Charade - Bittersueßes Spiel
her, seit wir ihre Mutter begraben haben.
Erneut sieht sie mich kurz an. Ich kann sie nicht besonders gut sehen, weil es dunkel ist, aber ich weiß, ihr Blick ist auf mich gerichtet. »Oh Colt. Man könnte beinahe glauben, du seist ein netter Kerl.«
Ihr Kommentar ärgert mich ein wenig. Nicht, weil ich mich für einen netten Kerl halte, sondern weil sie immer jedem Scheiß ausweicht. In letzter Zeit ist ihr viel zugestoßen. Ich habe sie zusammenbrechen sehen und weiß, ihr geht es längst nicht so gut, wie sie die Leute gerne glauben macht. Oder vielleicht denkt sie tatsächlich, dass es ihr gut geht.
Aber Scheiße. Das ist, was ich für sie sein sollte. Eine Ablenkung. Ich wusste das, als ich mich auf diese Sache eingelassen habe und weiß es auch jetzt. Langsam wird mir auch klar, was zur Hölle mein Problem ist. Vielleicht liegt es daran, dass ich im selben Boot sitze.
»Wir wissen beide, dass ich kein netter Kerl bin. Und wir wissen auch, dass du im Moment ziemlich viel Mist im Kopf hast. Darum frage ich. Wenn du nicht antworten willst, dann lass es. Spiel nicht mit mir.«
»Ich will nicht darauf antworten.« Ein paar Minuten lang sind wir still, und ich bin um einiges wütender, als ich das Recht dazu habe.
Schließlich redet sie wieder. »Es ist schwierig. Ich versuche, damit klarzukommen. Ablenkungen helfen. Spaß hilft. Du … hilfst.« Den letzten Teil wollte sie nicht aussprechen, das sehe ich ihr an.
Wollte ich es hören? Ich weiß es nicht. »Gut.«
»Wie geht’s deiner Mom?«
Fuck. Warum musste ich damit anfangen? Gerade habe ich ihr die Hölle heiß gemacht, also muss ich jetzt antworten. »Wie immer … wie soll es auch anders sein? Es gibt nur einen Weg … nach unten.«
»Du hast nie …«
»Du hast sie gesehen, Chey. Es gibt keine Hoffnung. Sie hat die Behandlung abgebrochen. Das Hospiz war involviert. Wir wissen beide, was passieren wird.« Die Worte schmerzen auf ihrem Weg nach draußen. Ich will den Mund halten, nichts weiter sagen, aber das würde die Dinge nicht ändern.
Plötzlich liegt ihre Hand auf meinem Oberschenkel. »Also … heute Nacht … Wenn wir nach Hause kommen … Willst du?« Da ist ein Lachen in ihrer Stimme.
»Scheiße ja, ich will.«
Wir erreichen das Haus, in dem die Party stattfindet. Es steht ein wenig abseits vom Rest der Häuser, und ein Grundstück gehört dazu. Im Garten dahinter kann ich bereits ein Lagerfeuer erkennen.
Ich bin kurz davor, die Tür zu öffnen, als Chey mir eine Frage stellt. »Was geht zwischen dir und Gregory vor?«
Ich schalte die Innenbeleuchtung an. »Er ist ein Arsch?«
»Netter Versuch.«
Ich zucke die Schultern. »Im Grunde stimmt das. Ich hasse Kerle, wie ihn. Er denkt, er kann mit allem davonkommen. Wir waren mal eine Nacht unterwegs und haben ihn dabei erwischt, wie er diesen Jungen in der Mangel hatte. Es war der typische Bruderschaftsmist, aber der Kleine hat sich aus Angst fast in die Hosen geschissen. Gregory und seine Freunde wollten ihn dazu bringen, etwas zu klauen. Sie haben ihn bedroht. Wir haben mit Greg den Boden aufgewischt. Er mochte es nicht, ein Wischmopp zu sein, aber mir hat es gefallen, ihn so zu sehen.«
Als mein Blick ihren trifft, liegt dieser
verlorene Mädchen
-Ausdruck auf ihrem Gesicht. Nein, ihr Blick wirkt nicht verloren, sondern macht deutlich, dass sie Dinge über mich denkt, die Frauen normalerweise nicht denken, wenn sie mich ansehen.
»Mach das nicht. Es ist keine große Sache«, sage ich.
Ein riesiges Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht. Ein verschmitztes, das andeutet, dass mir nicht gefallen wird, was sie zu sagen hat. »Mach dir keine Sorgen, Colt. Ich werde niemandem erzählen, dass du in Wirklichkeit ziemlich selbstlos bist.«
Sie steigt aus dem Auto und schließt die Tür. Mir bleibt keine andere Wahl, als ihr zu folgen.
Mit einem Bier in der Hand sitzen wir um ein verdammt riesiges Lagerfeuer. Es sind ungefähr vierzig Leute hier draußen. Noch mehr im Haus. Keiner von Cheyennes
Schönlingen
ist hier, also geht es entspannter zu, als auf den Partys der Bruderschaft auf dem Campus.
Sie sitzt auf meinem Schoß, mein Arm ist um ihre Taille gelegt. Adrian sitzt neben mir, zusammen mit einem Mädchen, das er diese Woche flachlegt. Er hört nicht auf, mich auf dieselbe Weise anzusehen, wie in jener Nacht in der Küche. Als wären die Dinge ganz anders, wie sie auf den ersten Blick scheinen, und er würde davon wissen.
»Halt deine verdammte Klappe«, sage ich, als er mir
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