Charade - Bittersueßes Spiel
zulassen.«
Ebenso wie Colt entfernt sie sich von mir.
So beängstigend es auch sein mag, hoffe ich, sie hat recht, was Colt betrifft.
Vielleicht auch mit ihr.
24. Kapitel
Colt
Ich habe mich nie wirklich für einen ehrenhaften Kerl gehalten. Schon gar nicht, wenn ich Geld von jemandem nehme und ihm dafür Drogen gebe, doch nach dem Gespräch mit Chey fühle ich mich deswegen noch um einiges beschissener.
Ich gebe mir Mühe, nicht daran zu denken, als ich den Typen dazu bringe, mich nach Hause zu fahren. Einer meiner Kunden, mit dem ich mich treffen wollte, ist nicht aufgetaucht. Ich hätte meinen eigenen, verdammten Wagen nehmen sollen. Keine Ahnung, warum ich mit Cheyenne zu dem Coffee-Shop gefahren bin.
Ohne mein Haus zu betreten, werfe ich das kleine Paket in meinen Kofferraum, dann steige ich in meine Schrottkarre und mache mich auf den Weg zu meiner Mom. Ich hatte nicht geplant, zu ihr zu fahren, aber ich muss sie sehen.
»Hey. Ich habe dich heute nicht erwartet.« Sie schenkt mir ein schwaches Lächeln, als ich das Wohnzimmer betrete.
»Ich wollte dich sehen.« Ich gebe ihr einen Kuss, dann setze ich mich auf die Armlehne der Couch. »Wie geht es dir heute?«
Sie hat dunkelviolette Augenringe, und ihre viel zu trockenen Lippen sind aufgesprungen.
»Mir geht’s gut. Wie geht es dir?«
»Du siehst dehydriert aus. Trinkst du genug?«, will ich wissen, anstatt zu antworten. Ich stehe auf, um in die Küche zu gehen, doch ihr Seufzen stoppt mich.
»Es ist schwierig, es bei mir zu halten.«
Mein Herz zieht sich zusammen. »Wasser?«
»Ja … Es ist ein paar Stunden her, seit ich es das letzte Mal versucht habe. Vielleicht ein paar Schlucke.«
Sie tut es nur für mich. Ich hoffe, dass es ihr keine Übelkeit bereitet, denn sie braucht Flüssigkeit.
Ich mache mich auf den Weg in die Küche und hole ihr ein kleines Glas mit Eiswasser, dazu einen weiteren Becher nur mit Eis.
»Möchtest du stattdessen an einem Eiswürfel lutschen?« Es ist wahrscheinlich eine verdammt dumme Idee, aber für mich macht das Sinn.
»Ja, das könnte helfen.« Sie streckt eine zittrige Hand nach mir aus, und ich versuche, nicht zurückzuweichen. »Maggie hat mich das vorhin bereits versuchen lassen.«
Das ist gut. Dann ist die Idee vielleicht gar nicht so dumm.
Wir schweigen, während sie für ein paar Minuten an einem der Eiswürfel lutscht. Ich kann nicht anders, als sie zu beobachten, obwohl ich meinen Blick lieber auf alles andere richten würde. Sie so zu sehen, bringt mich beinahe dazu, alles, was ich im Magen habe, wieder loszuwerden. Meine Brust schmerzt, als hätte jemand ein verdammtes Messer hineingestoßen, ohne damit aufzuhören, es herumzudrehen.
»Ich denke, ich muss mich hinlegen. Willst du mit mir kommen und dort mit mir weiterreden?«
Ich nicke, ihre Worte stoßen das Messer noch tiefer.
Nachdem ich ihren zerbrechlich wirkenden Körper im Bett abgelegt habe, setze ich mich neben sie. Sie fasst nach meiner Hand. Ihre ist so klein, so dünn, sie fühlt sich an, als könnte ich sie zerdrücken, würde ich meinen Griff verstärken.
Ich möchte so viel Zeit mit ihr verbringen, wie ich kann, doch zugleich fühle ich mich beinahe schuldig. Als würde ich sie erschöpfen. Es ist hart, sie immer nur im Bett zu sehen oder sie dorthin zu bringen.
»Warum bist du heute wirklich hier, Colton?« Sie dreht sich zur Seite und sieht zu mir auf.
Sie wirkt müde. So verdammt müde.
»Was? Kann ich dich nicht besuchen kommen, wann immer mir danach ist? Ich bin beinahe jeden Tag hier.«
Sie schickt mir einen Blick, der deutlich macht, dass ich die Antwort auf ihre Frage kennen sollte. »Ich bin deine Mama. Ich weiß alles.« Ein weiteres kleines Lächeln. »Dein Blick ist tausend Meilen entfernt. Was geht in deinem Kopf vor?«
Gott, ich weiß, es lässt mich wie ein Schwächling klingen, aber ich frage mich, wie zur Hölle ich es ohne sie schaffen soll. Worin liegt der Sinn, weiterzumachen, wenn Menschen, die so gut sind wie sie, ein derart beschissenes Leben haben? Alles, was sie hat, bin ich – wie traurig ist das denn?
Ich besuche das College, obwohl ich es hasse. Es ist mein drittes Jahr, dennoch belege ich noch immer Einführungskurse, unsicher, was genau ich studieren soll. Ich bin ein Drogendealer, trinke zu viel, fluche zu oft und schlafe mit einem Mädchen, das vor Kurzem seine Mutter verloren hat. Dabei tue ich auch noch so, als täte ich es für sie – die Wahrheit ist, ich tue es, weil es sich so
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