Chaosprinz Band 2
warte…
Meine Armbanduhr verrät mir, dass es gleich ein Uhr ist. Ich warte… Dann kann ich Motorengeräusche hören. Ein Auto fährt unsere Einfahrt hoch. Es wird langsamer, es hält, der Motor geht aus. Ich warte…
Schritte draußen. Das Licht des Bewegungsmelders geht an, erleuchtet den Bereich vor der Haustür. Ein Schlüssel wird ins Schloss geschoben, er dreht sich und die Tür wird geöffnet.
Pa tastet nach dem Lichtschalter, er findet ihn und sofort erscheint die gesamte Eingangshalle im hellen Licht des goldenen Kronleuchters, der von der Decke baumelt. Dann sieht er mich und kann einen kleinen Schreckensschrei nicht unterdrücken.
»Tobias, willst du mich umbringen?«, keucht er und presst beide Hände auf seine Brust.
»Weiß ich noch nicht«, erwidere ich leise und mustere ihn. Seine Krawatte hängt ihm locker um den Hals, die ersten beiden Knöpfe des Hemdes sind geöffnet, das Jackett ist zerknittert.
»Wo warst du?«, frage ich ruhig.
»Arbeiten…«, antwortet er ebenso leise. »Ich habe doch heute Nachmittag angerufen und Bescheid gesagt.«
»Ich weiß, als ich nach Hause gekommen bin, haben sie es mir erzählt.«
»Also?«
»Das frage ich dich.«
Immer noch starren wir uns an. Er schnaubt und fährt sich mit den Händen durch die zerzausten Haare.
»Es ist verdammt spät, Tobi, du musst morgen früh raus und solltest jetzt schleunigst ins Bett gehen.«
»Du hast wieder was mit ihr, oder?«
Seine Augen funkeln. »Nein…«
»Du lügst…« Ich stehe auf. »Als mir Bettina beim Abendessen gesagt hat, dass du heute länger arbeiten müsstest, war es mir sofort klar. Ich habe es gleich gewusst. Doch sie nicht, sie saß dort, an eurem Esstisch, in eurem Haus, mit euren Kindern und hat rein gar nichts geahnt…«
»Ich habe die ganze Zeit über gearbeitet«, verteidigt er sich aufgebracht.
»Hör auf zu lügen!« Meine Stimme wird lauter. »Du hast es versprochen. Du hast mir versprochen, dass du Schluss machst, dass du um deine Ehe kämpfen willst…« Ich zittere. »Und jetzt machst du alles kaputt.«
Wieder rauft er sich die Haare. Er sieht verzweifelt aus. Durcheinander…
»Es war nur dieses eine Mal…«, raunt er leise.
»Was?«
»Ich habe mich von Jasmin getrennt, aber… sie hat mich heute Mittag angerufen und…« Er bricht ab und sieht zu Boden.
»Und das soll ich dir glauben?«, frage ich aufgebracht.
»Es ist die Wahrheit. Ich wollte es beenden. Ich will es immer noch, aber… Es ist alles nicht so einfach.«
»Gott, du Armer.« Spöttisch ziehe ich beide Augenbrauen nach oben. »Wenn es dir so schwer fällt, dich zu entscheiden, dann –«
»Nein, es fällt mir nicht schwer, mich zu entscheiden«, sagt Pa schnell. »Ich habe mich doch schon längst entschieden.«
»Davon merke ich aber nichts.«
Er fängt an, in der Halle auf und ab zu gehen.
»Du bist noch ein Kind, was verstehst du schon von der Ehe?«, raunt er bitter.
»Na, zumindest kapiere ich so viel, dass ich dir versprechen kann, wenn du so weitermachst, dann bist du sehr bald schon geschieden.«
Seine dunklen Augen starren mich an. »Ich liebe Bettina.«
»Du betrügst sie.«
»Es war ein… ein Rückfall…«
»Du wolltest um sie kämpfen.«
»Ich habe es versucht.«
»Ach ja?«
»Ja«, schnaubt er und fängt wieder an, auf und ab zu gehen. »Ich glaube nicht, dass ich sehr erfolgreich war. Sie ist immer noch nicht glücklich…«
»Was hast du erwartet? Dass du nur kurz mit den Fingern schnipsen musst und schon ist alles wieder wie früher? So etwas erfordert Zeit und Mühe.« Oh mein Gott, ich klinge wie Marc…
»Das muss ich mir nicht von einem achtzehnjährigen Grünschnabel wie dir sagen lassen.« Wütend sieht er mich an.
»Scheinbar doch, denn immerhin bin ich es, der von deiner Affäre weiß und der darüber schweigen muss.« Ich bin mindestens genauso wütend.
»Du bist immer noch mein Sohn und ich erwarte einen gewissen Respekt«, meint er drohend.
»Dein Sohn?«, fauche ich. In meiner Kehle sammelt sich ein fetter Kloß. Mein Hals brennt und meine Glieder zittern. »Auf einmal bin ich dein Sohn? Sonst interessierst du dich doch auch nicht für mich.«
Er starrt mich an. »Was redest du da, natürlich interessiere ich mich für dich. Wir haben uns doch erst neulich über die Schule unterhalten und –«
»Über die Schule«, schreie ich und es ist mir jetzt egal, ob ich laut bin und man mich oben hört. »Du kapierst wirklich gar nichts, überhaupt nichts.«
Seine dunklen
Weitere Kostenlose Bücher