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Chaosprinz Band 2

Chaosprinz Band 2

Titel: Chaosprinz Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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aufzuwärmen. Marc bewegt sich keinen Zentimeter.
    »Ich habe was vergessen«, meint er plötzlich.
    »Was?«, stöhne ich genervt.
    »Meine Autoschlüssel. Sie müssen noch bei Paps im Laden sein.« Er macht ein ernstes Gesicht. »Am besten, ich gehe gleich zurück und hole sie, ehe sie weg sind.«
    »Marc!« Ich verdrehe die Augen. »Erstens: Du bist heute mit der Bahn gefahren, dein Auto und die Autoschlüssel sind den ganzen Tag zu Hause geblieben. Und zweitens: Selbst wenn du sie im Laden liegen gelassen hättest, wer sollte sie denn stehlen? Hauselfen?«
    Marc schaut mich trotzig an. »Wer weiß. Du bist doch derjenige, der an Fabelwesen und Fantasiefiguren glaubt.«
    »Aber nur an die guten.« Ich grinse. »Lass uns gehen!«
    Ich greife grob nach seinem Arm. Er wehrt sich.
    »Ich muss sofort nach Hause, ich erwarte noch einen wichtigen Anruf«, erzählt er mir leicht nervös.
    »Auf einmal?«
    »Ja, ist mir eben wieder eingefallen.« Sein Gesicht glänzt feucht vom kalten Nieselregen und in seinen dichten, dunklen Haaren sammeln sich große, runde Wassertropfen. Sie rinnen an den einzelnen Haarsträhnen herunter und baumeln dann einige Sekunden an den Spitzen, ehe sie sich lösen und auf seiner Jacke oder seinem Hals landen.
    »Ist dir nicht kalt?«, frage ich sanft.
    Er schüttelt den Kopf. Eine Lüge. Seine Nase ist gerötet und seine Lippen zittern ein bisschen.
    »Dir ist kalt«, stelle ich ernst fest.
    »Nur ein bisschen«, murmelt er. »Hey, wir könnten doch einen Kaffee trinken gehen. So eine kleine Aufwärmung wäre doch ganz nett, oder?«
    Ich verdrehe wieder die Augen.
    »Marc«, sage ich sehr langsam. »Wir stehen nur knapp sechs Meter von unserem Kaffee entfernt… und von Kuchen, Prosecco, Nudelauflauf und Vanillepudding – Janoschs und Uwes Kühlschrank ist das wahr gewordene Schlaraffenland. Alles, was wir tun müssen, ist zu dieser Haustür zu gehen, auf den Klingelknopf zu drücken und darauf zu warten, dass jemand öffnet.«
    Ich drehe mich um und deute auf den hohen, breiten Hauseingang, der sich gleich neben uns befindet. Marc mustert das große, graue Haus voller Furcht und Unsicherheit. Er würde am liebsten die Flucht ergreifen, das sieht man ihm nur allzu deutlich an.
    Vorhin, als wir gemeinsam stapelweise Bücher geschleppt und Ludwigs Laden auf Vordermann gebracht haben, ist Marc noch nicht so ängstlich gewesen. Da hat sich mein Vorschlag, die Freunde zu besuchen, noch vernünftig und richtig angehört. Marc hat selbst zugegeben, dass er Janosch und Uwe in letzter Zeit sehr vernachlässigt und oftmals sogar vor den Kopf gestoßen hat. Er weiß, dass er etwas tun muss, um die Freundschaft nicht zu gefährden.
    Er seufzt schwer. Und starrt zu der Wohnung der Freunde hoch. Sie liegt im vierten Stock. Das Küchen- und das Wohnzimmerfenster sind hell erleuchtet.
    »Vielleicht sind sie nicht da?«, meint Marc.
    Ich zwicke ihm grinsend in die Seite. »Scherzkeks.«
    Doch Marc möchte gar nicht lustig sein. Gequält verzieht er das Gesicht und sieht dann wieder zu den Fenstern hinauf. Ich greife nach seiner Hand. Sie ist ganz kalt. Ich ziehe ihn mit mir.
    Ich weiß, wie er sich fühlt. Jedes Mal, wenn ich mit Pa zusammen bin, möchte ich wegrennen, fliehen und mich irgendwo verstecken. Dabei weiß ich ganz genau, dass sich niemals etwas an unserer Situation ändern wird, wenn ich nicht endlich meinen gesamten Mut zusammennehme und versuche, ihn richtig kennenzulernen.
    Nachdem er mich im Laden mit Ratschlägen und Lebensweisheiten gefüttert hat, erzählte mir Marc von seinem Wochenende. Er war die ganze Zeit über zu Hause. Allein. Er hat drei Kuchen gebacken. Zwei sind nichts geworden und den dritten hat er sofort ganz aufgegessen. Danach bekam er ein schlechtes Gewissen und ist joggen gegangen. Dabei hat er sich den Fuß verdreht, als er auf dem feuchten Laub ausgerutscht ist.
    Wieder in seiner Wohnung angekommen, hat er sofort einen Beschwerdebrief an die Münchner Stadtverwaltung geschrieben. Die Bürgersteige und Wege müssten immer gesäubert sein. Diese feuchten Blätter im Herbst wären wahnsinnig gefährlich und ein Risiko für jedermanns Gesundheit.
    Das war der Punkt, an dem ich ihn in den Arm nahm und so sanft und liebevoll wie möglich sagte: »Marc, du brauchst unbedingt ein Leben.«
    Erst war er schockiert. Dann wütend. Dann sah er es ein. Und war wieder schockiert. Am Ende meiner Schicht ließ er sich von mir dazu überreden, Janosch und Uwe zu besuchen. Er war

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