfach so gekommen«, meine ich schnell und zucke unschuldig mit den Schultern. Vielleicht ist das keine gute Idee gewesen… Hm, sein ernster, forschender Blick… ich bereue meine unbedachte Frage…
»Ich denke, es gibt gar keine Liebe auf den ersten Blick«, sagt Kim bestimmt.
»Wirklich?«
»Ja. Vielleicht sieht man mal jemanden, den man heiß findet, heißer als alle anderen, aber das Wort Liebe hat in diesem Zusammenhang nichts zu suchen. Zumindest nicht so, wie ich es verstehe. Liebe entwickelt sich doch, braucht eine Geschichte und zwei Charaktere. Ein Blick, ein hübsches Äußeres und ein paar belanglose Gespräche können sich noch lange nicht Liebe nennen.« Er klingt ziemlich überzeugt. Ich denke über das nach, was er eben gesagt hat.
»Du hast vollkommen recht, Liebe muss sich entwickeln. Aber was ist mit Magie und Schicksal
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