Chaosprinz Band 2
Gesicht, die Wangen, das Haar, den Hals – immer weiter runter… Der Kehlkopf, das Schlüsselbein, die Schultern, dann die Brust… Er tastet mit den Fingerkuppen über mein Brustbein. Fast könnte man meinen, er würde meine Rippen zählen.
Schwer atmend beobachte ich ihn bei dem, was er tut. So wurde ich noch nie berührt. Es ist, als ob er jeden Zentimeter kennenlernen will. Immer dort, wo seine Finger gerade entlang wandern, scheint das Blut zu rasen. Zärtlich legt sich seine Hand auf meine Brust. Er drückt die Handfläche gegen die Stelle, unter der mein Herz so wild tobt, als wolle es sofort raus und ihm entgegenspringen.
Ich frage mich, was passiert, wenn er seine Hand wieder wegnimmt? Hört mein Herz dann einfach auf, zu schlagen?
Erregt hebe ich den Blick und suche nach seinen Augen. Sie sehen mich direkt an. Obwohl es so dunkel ist, kann ich sie doch vor Leidenschaft flackern sehen.
»Weißt du noch, was du mir in der Galerie meines Vaters versprochen hast?«, fragt er mit rauer Stimme.
Ich nicke und schlucke hart. Alex grinst und beugt sich zu mir herüber. Ich schließe die Augen und recke mich ihm gierig entgegen. Ich mache alles, was er will…
Doch er küsst mich nicht, dazu kommt es nicht. Die Zimmertür wird aufgerissen. Ein heller Lichtstrahl trifft das große Ehebett und lässt uns erschrocken zusammenfahren.
»Oops, ich störe doch nicht etwa?« Tom hüpft gut gelaunt ins Zimmer und grinst uns rotzfrech an.
»Tom«, knurrt Alex drohend. »Verpiss dich!«
»Na, hör mal.« Tom macht ein empörtes Gesicht. »Spricht man so mit seinem Gastgeber? Ich glaube eher nicht.«
Vor meiner Seite des Bettes geht er in die Knie und legt die Arme auf der Matratze ab.
»Guck-guck!«, sagt er zu mir und zupft urplötzlich an der Bettdecke herum. »Hat Bambi denn noch ein Höschen an?«
Er will die Decke hochheben, doch Alex beugt sich schnell über mich und schlägt seine Hand weg.
»Tom…«, sagt er und dieses Mal klingt der drohende Ton in seiner Stimme ziemlich ernst.
»Schon gut«, meint Tom und hebt die Arme in die Höhe als Zeichen, dass er sich ergibt. »War doch nur ein kleiner Spaß.«
»Was willst du?«, fragt Alex gereizt.
»Da sind ein paar Dinge, über die ich ständig nachdenken muss und ihr – als Pärchen oder zumindest so etwas in der Art – könnt mir doch bestimmt Antworten geben.«
»Antworten schon, aber ob sie dir gefallen werden…«, murrt Alex.
»Also.« Tom stützt den Kopf auf den Händen ab. »Frage Nummer eins: Worüber spricht man in einer Beziehung?«
Alex und ich sehen uns kurz an.
»Ähm, über so ziemlich alles«, sage ich und zucke etwas hilflos mit den Schultern.
»Was ist alles ?«, will Tom wissen.
»Interessen, Wünsche, Ängste, der ganze Scheiß von vorne bis hinten«, murrt Alex und hofft, das Thema somit abhaken zu können.
»Also sprecht ihr über eure Hobbys?« Tom sieht uns fragend an.
»Schon«, nuschle ich.
Worüber reden Alex und ich eigentlich? Wir haben immer ein Thema und müssen nie nach einem suchen. Trotzdem kann ich auf Toms Frage keine genaue Antwort geben.
»Hm.« Tom wirkt nicht sehr befriedigt. »Nun gut, nächste Frage: Wird Sex thematisiert?«
»Was?«, blafft ihn Alex an.
»Redet ihr über Sex?«
»Wir reden nicht über Sex, wir haben ihn!«, zischt Alex spöttisch. Ich grinse und lehne mich ein bisschen an seine warme Brust.
»Toll, freut mich wirklich für euch«, murmelt Tom recht desinteressiert. »Aber was ich wissen will: Diskutiert ihr über euer Sexualleben? Werden Ort und Stellung abgestimmt oder entscheidet ihr per Zufall…?«
»Wir werfen immer eine Münze«, meint Alex zynisch.
»Im Ernst?« Tom macht große Augen.
»Tom«, gehe ich schnell dazwischen. »Warum machst du dir denn so viele Gedanken? Du bist doch nicht das erste Mal mit einem Typen zusammen.«
»Doch… Also, so richtig, meine ich.« Er sieht mich ernst an. »Ich hatte noch nie eine Beziehung und ich weiß nicht, was man da machen muss.«
»Du musst nichts machen , du musst nur fühlen«, erkläre ich ihm.
Er schüttelt verständnislos den Kopf. »Woher soll ich denn wissen, was er denkt und will? Nicht jeder kann so einfach in seinen Partner hineinschauen wie ihr zwei.«
Ich nicke stolz. Ja, auf dieser Ebene sind wir wohl etwas Besonderes.
»Bei Bambi ist es ziemlich einfach. Bei ihm weiß man immer sofort, was in seinem kleinen Hirn herumspukt«, meint Alex locker.
Ich drehe mich entrüstet zu ihm um. »Mein kleines
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