Charade - Bittersueßes Spiel
viel Zeit. Meine Brust fühlt sich hohl an, als ich daran denke, und meine Augen brennen.
Zweitens. Colt ist nicht damit einverstanden. Deswegen hat sie sich an mich gewendet. Es gibt keinen anderen Grund, der Sinn machen würde.
»Bev …«
»Bitte. Weißt du, wie es sich anfühlt, eine erwachsene Frau zu sein und um so etwas bitten zu müssen? Ich will es. Ich brauche es, und Colt ist stur. Ich denke …«, ihre Stimme bricht, und ich vermute, sie weint vielleicht. »Ich glaube, er denkt irgendwie, dass ich gesund werde. Dass ich nicht mehr krank sein und es bereuen werde. Ich weiß, dass das nicht passieren wird, Cheyenne, und ich will es.«
Ich weine jetzt auch. Wie wird Colt damit umgehen, sie zu verlieren? Er hat dann niemanden mehr übrig.
Er wird mich haben. Nicht, dass ich wüsste, ob er mich überhaupt will.
»Du kannst nicht gehen. Ich kann es nicht riskieren, dich aus dem Haus zu lassen.«
Die Stille auf der anderen Seite der Leitung sagt mir, dass sie es für eine aussichtslose Sache hält.
»Das hat Maggie auch gesagt. Was macht es für einen Unterschied? Ich sterbe ohnehin.«
Diese Worte sind die Antwort, die ich brauche. Sie besiegeln die einzige Entscheidung, die ich im Moment treffen kann. Es hilft, zu wissen, dass die Krankenschwester kein Problem damit hat. »Ich mache das schon, okay? Mach dir keine Sorgen. Ich werde das für dich tun.«
Ich lege auf und habe schreckliche Angst, dass ich Colt verlieren werde, wenn ich Bev helfe. Hierzu habe ich kein Recht. Sie ist nicht meine Mom, aber sie hat sich als eine Freundin an mich gewandt. Ich weiß, wie es ist, jemanden zu brauchen und niemanden zu haben. Auf keinen Fall werde ich zulassen, dass Bev sich so fühlt.
Es wird mich eine Menge Geld kosten, diese Tätowiererin zu überzeugen, zu Bev nach Hause zu kommen. Ich kann ihnen nicht mal sagen, welches Tattoo sie will, aber ich finde ein Mädchen, das sich dazu bereiterklärt. Sie hat ihre Grandma an Krebs verloren.
»Ich habe meine Mom auch verloren«, erzähle ich ihr. Es ist verrückt. Zum ersten Mal habe ich diese Worte in diesem Zusammenhang ausgesprochen. Habe jemandem davon erzählt, abgesehen vom ersten Mal, als ich mit Colt drüber geredet habe.
Sie schmerzen – stechen und stoßen gegen mein Innerstes. Doch es ist nicht so schlimm, wie ich angenommen habe. Langsam wird es okay.
Na ja, nicht okay, aber ein Teil von mir.
Real
.
Tammy schenkt mir ein trauriges Lächeln, während sie ihr Equipment zusammenpackt, dann folgt sie mir zu Bevs Wohnung. Auf dem Weg versuche ich, Colt zu erreichen. Wieder keine Antwort. Ich versuche es bereits zum dritten Mal. Er wird so was von wütend sein, doch ich will ihm zumindest erzählen, was ich vorhabe.
»Vielen, vielen Dank«, sage ich zu Tammy, während wir auf das Gebäude zugehen.
»Kein Problem«, antwortet die tätowierte und gepiercte Frau.
Ich klopfe.
Maggie öffnet die Tür und blickt uns etwas verdutzt an. »Bev hat angerufen und mich gebeten, vorbeizukommen.«
»Weiß Colton Bescheid?«, fragt sie.
»Nein. Sie wollte es so. Er wird es verstehen«, lüge ich. Oder auch nicht. Ich weiß es nicht. Ich glaube, er wird es verstehen. Es ist bloß ein Tattoo. Aber wenn Bev die Wahrheit gesagt hat, verstehe ich, was das für ihn bedeutet. Wenn sie nicht die Chance hat, es zu bereuen, heißt das, sie wird tatsächlich sterben.
Oh Gott.
Plötzlich wird mir schwindelig. Tue ich das Richtige?
Ich dränge die Panik zurück, die mich zu übermannen droht. »Können wir reinkommen?«
Maggie nickt und tritt zurück. Wir gehen an ihr vorbei und betreten den Flur.
»Sie ist in ihrem Schlafzimmer.«
»Schläft sie?«, frage ich.
»Nein. Jetzt weiß ich auch, warum.« Maggie lächelt, und ich fühle mich ein kleines Bisschen besser.
»Ist das okay?« Was ist, wenn das, was ich tue, sie verletzt?
Als wüsste sie, in welche Richtung meine Gedanken wandern, fasst Maggie nach meiner Hand. »Ihr wird nichts passieren. Dem Ende nahe, tun viele Leute Dinge wie diese. Es ist eine Art, die Lebenden zu ehren, das gibt ihr das Gefühl, ihn bei sich behalten zu können.«
Ihn
. Es hat etwas mit Colt zu tun.
Tränen drohen, mir wieder in die Augen zu steigen. Keine Ahnung, warum zum Teufel ich so oft heule.
Hätte sich meine Mom ein Tattoo für mich stechen lassen, wenn sie gewusst hätte, sie würde sterben? Ist es selbstsüchtig von mir, mich das in diesem Augenblick zu fragen?
Maggie führt uns zu Bevs Zimmer. Sie sitzt aufrecht im Bett,
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