Charade - Bittersueßes Spiel
Damit lässt er uns allein.
Ich setze mich auf seinen Stuhl und muss mich nach vorne lehnen, um Bev zu verstehen.
»Ihr seid wunderschön zusammen.« Ihr Kinn zittert, was meine Schluchzer noch verstärkt.
»Ich liebe ihn. Er ist …«
»Frustrierend.«
Ich lächle. »Ja.«
»Aber er ist auch wundervoll.« Ihre Stimme klingt so stolz in diesem Augenblick. Es würde nicht auffallen, dass sie krank ist. Sie ist einfach eine Mutter, die stolz auf ihren Sohn ist.
»Ihr zwei denkt, ihr hättet mich am Anfang getäuscht«, sagt sie heiser. »Dabei habt ihr euch nur selbst etwas vorgemacht.«
Ich nicke, weil es stimmt. Es überrascht mich nicht, dass sie es weiß. Und es ist ein schönes Gefühl, dass sie sehen kann, dass es echt ist.
»Kümmere dich um ihn.«
Die Worte zerbrechen mich innerlich, als würde man einen Zweig brechen. »Das werde ich«, sage ich, bekomme die Worte aber zwischen den einzelnen Schluchzern kaum heraus. Ich drücke ihre Hand und schmiege sie an meine Wange. »Das werde ich.«
»Kümmere dich auch um dich selbst, und lass zu, dass er es für dich tut. Er weiß es nicht, aber er ist gut darin, für andere da zu sein.«
»Ja, das ist er«, sage ich in derselben Überzeugung, wie sie es ist. »Er kümmert sich sehr gut um mich.«
»Du musst dich auch um dich selbst kümmern können. Um dich und Colt. Es ist okay, sich bei jemandem anzulehnen, aber ihr dürft beide nicht vergessen, wie stark du sein kannst.«
»Ich …«
»Deine Mom hat dich geliebt«, unterbricht Bev mich.
Ich ziehe scharf den Atem ein. Meine Tränen laufen über ihre Hand, wofür ich mich schuldig fühle, aber ich kann nicht damit aufhören.
»Sie hat dich geliebt. Es wäre unmöglich, das nicht zu tun. Sie mag nicht immer gewusst haben, wie sie es zeigen sollte. Sie mag nicht immer das Richtige getan haben, aber sie hat dich geliebt. Sie hat dich geliebt«, sagt sie erneut.
»Danke«, sage ich immer und immer wieder, bis meine Kehle heiser ist. Bis sie weiß, wie viel mir diese Worte bedeuten, denn irgendwie müssen sie wahr sein, wenn sie von ihr kommen.
»Er liebt dich«, fügt sie hinzu. »Und ich liebe dich. Du bist alles, was ich mir für ihn erhoffen konnte.«
Ich kann mich nicht zurückhalten. Ich stehe auf, um meinen Kopf auf ihre Brust zu legen. Die Tränen hören nicht auf.
Sie versucht, mich zu beruhigen. Streicht mir mit der Hand durchs Haar. Es ist genauso, wie Colt es macht, und ich frage mich, wie viele aufgeschundene Knie und schlechte Tage, sie so wieder für ihn gut gemacht hat.
Als die Tränen versiegt sind, setze ich mich wieder auf. »Danke. Ich liebe dich auch.«
Ein rasches Nicken ist ihre Antwort. »Ich brauche Colton.« Ihre Stimme ist von Schmerz durchzogen. »Ich brauche meinen Jungen.«
34. Kapitel
Colt
Meine Füße fühlen sich an, als wären sie aus Blei, dennoch schaffe ich es, sie zu bewegen. Chey ist im Flur, als ich die Tür zu Moms Schlafzimmer schließe.
Ich weiß nicht, ob es okay ist, ob es richtig ist oder ob es mich zum größten Versager auf dem Planeten macht, aber ich steige zu ihr ins Bett und hoffe – bete darum –, ihr nicht wehzutun. In diesem Moment brauche ich sie.
Einen Arm um sie gelegt, drehe ich mich zur Seite. Ich fühle mich klein … wie ein Kind. Wie früher, als ich nach einem Alptraum zu ihr ins Bett gekrochen bin. Oder die Nachbarn einander so laut angeschrien haben, dass es mir Angst gemacht hat.
»Mein lieber, lieber Junge«, sagt Mom, und ihre Stimme klingt klarer und stärker, als täte sie es nur für mich. »Lebe dein Leben«, sagt sie schließlich, und ich muss zu ihr aufsehen, weil ich nicht weiß, was sie meint.
Sie seufzt, beißt sich auf ihre aufgesprungene Lippe. »Du kannst alles tun, was du willst, Colton. Ich wollte immer, dass du das weißt. Du bist besser, als ich. Besser, als dein Vater. Du kannst alles haben. Alles sein. Alles tun … Aber lebe dein Leben. Wenn du entscheidest, dass du nicht auf das College gehen willst, dann mach es nicht meinetwegen. Ich will, dass du das findest, was dich glücklich macht und daran festhältst. Halt es mit aller Macht fest. Wenn ich dich jemals zu etwas gedrängt habe, dann nur, weil ich dich wissen lassen wollte, dass du etwas Besseres tun kannst, als mit Drogen zu dealen, ins Gefängnis zu gehen … oder jeden Penny zweimal umdrehen zu müssen, so wie ich es tun musste.«
Mit Drogen dealen. Ins Gefängnis gehen.
Klingt das nicht vertraut? Die Dinge, für die ich meinen Vater gehasst
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